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„Heimliche Abwicklung“: Ex-Chef von Rainbow Tours zu Bewährungsstrafe verurteilt

Der frühere Geschäftsführer von „Rainbow Tours“ muss nicht ins Gefängnis. Das Gericht hat ihn am Freitag zu einem Jahr und zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.

Bereits Mitte November hat der frühere Chef von Rainbow Tours, Mathias Kampmann (58), im Hamburger Landgericht gestanden, die Insolvenz seiner Hamburger Busreiseunternehmen im Herbst 2011 verschleppt zu haben. Am Freitagnachmittag verurteilte ihn das Gericht nun zu einem Jahr und zehn Monaten Haft. Die Strafe wurde jedoch zur Bewährung ausgesetzt, Kampmann konnte den Saal als freier Mann verlassen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich Kampmann vor zehn Jahren des Bankrotts, der Insolvenzverschleppung und des dreißigfachen Betrugs schuldig gemacht hat. Der Firmenchef, ein beratender Anwalt und ein hinzugezogener Firmenbestatter hätten eine „heimliche Abwicklung“ von Rainbow Tours geplant und umgesetzt, sagte der vorsitzende Richter der Kammer, Kai-Alexander Heeren.

So sei die Hamburger Kultmarke schon Anfang September 2011 pleite gewesen und habe eine spanische Hotelkette samt ihrer offenen Rechnungen über 800.000 Euro mit Tricks hingehalten. Trotzdem seien die zwei Unternehmen hinter „Rainbow Tours“ (A.S. Reiseveranstaltungs GmbH und Thies Bustouristik GmbH) an einen Geschäftsmann in Neustrelitz verkauft worden.

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Den anwaltlichen Berater verurteilte das Gericht zu zwei Jahren Haft auf Bewährung. Den Firmenbestatter erwischte es am schwersten: Er muss zwei Jahre und vier Monate im Gefängnis verbüßen. Die Kammer berücksichtigte bei ihrem Strafmaß eine frühere Verurteilung des Mannes. Aus der Sicht der Richter agierte der Mann als gewerblicher Firmenabwickler.

Laut Gerichtssprecher haben die drei Angeklagten alle während der Hauptverhandlung gestanden. Kampmann ließ im Geständnis seine Anwältin verlesen: „Es war ein Riesenfehler.“ Er habe nicht allein gehandelt und sich beraten lassen. Wahr sei aber auch: „Letztlich habe ich bis zum Schluss jede Entscheidung mitgetragen und genehmigt.“ Ob Kampmann und die beiden anderen Verurteilten die nächste Instanz anrufen, war am Freitagabend kurzfristig nicht zu erfahren.

Überraschendes Urteil gegen den Insolvenzverwalter

Sicher ist, dass für den Insolvenzverwalter von Rainbow Tours der Prozess weitergehen wird. Auch der Jurist aus Stralsund saß auf der Anklagebank, hatte jedoch eine Tatbeteiligung immer vehement bestritten. Obwohl die Staatsanwaltschaft am Ende der Hauptverhandlung für ihn auf Freispruch plädierte, verurteilte die Kammer den Juristen wegen Beihilfe zu 30.000 Euro Strafe.

Das Gericht glaubte ihm nicht, dass er bei einem Treffen mit Kampmann Mitte September 2019 im 5-Sterne-Hotel Neptun in Warnemünde keine Details über die kritische Finanzsituation erfahren habe und hielt ihn der „psychischen Beihilfe“ für schuldig. In der Region des Firmenbestatters habe es „ein Netzwerk“ gegeben, „das sich bei der Abwicklung von Gesellschaften die Bälle zugespielt hat“, sagte Richter Heeren.

Gegenüber dem Handelsblatt kündigte der Insolvenzverwalter an, in Revision zu gehen. „Das lasse ich nicht auf mir sitzen“, sagte er. Das Urteil sei eine „Farce“. Das Gericht stellte zugleich auch fest, dass der Insolvenzverwalter während der Abwicklung von Rainbow Tours weder Kampmann noch seine Führungsriege geschont habe.

Das Hamburger Reiseunternehmen fuhr seit den 1980er Jahren hunderttausende Jugendliche für wenig Geld in die Großstädte oder an die Strände Europas. Motto: „Ich würd’s immer wieder tun!“ Der Firmenslogan hatte für viele Gäste Bestand, bis die Billigflieger von Ryanair und Easyjet eine bequemere Alternative zu Verfügung stellten, mit der sich stundenlage Aufenthalte im „Pumakäfig“ Bus vermeiden ließen.

Die lange Zeitdauer bis zur Hauptverhandlung wirkt sich zugunsten der Angeklagten aus. Von Kampmanns Endstrafe sollen vier Monate als verbüßt gelten, weil ihm die lange Wartezeit als „rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung“ nicht zuzumuten sei, sagte Richter Heeren schon im November.