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HAUPTSTADTGEFLÜSTER: Merkels rosa-rote Corona-Brille

(Bloomberg) -- Wenn Angela Merkel sich direkt nach der Tagesschau zur besten Sendezeit vor einem Millionenpublikum zur Coronakrise befragen lässt, muss etwas passiert sein.

Doch wer der Bundeskanzlerin am Dienstagabend im ARD-Format mit dem vielversprechenden Namen “Farbe bekennen” lauschte, wurde schnell enttäuscht. Denn offenbar war gar nichts passiert. Merkel, so schien es, wollte der deutschen Öffentlichkeit nur noch einmal versichern, dass in der Corona-Krise alles nach Plan läuft. Fast jedenfalls.

Statt Farbe zu bekennen, war die Kanzlerin wild entschlossen, das deutsche Impf-Debakel durch die rosa-rote Brille zu betrachten. Frage: Wie kann es sein, dass die EU-Kommission monatelang mit den Pharmakonzernen verhandelte, ohne dass ein Vertrag zustande kam? Antwort Merkel: “Also ich glaube, dass im Großen und Ganzen nichts schief gelaufen ist.”

Warum sind so viele andere Länder bei der Impfstoff-Beschaffung so viel schneller gewesen als die EU, sogar ein Land wie Serbien. Antwort Merkel: “Das wurmt einen natürlich.” Aber, so die Kanzlerin weiter, die EU habe zumindest “gründlich” gearbeitet und dafür gesorgt, dass die Haftungsfrage zufriedenstellend geklärt worden sei.

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Nun könnte man natürlich fragen, ob ein 84-jähriger Rentner, der seit Wochen vergeblich versucht, einen Termin in einem Impfzentrum zu ergattern, sich Sorgen macht um Haftungsfragen der EU oder doch eher um seine eigene Gesundheit.

Der Rat der Kanzlerin an diesen Rentner sowie die rund 80 Millionen Deutschen, die ebenfalls noch auf eine Impfung warten: einfach “noch eine Weile durchhalten.” Und wann ist zumindest wieder mit ersten Lockerungen zu rechnen? Merkel: “Das hängt jetzt von uns ab, wenn wir die Fallzahlen runterbringen durch ein wirkliches Einhalten der Regeln.”

Das Verstörende an diesem TV-Auftritt der Kanzlerin war, dass sie im Grunde genommen allein die Bevölkerung in der Bringschuld sah, während die anderen offenbar alles richtig gemacht haben: die Bundespolitik, die alle zwei Wochen die Regeln nachbessert. Die EU-Kommission, die die Verhandlungen verschleppte. Und die Pharma-Unternehmen, die nicht willens oder in der Lage sind, gemachte Zusagen einzuhalten.

Einziger Trost an diesem Abend: Nach 15 Minuten war Merkels farbloser Auftritt vorbei, und die Übertragung der DFB-Pokal Achtelfinal-Spiele begann. Auch hier lief zunächst nicht alles nach Plan. Nur mit viel Mühe konnte sich Borussia Dortmund in der Nachspielzeit gegen den Zweitligisten SC Paderborn durchsetzen und ins Viertelfinale einziehen.

Wäre die Kanzlerin ein Dortmund-Fan, würde sie wahrscheinlich sagen: “Im Großen und Ganzen nichts schiefgelaufen.”

(Dieser Kommentar spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung von Bloomberg LP oder deren Eigentümern wider. Arne Delfs ist Reporter bei Bloomberg News.)

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