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Das Hochstapler-Syndrom kann eure Karriere ruinieren – so könnt ihr es einer Expertin zufolge besiegen

Solltet ihr in der permanenten Angst leben, eure Mitmenschen könnten entdecken, dass ihr in Wirklichkeit eine Versagerin oder ein Versager seid, dann leidet ihr möglicherweise an einem Phänomen, das allgemein als Hochstapler-Syndrom bekannt ist. „Das Hochstapler-Syndrom, auch Impostor-Syndrom genannt, kennzeichnet sich durch ein bestimmtes Gefühl: das Gefühl, der selbst erarbeiteten Ergebnisse unwürdig zu sein. Dazu zählt auch, sich der Wertschätzung oder Bewunderung anderer fnicht würdig zu fühlen“, sagt Elisa Sánchez. Die Spanierin ist Psychologin und hat sich auf Arbeitsmedizin und das Personalwesen spezialisiert.

Wie erfolgreich eine Person auch sein mag, wie viel Anerkennung sie erhält oder wie viele guten Noten sie bekommt — das alles hat keinen Einfluss auf ihr Selbstwertgefühl, wenn diese Person am Impostor-Syndrom leidet. Betroffene neigen dazu, die meisten ihrer Errungenschaften als etwas wahrzunehmen, was sie nur durch Glück oder Zufall erreicht haben. Sie können oft nicht anerkennen, dass ihre Erfolge stattdessen die Ergebnisse ihrer positiven Eigenschaften, Stärken oder Talente sind. Sie halten sich für Betrügerinnen oder Betrüger — für jemanden, der anderen nur etwas vorschwindelt. Ihrer Beurteilung nach sind sie Hochstaplerinnen oder Hochstapler.

Das Hochstapler-Syndrom kann jeden treffen

Das Impostor-Phänomen wurde erstmals 1978 von den Psychologinnen Rose Clance und Suzanne Imes identifiziert. Clance entwickelte sogar einen Test, der dabei helfen sollte, festzustellen, ob eine Person darunter leidet. Zunächst wurde davon ausgegangen, nur Frauen würden unter dieser Art massiver Selbstzweifel leiden. Später allerdings stellte sich heraus, dass auch Männer betroffen sind.

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Wichtig: Die Bezeichnung „Syndrom“ ist in diesem Zusammenhang ein wenig irreführend. Denn der Begriff erweckt häufig den falschen Eindruck, dass es sich um eine psychische Erkrankung handelt, die leicht zu diagnostizieren ist. Beides ist nicht der Fall.

Das Hochstapler-Phänomen ist, rein fachlich, keine psychische Störung. Vielmehr wird es als Reaktion auf bestimmte Gefühle und Ereignisse angesehen, es ist also situationsabhängig. Oft geht damit zum Beispiel das Gefühl einher, bestimmten Aufgaben nicht gewachsen zu sein.

Menschen, die am Imposter-Syndrom leiden, glauben aufrichtig, nicht die notwendigen Fähigkeiten für ihren Job oder ihr Studium zu haben. Sie glauben es selbst dann nicht, wenn sie für ihre Rolle, ihre Errungenschaften oder Erfolge gelobt werden oder gar Stipendien erhalten, die ihre Fähigkeiten belegen. Sie neigen dazu, sich mit solchem Lob unwohl zu fühlen. Sie streiten es ab oder nehmen es nicht ernst, da sie sich dessen selbst nicht für würdig halten. Trotz aller Anzeichen um sie herum, die keinen Anlass zur Sorge geben, zweifeln sie ununterbrochen an ihrem Potenzial, selbst wenn sie überdurchschnittliche Leistungen erbringen.

Das Impostor-Syndrom spornt euch nicht an, besser zu werden

Bei Menschen, die nicht am Impostor-Syndrom leiden, kann die Sorge, nicht „gut genug“ zu sein, dazu führen, dass sie sich mehr anstrengen und besser werden. Doch die Menschen, die sich für Hochstaplerinnen oder Hochstapler halten, spornt ihre Sorge nicht dazu an, sich zu verbessern. Im Gegenteil: Sie kann unter Umständen sogar einen schädlichen Effekt haben. „Oft boykottieren sich Menschen, die am Impostor-Syndrom leiden, und schränken sich selbst ein. Sie kommen in ihrer Karriere nicht voran, weil sie Angst haben“, sagt Psychologin Sánchez.

Und: Wenn ihr davon überzeugt seid, nicht gut genug zu sein, werdet ihr euch eher nicht für eine Gehaltserhöhung einsetzen oder euch auf eine bessere Stelle bewerben. So können die Selbstzweifel euch davon abhalten, euer tatsächliches Potenzial zu entfalten. Es gibt aber Hoffnung: Elisa Sánchez sagt, dass es Wege gibt, um das Impostor-Sydrom zu überwinden.

Fangt an, euch selbst kennenzulernen

Laut Sánchez besteht der erste Schritt in Selbsterkenntnis. Es gibt wirklich nichts Besseres gegen das Hochstapler-Syndrom, als sich die Zeit zu nehmen, eine „ehrliche, tiefe und realistische Selbstreflexion“ über eure Stärken und Schwächen zu machen. Das kann dazu führen, dass ihr erkennt, dass ihr eurer Erfolge und Belohnungen wirklich würdig seid. Sánchez betont, dass man mit dieser Selbstreflexion nie aufhören sollte. Auch eure Emotionen könnt ihr dadurch besser verstehen lernen.

„Hinterfragt, wie ihr euch fühlt, was euch Spaß macht, was eure Wertevorstellungen und eure Prioritäten sind“, rät die Psychologin. Aus ihrer Sicht verstärkt sich das Impostor-Syndrom sogar noch, wenn ihr etwas tut, was ihr nicht wollt, etwas, was nicht wirklich mit euren Wertevorstellungen übereinstimmt, oder mit dem, was ihr euch wünscht. Aus diesem Grund solltet ihr all diese Aspekte eures Lebens regelmäßig hinterfragen.

Vermeidet permanente Vergleiche

Es ist ganz natürlich, dass wir uns mit anderen Menschen vergleichen. Allerdings kann das sehr schädlich sein, wenn ihr unter dem Impostor-Syndrom leidet. In diesem Fall ist es viel wahrscheinlicher, dass ihr infolge des Vergleichs mit Kolleginnen und Kollegen, Mitstudentinnen und -studenten oder sogar Freundinnen und Freunden an euch selbst zweifelt. Ein Beispiel: regelmäßig auf LinkedIn oder Twitter die Lebensläufe anderer Menschen analysieren und dabei Karriereneid empfinden. Wenn ihr am Impostor-Syndrom leidet, kann es euch so vorkommen, als ob jeder Mensch um euch herum eine erfolgreiche Karriere hat, Expertin oder Experte in allem ist oder unendlich viele Fähigkeiten hat. Diese Wahrnehmubg kann dazu führen, dass ihr euch auf alles fixiert, was andere tun — und was ihr nicht tut.

Tatsächlich ist es aber so, dass Menschen ihre tiefsten Unsicherheiten oder ihr Unwissen über ein bestimmtes Thema nur sehr selten öffentlich preisgeben. Denn öffentlich wird meist nur dem Erfolg ein echter Wert beigemessen — Hindernisse oder Fehler auf dem Weg dorthin werden völlig außen vor gelassen. Umso leichter ist es da, sich einzureden, dass der Rest der Welt härter arbeitet und mehr erreicht als ihr. Selbst dann, wenn es für diese Denkweise keine Grundlage gibt.

Um diesen Gedanken ein Ende zu setzen, müsst ihr lernen, euch aktiv davon abzuhalten, euch mit anderen zu vergleichen. „Vermeidet die permanenten Vergleiche mit anderen Menschen“, sagt Elisa Sánchez. Es sei außerdem wichtig, zwischen eurem Selbstwertgefühl und eurem Ego zu unterscheiden: „Selbstwertgefühl bedeutet, sich selbst zu lieben, sich um sich selbst zu kümmern und sich selbst zu verbessern. Es sollte nicht damit gleichgesetzt werden, sich mit anderen zu vergleichen — das ist euer Ego. Ihr müsst euch mit euch selbst vergleichen und euch darauf konzentrieren, besser zu werden als euer früheres Selbst.“

Betrachtet euch mit den Augen der anderen

Eine weitere Technik, um der Denkweise des Impostor-Syndroms entgegenzuwirken, ist, euch ab und zu „von außen“ zu betrachten. Diese Technik funktioniert so: Bittet zwei oder drei Menschen, einige eurer Stärken und einige verbesserungswürdige Bereiche zu nennen. So erkennt ihr die Stärken, die ihr an euch selbst nicht sehen könnt. „Es ist eine Möglichkeit, sich bewusst zu machen, dass die Art, wie wir uns sehen, nicht die ist, wie andere uns sehen. Dabei muss weder das eine noch das andere völlig wahr sein“, erklärt sie.

Achtet auf Voreingenommenheit, Vorurteile und Stereotypen

Schon früh erlernen wir gewisse Stereotypen — ob gewollt oder ungewollt. „Im Alter von fünf haben wir bereits verschiedene Geschlechterstereotypen erkannt. Zum Beispiel können wir dann häufig schon erkennen, welche ‚Männerberufe‘ und welche ‚Frauenberufe‘ es gibt“, erklärt Sánchez. „Das kann dazu führen, dass man sich mit bestimmten Berufen identifiziert“, fügt sie hinzu. „Das ist einer der Gründe, warum viele Frauen, die in Bereichen landen, die traditionell häufiger von Männern ausgeführt wurden, eher zu einem Impostor-Syndrom neigen. Sie verlangen am Ende mehr von sich selbst.“

Sánchez sagt, es sei unerlässlich, verinnerlichte Vorurteile zu erkennen und anzusprechen, um sich selbst am Arbeitsplatz eine Stütze zu sein. Laut dem Magazin „Harvard Business Review“ tritt das Hochstapler-Syndrom häufig in Gruppen von Menschen auf, in denen es Ungleichgewichte in Bezug auf Repräsentation, Gleichberechtigung und Inklusion gibt. Oft kommen diese Ungleichgewichte in den Kategorien von Geschlecht, Ethnizität oder sozialer Schicht vor.

Nutzt professionelle Bewertungs-Tools

Wenn eure Selbstzweifel so weit reichen, dass sie eure Karriere und eure Beziehungen beeinträchtigen, ist es ratsam, eine Expertin oder einen Experten zu kontaktieren. Sánchez rät, nach einer Psychologin oder einem Psychologen zu suchen, der aufs Bewerten von Fähigkeiten und das Identifizieren von Talenten spezialisiert ist. Mithilfe dieser professionellen Hilfe könnt ihr gemeinsam euren Wert ganz neu erkennen und bestimmen — und gegen die Selbstzweifel vorgehen.

Dieser Artikel wurde von Julia Knopf aus dem Englischen übersetzt und editiert. Das Original lest ihr hier.