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Heuschrecken sind nun offiziell als Lebensmittel zugelassen: Proteine, Ballaststoffe und gute Fette verleihen ihnen das Zeug zum Superfood

Seit dem 12. November dürfen in der EU Heuschrecken zum Verzehr verkauft werden. Sie sind gesund, aber ist die Zucht auch nachhaltig?

Heuschrecken gelten gemeinhin als eine biblische, aber auch reale Plage. Vor allem in Regionen, die abhängig von der Landwirtschaft sind, können Heuschreckenschwärme ganze Jahresernten einfach wegfressen. Aber die kleinen Tiere könnten auch eine positive Rolle für die Lebensmittelversorgung spielen – und zwar als Nahrungsmittel. Man kann sie zwar nicht direkt in der freien Wildbahn fangen und verzehren – dann könnten Heuschrecken aufgrund ihrer Nahrungsaufnahme selbst giftig sein – allerdings könnten vom Menschen gezüchtete Heuschrecken ein gesundes und vor allem umweltfreundlich produzierbares Superfood sein.

Die EU-Kommission hat deshalb die europäische Wanderheuschrecke am 12. November als Lebensmittel zugelassen. Insekten durften zwar aufgrund einer Sonderregelung schon seit zwei Jahren verkauft werden, haben jetzt aber den besonderen Status als "Neuartiges Lebensmittel". Die Heuschrecke werde in Pulverform, getrocknet oder gefroren als Nahrungsmittel angeboten und könne als Snack oder weitere Zutat in Lebensmitteln hinzugefügt werden, teilte die Kommission mit. Einem Bericht der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zufolge stelle das Insekt "kein Risiko für die menschliche Gesundheit" dar.

Heuschrecken: Reich an Protein und gesunden Fetten

Diese Einschätzung regt zwar nicht gerade den Appetit an, allerdings stellen Heuschrecken nicht nur kein Risiko für die Gesundheit dar, sie sind sogar ziemlich reich an Proteinen. Zudem haben sie viele wichtige Ballaststoffe und enthalten verhältnismäßig viele gute Fette, was vergleichbar mit Fisch ist. Schmecken sollen sie im gerösteten Zustand übrigens wie gebratene Hühnerhaut. Werden sie getrocknet, haben sie angeblich einen Walnuss-artigen Geschmack.

Heuschrecken sind gesund und nussig im Geschmack (Bild: Getty Images)
Heuschrecken sind gesund und nussig im Geschmack (Bild: Getty Images) (ARISA THEPBANCHORNCHAI via Getty Images)

Auch bereits weiterverarbeitet werden die Tiere angeboten. Beispielsweise als Proteinriegel für Sportler. Sorge haben, dass man aus Versehen ein Produkt mit Heuschrecken isst, muss man aber nicht haben. Das Insekt muss in den Zutaten aufgelistet sein – und zwar aus gutem Grund. Für Allergiker kann der Verzehr von Insekten durchaus gesundheitliche Folgen haben. Wer also an einer Krustentier-, Milben- oder Weichtier-Allergie leidet, sollte vorsichtig sein.

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Der Verzehr von Heuschrecken birgt - Allergiker hier ausgenommen - jedoch nicht nur gesundheitliche Vorteile. 80 Prozent der Körpermasse eines Tieres ist verzehrbar. Nur die Flügel und Beine müssen entfernt werden. Die Flügel sind ungenießbar und an den Beinen befinden sich kleine Widerhaken. Zum Vergleich: Bei einer Kuh sind lediglich 20 Prozent des Tieres verwertbar.

Regionale Ernte von Futter sorgt für CO2-Einsparung

Dazu kommt, dass Insekten einen äußerst effizienten Stoffwechsel haben. Sie verbrauchen laut einer Studie, die im Auftrag der Vereinten Nationen durchgeführt wurde, durchschnittlich zehnmal weniger Futtermittel als Rinder – und bis zu hundertmal weniger Wasser. Christian Bärtsch ist CEO von Essento, einem Online-Shop, der Insekten europaweit an Endverbraucher und Gastronomen verkauft. Laut Bärtsch ist gerade die Heuschrecke ein in der Zucht nachhaltiges Insekt. "Dadurch, dass die Heuschrecken Kaltblüter sind, verbrauchen sie sehr wenig Energie und benötigen wenig Nahrung. Außerdem können Heuschrecken mit Gras gefüttert werden. Das lässt sich allerdings nur frisch verfüttern und muss deswegen regional geerntet werden. So lassen sich in vielerlei Hinsicht Emissionen einsparen", sagt Bärtsch zu Business Insider.

Bedenken gibt es in indes bei der Frage des Tierwohls. Für die Heuschrecken gibt es bislang keine Gesetze für die tierfreundliche Zucht. Dabei ist fraglich, ob die Tiere Schmerz empfinden. Wissenschaftler konnten bislang nicht nachweisen, dass das Nervensystem von Insekten ein ähnliches Schmerzgefühl wie beim Menschen auslösen kann. "Leider gibt es europaweit noch keine gesetzlichen Regelungen dazu, wie man eine artgerechte Tierhaltung gewährleisten wird. Allerdings ist die Insektenbranche sehr daran interessiert hier einen formellen Rahmen zu schaffen. Wir haben mit einigen anderen Züchtern aber gemeinsame Richtlinien erarbeitet", erklärt Bärtsch.

Zu einer tierfreundlichen Haltung gehört jedoch auch eine möglichst schmerzfreie Tötung der Heuschrecken. Auch hierzu gibt es noch keine europaweit verbindlichen Gesetze. Bei Essento werden die Tiere durch die schnelle Einfuhr in kochendes Wasser getötet, was laut Bärtsch zu einem raschen Tod ohne viel Leid führen soll. Auch das ist in der gemeinsamen Erklärung der Insektenzüchter aufgenommen worden.

Verbraucherzentrale fordert weitere Untersuchungen

Ein offizielles Bio-Label für Insekten gibt es bisweilen noch nicht. Zu kurz ist die Zulassung des Verzehrs der Insekten durch die EU-Kommission her. Wichtig ist dann, dass nicht nur das Futter der Insekten Bio-Qualität hat und genügend Platz für die Tiere vorhanden ist, sondern auch auf Arzneimittel und Hormone für die Aufzucht verzichtet wird. Die Verbraucherzentrale in Deutschland fordert vom Staat weitreichende Forschungen zu Tierwohl, Hygiene und Umweltfaktoren, die für den Käufer transparent gemacht werden müssten. Nur so könnten Insekten tatsächlich im europäischen Raum zu einer Art Superfood werden.

In vielen Kulturkreisen stehen die Heuschrecke schon längst auf dem Speiseplan. In Zentralafrika beispielsweise sind Heuschrecken die am häufigsten verzerrten Insekten. Ob sich das in Europa wirklich durchsetzt, bleibt abzuwarten – zumal die Produkte aktuell noch sehr teuer sind. So kostet ein 100 Gramm Paket Heuschrecken in der Regel bis zu 50 Euro. Bärtsch erklärt die hohen Preise mit den hohen Arbeitskosten: "Heuschrecken müssen mehrmals täglich mit frischem Gras gefüttert werden. Das führt zu einem erheblichen Arbeitsaufwand und erhöhten Kosten in der Produktion. Aber wir arbeiten auch hier daran, technische Lösungen zu finden."

Das Interesse an den Heuschrecken ist trotzdem groß. An effizienteren und günstigeren Produktionsmöglichkeiten wird mit Hochdruck geforscht. Bereits im Januar war in der Europäischen Union mit dem gelben Mehlwurm ein erstes Insekt freigegeben worden. Die Heuschrecken und Mehlwürmer dürften nur der Auftakt sein: Es wird erwartet, dass die Zulassung künftig auch für weitere Insekten kommen könnte. So gibt es etwa neun Insekten, für die es Bewerbungen um Zulassung von Produzenten gibt – darunter zum Beispiel Grillen und Buffalowürmer.

Video: Wie sähe unsere Welt aus, wenn wir nur noch Insekten essen würden?