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Henkel-Personalchefin: „Wir brauchen mehr Teamgeist und unternehmerische Initiative“

ARCHIV - 28.06.2019, Berlin: Der Fernsehturm überragt alle Gebäude rund um den Alexanderplatz. (zu

Die neue Personalvorständin von Henkel spricht über die Revolution in der Führungskultur, Investitionen in Digitalisierung und den Kampf gegen Plastikmüll.

Henkel plant trotz schlechterer Gewinnaussichten für 2020 kein Sparprogramm. „Aber wir passen unsere Strukturen kontinuierlich an Marktveränderungen an – in allen Bereichen des Konzerns“, sagte Sylvie Nicol, Personalvorständin von Henkel, im Interview mit dem Handelsblatt.

Nicol kündigte an, dass der Hersteller von Klebstoffen, Waschmittel und Beauty-Produkten stattdessen mehr in den Markt und die Mitarbeiter investieren will. „Wir planen im Vergleich zum Geschäftsjahr 2019 höhere Investitionen in Marketing und Werbung sowie Digitalisierung“, sagte Nicol im Interview.

Die 46-jährige Französin, die seit April 2019 im Vorstand für Personal und Nachhaltigkeit zuständig ist, hat ein Programm gestartet, um die weltweit 53.000 Mitarbeiter des Konzerns fit zu machen für die Digitalisierung. Außerdem will sie die Führungskultur bei Henkel verändern. „Wir brauchen mehr Teamgeist, Geschwindigkeit und unternehmerische Initiative“, forderte sie. „Wir wollen weniger hierarchisch führen, sondern alle Mitarbeiter mit einbeziehen.“

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Henkel hofft so auch, wieder an die früheren renditestarken Jahre anzuknüpfen. Dazu soll auch der Wechsel an der Vorstandsspitze beitragen. Henkel hatte sich im Herbst von Vorstandschef Hans Van Bylen vorzeitig getrennt. Anfang des Jahres übernimmt der bisherige Finanzvorstand Carsten Knobel den Vorstandsvorsitz.

Lesen Sie hier das gesamte Interview:

Frau Nicol, Henkel hat die Gewinnaussichten für das kommende Jahr gesenkt. Droht jetzt ein Sparprogramm?
Nein. Wir planen im Vergleich zum Geschäftsjahr 2019 höhere Investitionen in Marketing und Werbung sowie Digitalisierung. Aber wir passen unsere Strukturen kontinuierlich an Marktveränderungen an – in allen Bereichen des Konzerns.

Was heißt das für die Mitarbeiter?
Wir investieren in unsere Mitarbeiter. In diesem Jahr haben wir wichtige Projekte gestartet: Wir möchten alle unsere 53.000 Mitarbeiter weltweit fit machen für die Digitalisierung. Zudem wollen wir unsere Führungskultur stärken.

War die Führungskultur bei Henkel denn bisher so schlecht?
Wir hatten schon immer eine ausgeprägte Führungskultur. Doch wir müssen uns auch hier weiterentwickeln. Wir brauchen mehr Teamgeist, Geschwindigkeit und unternehmerische Initiative. Wir wollen weniger hierarchisch führen, sondern alle Mitarbeiter mit einbeziehen. Deshalb richten wir uns auch nicht wie früher nur an die Management-Ebene, sondern an jeden einzelnen Beschäftigten.

Und wie wollen Sie die neue Führungskultur konkret im Konzern verankern?
Wir haben dazu Workshops für alle Mitarbeiter weltweit durchgeführt. Wir zeigen ihnen sogenannte ‚Hacks‘, also einfache Tipps, wie sie die neue Kultur in ihre tägliche Arbeit integrieren können. Und wir erheben in digitalen Befragungen regelmäßig das Feedback. Die Mitarbeiter können einfach antworten mit: I love, I disagree. Es geht uns um einen offeneren Dialog.

Geht es beim Kulturwandel voran?
Wir werden bis Ende dieses Jahres den größten Teil unserer Belegschaft, rund 40.000 Beschäftigte, erreichen. Das heißt: Sie alle haben an Workshops zur Führungskultur teilgenommen.

Workshops sind gut. Aber wie wollen Sie es schaffen, dass alle im Konzern mitziehen?
Es ist wichtig, dass wir als Personal-Team eng mit den operativen Einheiten zusammenarbeiten. Ich selbst war ja lange als Managerin in der Beauty Care-Sparte tätig. Diese Nähe zum Geschäft ist sehr wichtig, um einschätzen zu können, wie sich neue Ideen in der Praxis erfolgreich umsetzen lassen.

Aber wie wollen Sie alle Henkel-Mitarbeiter weltweit auf die Digitalisierung vorbereiten?
Dafür haben wir die Initiative „Digital Upskilling“ ins Leben gerufen. Unser Ziel ist es, alle Henkel-Mitarbeiter auf die digitale Reise mitzunehmen – von der Produktion über den Einkauf bis zum Marketing. Es geht einmal um die Grundlagen der digitalen Welt und dann um die Vermittlung von Experten-Wissen, das für spezielle Aufgaben im Unternehmen erforderlich ist.

Was heißt das?
Beim Basiswissen geht es zunächst auch um Grundsätzliches. Wir wollen, dass alle Beschäftigten die digitale Welt von den sozialen Netzwerken bis zur Kryptowährung grundlegend verstehen. Die Mitarbeiter machen zunächst einen anonymen Selbsttest und können dann bestimmen, wann sie die einzelnen Bausteine unserer digitalen Weiterbildungsangebote nutzen wollen.

Und wie steht es denn um die digitalen Kenntnisse?
Einfach zusammengefasst: Es gibt noch einiges zu tun. Der Kenntnisstand ist, wie in vielen anderen großen Konzernen, sehr unterschiedlich: Es gibt zum Beispiel Mitarbeiter, die sich wenig mit sozialen Medien auskennen, und natürlich Experten, die damit sehr vertraut sind.

Aber die Basics bringen Henkel im Geschäft nicht unbedingt weiter…
…klar, wir müssen zusätzlich jeden gezielt bezogen auf seinen Arbeits- und Aufgabenbereich weiterbilden. Dazu haben wir nach intensiver Zusammenarbeit mit den Fachbereichen sogenannte Jobfamilien mit spezifischen Fähigkeiten und Kenntnissen entworfen, die in der Zukunft wichtig sind. Die bestimmen, was der einzelne Mitarbeiter lernen muss. Das ist eine große Aufgabe, mindestens für die nächsten fünf Jahre.

Und wie kommt Ihre Digitalisierungs-Offensive an?
Wir haben im ersten Schritt 10.000 Beschäftigten das Basis-Training angeboten. Von denen haben 7000 bereits mit dem Training begonnen. Das ist eine hohe Beteiligung rund vier Monate nach dem Start.

Auch bei der Diversität haben Sie bei Henkel noch einen Nachholbedarf. Sie sind die einzige Frau im Vorstand. Wie wollen Sie da aufholen?
Da muss ich widersprechen. Wir liegen beim Thema Vielfalt im Vergleich ganz vorne. Ich bin zwar die einzige Frau im Vorstand, aber bei weitem nicht die einzige Top-Managerin. Wir haben zwei Frauen in wichtigen Führungspositionen: Simone Bagel-Trah als Vorsitzende des Aufsichtsrats und des Gesellschafterausschusses und Birgit Helten-Kindlein als Betriebsrats- und Vize-Aufsichtsratschefin. 35 Prozent der Führungskräfte bei uns sind Frauen. Wir unterstützen Frauen wie Männer dabei, Familie und Beruf zu verbinden.

Und trotzdem ist es für viele Frauen oft schwer, Beruf und Karriere miteinander zu verbinden...
…ja, da haben Sie recht. Es war auch für mich nicht immer einfach, meine Karriere und meine Familie mit drei Kindern unter einen Hut zu bekommen. Aber ich habe viel Unterstützung von meinen Vorgesetzten bekommen. Außerdem hat mein Mann mich immer stark unterstützt.

Die junge Generation fordert ein radikales Umdenken in der Umweltpolitik. Wie wollen Sie als Nachhaltigkeits-Verantwortliche die Berge an Plastikmüll verringern, die Henkel mit Verpackungen produziert?
Wir verfolgen eine klare Nachhaltigkeitsstrategie mit konkreten Zielen bis 2030. Das reicht von CO2-Emissionen über den Wasserbrauch bis zum Thema Plastik. Viele unserer Verpackungen bestehen schon heute aus 100 Prozent recyceltem Material. Wir haben also schon einiges erreicht, aber es liegt noch viel Arbeit vor uns.

2030 ist noch weit weg. Reicht Ihre Strategie, um eine schnelle Antwort auf den Klimawandel zu finden?
Richtig, die nächsten fünf Jahre sind entscheidend. Und deshalb haben wir in allen wichtigen Feldern Zwischenziele definiert. Wir müssen vor allem zwei Themen beschleunigen: klimapositiv werden und die Kreislaufwirtschaft fördern.

Das ist sehr abstrakt. Was tun Sie denn konkret?
Um zwei aktuelle Beispiele zu nennen: Wir testen mit der Drogeriekette Rossmann in Tschechien gerade Abfüllstationen für Waschmittel, um Verpackungen mehrfach nutzen zu können. Und unsere Haarmarke Schwarzkopf verkauft jetzt ein Shampoo in fester Form, ähnlich wie ein Stück Seife. Das sind Beispiele für unsere Innovationen, um den Verpackungsmüll zu verringern.

Können Sie denn als Hersteller für den Massenmarkt künftig ganz auf Verpackungen verzichten?
Nein, das wäre eine Illusion. Ohne Verpackungen wird es nicht gehen. Die Frage ist, wie wir den Anteil des Recyclings deutlich erhöhen können. Wir wollen bis 2025 erreichen, dass 100 Prozent unserer Verpackungen recyclingfähig, kompostierbar oder wiederverwendbar sind. Davon sind wir nicht mehr weit entfernt. Unsere Quote liegt schon bei 80 Prozent.

Ist Nachhaltigkeit auch ein Thema bei Ihnen zu Hause?
Ja, auf jeden Fall. Meine drei Kinder liefern mir jeden Tag neue Ideen. Sie haben wie alle jungen Leute hohe Erwartungen. Und sie haben klare Forderungen und Ideen, was sie wollen und was nicht.
Frau Nicol, vielen Dank für das Interview.