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Handelsbeziehungen zu China sind zum Risikogeschäft geworden

Eine Bertelsmann-Studie zeigt, in welchen Branchen Geschäfte mit China unbedenklich sind – und wo geopolitische Risiken lauern.

Die Handelsbeziehungen zu China sind für Europa ökonomisch so wichtig wie noch nie. Die Volksrepublik hat sich schneller von der Coronapandemie erholt als andere Wirtschaftsregionen. Die Bedeutung des chinesischen Markts ist damit derzeit noch größer als ohnehin schon.

Zugleich aber wird das Chinageschäft zunehmend riskant: Der Wirtschaftskrieg zwischen Washington und Peking bedroht Lieferketten und Firmenpartnerschaften. Und auch in Europa wird darüber diskutiert, ob das autoritäre China ein vertrauenswürdiger Partner sein kann.

Eine bisher unveröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung, erstellt von Spezialisten der Rhodium Group, gibt europäischen Unternehmen nun einen Kompass an die Hand, um geopolitische Gefahren im Chinageschäft zu umgehen. Die detaillierte Analyse liegt dem Handelsblatt vor. Sie gibt Antworten auf wichtige Fragen: Welche Branchen sind sicherheitspolitisch unbedenklich? In welchen Bereichen lassen sich die Beziehungen zu China risikoarm vertiefen?

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Das Ergebnis ist eine „Greenlist“. Also eine Übersicht der Branchen, die vermutlich kaum zum Kollateralschaden des amerikanisch-chinesischen Wirtschaftskriegs werden. Um politische Risiken zu identifizieren, haben die Autoren eine Checkliste erarbeitet, mit der sie einzelne Sektoren aus der Branchenübersicht der EU auf ihre sicherheitspolitische Relevanz abklopfen.

Zwei Beispiele: Werden in dem betreffenden Sektor Güter bereitgestellt, die auch als Waffen oder militärische Ausrüstung verwendet werden können? Ist der Sektor in die Herstellung „kritischer Technologien“ involviert, die der nationalen Sicherheit dienen können? Lautet die Antwort ja, dann landen sie vermutlich nicht auf der Greenlist. Denn dorthin gelangen nur Branchen, die sicherheitspolitisch bedeutungslos sind. Diese reichen von Schuhen und Sportkleidung bis zur Haushaltselektronik.

Warnung an die Autoindustrie: Verlagerung der Fabriken nach China ist riskant

Die gute Nachricht für europäische Unternehmen lautet, dass es trotz der geopolitischen Turbulenzen viele Möglichkeiten gibt, den Austausch mit China zu vertiefen. „Der Handel zwischen der EU und China bestand 2019 überwiegend aus nicht-sensitiven Aktivitäten“, schreiben die Autoren.

So entfielen 83 Prozent der EU-Importe aus China auf Sektoren der Greenlist – Spielzeug und Textilien made in China zählen dazu, Telekommunikationsausrüstung dagegen nicht.
Exporte nach China sind generell bedenklicher, schon deshalb, weil die Chinesen gezielt versuchen, sich technologische Kompetenzen anzueignen und diese in den Dienst des Regimes zu stellen.

Hier gehen nur 56 Prozent der EU-Exporte auf Branchen zurück, die auf der Greenlist stehen. So stuft die Studie Autoexporte als unproblematisch ein, Lieferungen von Flugzeugen und Maschinen für den Flugzeugbau hingegen nicht.
Auch mit Investitionsflüssen befassen sich die Experten. 54 Prozent der chinesischen Direktinvestitionen in Europa und 68 Prozent der europäischen Direktinvestitionen in China schaffen es auf die Greenlist.

Als Bedenklich stuft die Studie die Verlagerung von Autofabriken nach China. Das könnte ein Warnsignal an deutsche Autokonzerne sein, die sich stark in China engagieren. Einen ebenso kritischen Blick empfiehlt die Studie auf chinesische Investitionen in Europas Automobilsektor und die Digitalbranche.

Ein wichtiges Detail der Studie ist, dass sie nicht zwischen staatlichen und privaten chinesischen Firmen differenziert. Grund dafür ist, dass „eine Reihe von neuen chinesischen Gesetzen – und insbesondere die Gesetze über den nationalen Geheimdienst, die nationale Sicherheit und die Cybersicherheit – die Grenze zwischen staatlichen und privaten Unternehmen verwischen“, stellen die Autoren fest.

Eines ist sicher: Der Hegemonialkonflikt zwischen den USA und China wird die Weltwirtschaft prägen, wahrscheinlich auf Jahrzehnte. Denn die Haltung gegenüber China eint die ansonsten tiefzerstrittenen politischen Lager in Washington.

Das kann zu einer Deglobalisierung führen, fürchten Experten. In wenigen Jahrzehnten würden voneinander abgegrenzte Wirtschaftsräume entstehen. Europa könne diese Auseinadersetzung nicht ignorieren. Die Wirtschaft müsse sich vorbereiten. Genau dazu liefert die Bertelsmann-Studie einen Beitrag.

Mehr: Handel, Hongkong, Flugrechte: Die Entkopplung der Weltmächte