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Heil plant halbe Milliarde Euro für Hartz-IV-Reform

Die Gewerkschaften feiern den Vorschlag des Arbeitsministers als sozialpolitischen Meilenstein. Was aber, wenn er damit vor der Wahl nicht mehr durchkommt?

In einem vorliegenden Gesetzentwurf schlägt der SPD-Politiker vor, dass bei Beziehern von Arbeitslosengeld II in den ersten zwei Jahren auf eine Prüfung verzichtet wird, ob die Wohnungskosten angemessen sind Foto: dpa
In einem vorliegenden Gesetzentwurf schlägt der SPD-Politiker vor, dass bei Beziehern von Arbeitslosengeld II in den ersten zwei Jahren auf eine Prüfung verzichtet wird, ob die Wohnungskosten angemessen sind Foto: dpa

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil will noch bis zur Jahresmitte die Hartz-IV-Grundsicherung reformieren. In einem Reuters am Samstag vorliegenden Gesetzentwurf schlägt der SPD-Politiker vor, dass bei Beziehern von Arbeitslosengeld II in den ersten zwei Jahren auf eine Prüfung verzichtet wird, ob die Wohnungskosten angemessen sind.

Ebenso soll Vermögen bis zu 60.000 Euro nicht angerechnet werden. Leistungskürzungen etwa bei Ablehnung eines Jobangebots sollen ab Juli auf höchstens 30 Prozent beschränkt werden. Zudem ist ein Weiterbildungsbonus von monatlich 75 Euro vorgesehen.

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Für die Reform werden im Gesetzentwurf Mehrausgaben von Bund, Kommunen und Bundesagentur für Arbeit in Höhe von etwa 550 Millionen Euro veranschlagt. Der Gesetzentwurf steht nach Angaben aus dem Ministerium aber noch am Anfang und hat vom Kanzleramt noch kein grünes Licht für die Ressortabstimmung in der Regierung.

Mit dem Gesetzentwurf will Heil unter anderem eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umsetzen, das die Hartz-IV-Leistungskürzungen im November 2019 teilweise für verfassungswidrig erklärt hatte. Der SPD-Politiker geht aber deutlich darüber hinaus mit dem Vorschlag, Vermögen und Mietkosten in den ersten zwei Jahren zu verschonen.

Damit würde Heil Vereinfachungen auf Dauer fortschreiben, die in der Corona-Pandemie gelten und die Ende März 2021 auslaufen. Heil will zudem die Vereinbarungen zwischen Jobcentern und Arbeitslosen zur Vermittlung in den Arbeitsmarkt auf eine neue Grundlage stellen.

Arbeitsministerium will Sozialstaat auf Augenhöhe

Die bisherige Eingliederungsvereinbarung mit Pflichten für die Arbeitsuchenden soll durch einen „nicht rechtsverbindlichen Kooperationsplan“ abgelöst werden. Damit würden „die Selbstverantwortung und die Vertrauensbeziehung zur Integrations- und Vermittlungsfachkraft“ gestärkt.

Aus Heils Ministerium hieß es zu der Reform am Samstag: „Wir wollen einen Sozialstaat auf Augenhöhe, der mehr Sicherheit bietet und neues Vertrauen schafft.“ So sollten jene, die vorübergehend auf Arbeitssuche sind und durch die Grundsicherung aufgefangen werden, darauf vertrauen können, sich vorerst nicht um das Ersparte und die Wohnsituation sorgen zu müssen.

Nun kommt es in den kommenden Wochen auf die Haltung der Union zu Heils Plänen an. Kommt es in dieser Legislaturperiode nicht mehr zu einer Reform, könnten die Pläne eine SPD-Vorlage für den beginnenden Bundestagswahlkampf werden. Bereits auf ihrem Parteitag im Dezember 2019 hatten die Sozialdemokraten die Forderung beschlossen, mit einer Abkehr von Hartz IV die Agenda 2010 ihres früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder in zentralen Punkten zu überwinden.

Die SPD-Vorschläge dazu waren noch weit über die nun gesetzliche geplante Hartz-Reform hinausgegangen. Begeistert reagierten bereits die Gewerkschaften auf Heils Pläne. DGB-Chef Reiner Hoffmann sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Das ist ein sozialpolitischer Meilenstein.“

Damit könne der jahrelang schwelende Konflikt um das Hartz-IV-System, das von vielen als diskriminierend erlebt werde, entschärft werden. „Jetzt ist es an der Unionsfraktion, diese Reformpläne konstruktiv zu unterstützen.“

Die Hartz-Reformen waren zwischen 2003 und 2005 von der rot-grünen Bundesregierung unter Schröder eingeführt worden. Sie führten zu teils spürbaren Kürzungen von Sozialleistungen, etwa bei der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes.