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Hiesinger schadet sich mit Salamitaktik selbst

Die Betriebsräte von Thyssenkrupp torpedieren den Zusammenschluss mit Tata. Dabei haben andere Branchengrößen vorgemacht, wie man Arbeitnehmervertreter erfolgreich ins Boot holt.

Was Unsicherheit bei Mitarbeitern anrichtet, ist derzeit in den Stahlwerken von Thyssenkrupp zu besichtigen. Seit Vorstandschef Heinrich Hiesinger Ende September die Fusionspläne seiner Stahlsparte mit dem indischen Stahlkocher Tata konkretisierte, herrscht bei den Stahlkochern Aufruhr. Sowohl die Betriebsräte von Thyssenkrupp als auch von Tata torpedieren die Fusionspläne der Stahlgiganten. Für kommende Woche kündigte der Betriebsrat des Essener Konzerns eine außerordentliche Betriebsversammlung an, mit weiteren Protesten ist zu rechnen.

Für Hiesingers geplantes Meisterstück braut sich damit mächtiger Widerstand zusammen. Noch Ende September gab der Thyssenkrupp-Chef den strahlenden Sieger, als er die unterzeichnete Grundsatzvereinbarung mit Tata über den Zusammenschluss der Stahlsparten verkünden konnte.

Das schwächelnde Stahlgeschäft ist für den Essener Konzern längst zur Belastung geworden. Die Stahlschwemme aus China hat die Margen in der gesamten Branche abschmelzen lassen. Mit seinem Fusionsplan hat Hiesinger eine klare Antwort auf die europaweite Stahlkrise gefunden. Nur eines hat Hiesinger bei all dem Eifer vergessen: Seine Mitarbeiter mit ins Boot zu holen. Dabei haben andere in der Branche bereits vorgezeigt, wie man im Krisenmodus richtig navigiert.

Das Beispiel des österreichischen Stahlkochers Voestalpine zeigt, wie radikal Einschnitte in der Branche ausfallen können. Nachdem der Konzern 1985 praktisch pleite war, unterzog sich das Unternehmen einer Radikalkur. Binnen drei Jahren baute Voestalpine mehr als die Hälfte seiner 30.000 Beschäftigten ab. Der heutige Voestalpine-Chef Wolfgang Eder betont in jedem Gespräch, dass der damalige Abbau „sozialverträglich“ stattgefunden habe. Der Schlüssel sei laut Eder die Einbindung der politischen Entscheidungsträger gewesen. Und die Einbindung der Gewerkschaften.

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Auch Deutschlands zweitgrößter Stahlkocher Salzgitter kam an massiven Einschnitten nicht herum. Mit dem Sparprogramm „Salzgitter AG 2015“ baute der Konzern ab 2013 rund 1500 Stellen ab. Größere Proteste verhinderte Salzgitter, indem der Konzern bereits im Vorfeld mit der IG Metall und dem Konzernbetriebsrat über den Umfang des Abbaus verhandelte. Ein Jahr lang zogen sich diese Gespräche hin. Die Geduld zahlte sich aus. Letztlich wurde das Sparprogramm von allen Ebenen im Konzern mitgetragen.

4000 Arbeitsplätze soll nun der Zusammenschluss der Stahlsparten von Thyssenkrupp und Tata kosten. Je 2000 Stellen sollen pro Konzern wegfallen, erklärte Hiesinger im September. Auf Details warten die Stahlkocher seitdem vergeblich. Wie es um den weiteren Beschäftigungsschutz bestellt ist, ob es eine Sicherheit für die Produktionsstandorte gibt und in welche Arbeitsbereiche die Fusion hineinspielen soll, hat Hiesinger seiner Belegschaft bislang vorenthalten.

Mit dieser Salamitaktik gefährdet Hiesinger seinen eigenen Erfolg. Denn von ihrer Komplettablehnung der Fusionspläne, sind die Arbeitnehmervertreter durchaus abzubringen. „Er soll uns von dem Projekt überzeugen“, forderte noch im September ein Vertreter der IG Metall von Hiesinger. Es wird Zeit, dass der Thyssenkrupp-Chef diese Fakten nun liefert und seinen Stahlkochern klar kommuniziert, woran sie sind.