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Wie sie ihr Health Tech-Startup nach der Pandemie neu erfunden haben

Wollen mit ihrem Startup den Gesundheitssektor digitalisieren: Daniel Werner (l.) und Philipp Noack. - Copyright: Probatix
Wollen mit ihrem Startup den Gesundheitssektor digitalisieren: Daniel Werner (l.) und Philipp Noack. - Copyright: Probatix

Die Corona-Pandemie hat in fast allen Bereichen des Lebens ihre Spuren hinterlassen: Neue Unternehmen sind entstanden, andere mussten aufgeben; das Arbeiten im Homeoffice ist normal geworden, die Digitalisierung vieler Prozesse hat sich enorm beschleunigt. Und: Gesundheit ist von einem Randthema zum vorübergehenden Mittelpunkt der gesellschaftlichen Debatte geworden.

Davon konnten auch einige Startups profitieren – so zum Beispiel das Software-Unternehmen Venture Leap aus Berlin. Ursprünglich 2019 als klassischer SaaS-Anbieter gestartet, waren die Gründer Daniel Werner und Philipp Noack nach Ausbruch der Pandemie zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Sie entwickelten auf Basis ihrer Software die Plattform Probatix, über die der zuvor meist analoge Prozess von Corona-Testungen erstmals digital abgewickelt werden konnte: Relevante Informationen zu den Nutzern wurden nicht mehr über fehleranfällige Papierdokumente, sondern digital vom Testzentrum ins Labor übermittelt.

Mit der Einführung der Bürgertests in Deutschland im März 2021 explodierte die Nachfrage vom einen auf den anderen Tag. "Das war eine verrückte Zeit. Wir waren damals noch ein Miniunternehmen mit zwölf oder dreizehn Mitarbeitern", erinnert sich der studierte Informatiker und Mathematiker Daniel Werner. 30 Millionen Testungen wurden ihm zufolge innerhalb von zwei Jahren über die Plattform abgewickelt. Doch trotz des rasanten Aufstiegs ist klar: Das Geschäftsmodell ist zeitlich begrenzt.

Probatix-App: Wie eine digitale Patientenakte

Also entwickeln die Gründer einen neuen Plan. Sie wollen das Konzept der niedrigschwelligen Diagnostik, auf dem die Coronatests beruhen, auch auf andere medizinische Bereiche übertragen. "In der Pandemie konnten Menschen zum ersten Mal außerhalb vom ärztlichen Umfeld eine solche Leistung in Anspruch nehmen", sagt Werner im Gespräch mit Gründerszene. "Das ist eine komplett neue Idee, die auch in anderen Kontexten gut funktionieren könnte."

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In einem ersten Schritt fokussiert sich Probatix auf Bluttests, die auf Wunsch des Patienten in Apotheken oder Arztpraxen durchgeführt und dann im Labor ausgewertet werden. Die Software des Startups bildet die Schnittstelle zwischen allen Beteiligten: Die Apotheken können über die Plattform auf notwendiges Material und Knowhow für die Gesundheitstests zugreifen und nach der Testung die Probe in eines der drei Probatix-Partnerlabore schicken. Dort wird der Bluttest ausgewertet und das Ergebnis digital an den Kunden übermittelt.

Insbesondere die Kommunikation mit und innerhalb von Laboren laufe bisher meist noch analog ab, erklärt Werner, weshalb die Digitalisierung dieser Prozesse dort besonders großes Potenzial habe. Aber auch für die Kunden biete das Gesundheitsportal Vorteile: Die Ergebnisse seien deutlich schneller verfügbar und würden ähnlich wie in einer digitalen Patientenakte aufbereitet. Dadurch sind die Daten stets verfügbar und können etwa im Zeitverlauf verglichen werden.

Bluttests kosten zwischen 30 und 120 Euro

Gibt es Abweichungen von den Normwerten, würden diese natürlich weiterhin mit einem Arzt besprochen, betont der Gründer. Das Testangebot deckt laut Werner die gesamte Bandbreite an Werten ab, die mithilfe von Kapillarblut überprüft werden können, darunter etwa die Eisen- oder Vitamin-D-Versorgung. "Bei vielen Krankheiten zeigt der Bluttest schon früh Werte außerhalb des Referenzbereichs an", erklärt er. Darum seien die Tests vor allem für die Prävention, aber etwa auch für das Monitoring chronischer Krankheiten geeignet.

Für den Kunden kosten die Tests je nach Umfang etwa zwischen 30 und 120 Euro; von der Krankenkasse werden sie nicht übernommen. Die Apotheken zahlen für jeden Test eine Provision an Probatix, von der noch das Labor und die Logistik bezahlt werden müssen. "Das Ziel ist es natürlich, unser Angebot in die Regelversorgung zu bringen", sagt Werner. "Nur dann kann man flächendeckend von niedrigschwelliger Diagnostik sprechen."

Finanziert haben Werner und sein Co-Gründer den Aufbau von Probatix ausschließlich über die eigenen Einnahmen, vor allem aus der Pandemiezeit. Investoren gibt es keine. "Wir sind darüber so solide gewachsen sind, dass wir einen Runway von einigen Monaten haben, um uns strategisch aufzustellen." Seit der neue Service Ende April freigeschaltet wurde, habe den Angaben des Gründers zufolge etwa zwei Dutzend Apotheken in mehreren deutschen Städten das Angebot eingeführt. Bis Ende des Jahres sollen es mehr als 1000 sein.

Datenschutz "richtet Kollateralschaden an"

Die Nachfrage dafür nimmt laut Werner stetig zu: Einerseits gebe es ein größeres Gesundheitsbewusstsein und viele technische Entwicklungen, die den Trend fördern. Andererseits sei auch die Offenheit für digitale Themen ist in den letzten Jahren langsam größer geworden. "Datenschutz wird in Deutschland zurecht sehr hoch gehangen. Damit haben wir uns aber leider oft den Raum für Innovationen genommen."

Wenn mehr Daten verfügbar seien, könne Menschen besser und schneller geholfen werden. Das rette im Zweifel Leben, sagt der Probatix-Gründer. Darum müsse abgewägt werden, wie Datenschutz im Einzelnen umzusetzen sei. Hinzu komme der zunehmende Ärztemangel, insbesondere in ländlichen Regionen, den niedrigschwellige medizinische Angebote zumindest ein wenig abfedern könnten.

Dieses Potenzial haben auch andere erkannt: Das hoch bewertete Startup Aware etwa, das eigene Labore für Bluttests aufbauen will. "Im Diagnostik-Markt ist gerade eine Menge Bewegung drin", sagt Werner. Der Konkurrenz gegenüber sehe er sein Unternehmen aber im Vorteil, weil es die bestehende Infrastruktur der Apotheke nutze und so schneller und kostengünstiger wachsen könne. Dieses Modell und ihren frühen Marktstart sehen die Gründer als Alleinstellungsmerkmal.