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Zahlte der RBB eine Privatreise der Ex-Intendantin mit Ehemann und Freunden nach London?

Die ehemalige Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) Patricia Schlesinger, die wegen des Verdachts auf Untreue und Vorteilsannahme im Mittelpunkt der RBB-Affäre steht. - Copyright: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen
Die ehemalige Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) Patricia Schlesinger, die wegen des Verdachts auf Untreue und Vorteilsannahme im Mittelpunkt der RBB-Affäre steht. - Copyright: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Britta Pedersen

In London ist es eine Tradition. Einmal im Jahr begrüßen die beiden „Sheriffs" der Stadt rund 400 Menschen aus aller Welt zu einem rauschenden Ball im historischen Rathaus Guildhall. Als Vertreter des Königs waren die Sheriffs Hunderte Jahre lang die wichtigsten Beamten, kümmerten sich um die Steuereinnahmen und die Einhaltung von Gesetz und Ordnung. Patricia Schlesinger dürfte sich an diesem Abend des 17. September 2021 also ein wenig an ihre Aufgaben als Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) erinnert haben.

Rund 250 Pfund kostete ihr Ticket für den „Sheriffs Ball“. Eine exklusive Party „ganz im Zeichen der wilden 1920er Jahre“. Schlesinger wurde von den „Gatsby Girls“ begrüßt, die später mit dem „Piccadilly Dance Orchestra“ ein Kabarettprogramm aufführten. Für den Empfang wurden den Gäste Sektcocktails und Canapés gereicht. Während des  Drei-Gänge-Menüs mit Wein gab es für den guten Zweck noch ein „Wahr- oder Falsch-Quiz“. Eine Frage, die bei dem Spiel allerdings nicht aufkam: Wahr oder falsch – rechnete Schlesinger diesen Drei-Tage-Trip nach London tatsächlich als Dienstreise ab?

Business Insider gelang es, umfangreichen E-Mail-Verkehr der RBB-Intendanz auszuwerten. Daraus wird ersichtlich, dass es sich bei der London-Reise im vergangenen September um einen Ausflug Schlesingers mit Ehemann und Freunden aus Norddeutschland handelte. Während die anderen Teilnehmer private E-Mail-Accounts nutzten, ließ Schlesinger den Trip von ihren Büromitarbeitern organisieren, wickelte die Reise also dienstlich ab.

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Der London-Trip auf Kosten des Beitragszahlers ist ein weiteres Kapitel in einem Skandal, der bereits zum Doppelrücktritt von Schlesinger als ARD- und RBB-Chefin geführt hat. Seit Wochen enthüllt Business Insider ein düsteres Innenleben des öffentlich-rechtlichen Senders, das auch die Mitarbeiter erschüttert. Im Zentrum stehen verdächtige Berateraufträge, Spesenbetrug, „Regierungsrabatte“ für Dienstwagen und Verschwendung von Beitragsgeldern. So steckte der Sender Millionen in repräsentative Büros und eine umstrittene Dachlounge. Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Berlin einen Anfangsverdacht wegen Untreue und Vorteilsnahme gegen Schlesinger, ihren Ehemann und den mittlerweile auch zurückgetretenen RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf erkannt. Die ganze Dimension dürfte allerdings erst in Wochen und Monaten feststehen, wenn die interne und externe Aufklärung der Vorwürfe abgeschlossen ist.

Nach einer schriftlichen Anfrage von Business Insider zu Schlesingers London-Trip erklärte der RBB zunächst, der Sender kenne den Vorgang noch nicht und würde ihn nun aber beginnen, zu prüfen. Ein Tag später hieß es dann in einem Statement: „Mit Blick auf die laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geben wir aktuell keine weiteren Auskünfte zu Vorgängen, die die Amtsführung von Patricia Schlesinger betreffen.“ Von der internen Untersuchung des London-Trips, die durch unsere Anfrage ausgelöst wurde, erfuhr offenbar auch der "Spiegel". „Schlesingers Wochenendtrip wirft Fragen auf“, schrieb das Magazin am Mittwoch Abend.

Ausriss aus einer Mail von Schlesingers Ehemann, Gerhard Spörl, an eine Assistentin der RBB-Intendanz
Ausriss aus einer Mail von Schlesingers Ehemann, Gerhard Spörl, an eine Assistentin der RBB-Intendanz

Antworten finden sich in den internen E-Mails, die Business Insider vorliegen. Dort diskutiert der Ehemann von Schlesinger am 14. September 2021 mit einer Assistentin der Intendanz über den notwendigen Corona-Test für die Einreise. “Ihre Frau konnte ich registrieren“, schreibt die RBB-Mitarbeiterin. “Bei ihnen sagt er, dass es geht nicht.“ Am nächsten Tag schreibt Spörl: “Guten morgen, liebe Frau (…), haben wir nun alles zusammen?“ Die Assistentin ist verzweifelt: „Leider noch nicht ganz. Diese Registrationsnummer für Sie funktioniert nicht. ich bin ratlos. Könnten Sie Herrn E. anrufen und nach einer Lösung fragen?“

Herr E. ist der Chef eines deutschen Flughafens, gehörte neben weiteren Unternehmern aus Norddeutschland zur Reisegruppe und fand offenbar eine Lösung. Denn wie aus den Buchungsunterlagen, die im RBB-System gespeichert wurden, hervorgeht, flog Schlesinger am 17. September nach London. So schreibt die Mitarbeiterin B. von Westtours-Reisen an diesem Tag noch eine E-Mail mit sieben Anlagen an die Adresse der RBB-Intendanz. “Sehr geehrte Frau Schlesinger, wir freuen uns ihre Buchung bestätigen zu können“, heißt es darin. Aus den Dokumenten von Westtours wird ersichtlich, dass B. für Geschäftsreisen zuständig ist. Laut Eigenwerbung gehört Westtours-Reisen zu den führenden fünf Geschäftsreise-Anbietern in Deutschland. “Ihr Business Travel Partner“, steht auch auf den Buchungspapieren von Schlesinger.

Ausriss aus der Buchungsbestätigung für Patricia Schlesinger
Ausriss aus der Buchungsbestätigung für Patricia Schlesinger

Worin der dienstliche Charakter einer Kurzreise mit Ehemann und Freunden nach London zu einem Ball liegen soll, bleibt mehr als fraglich. Für die Reisegruppe war es aber in jedem Fall ein unterhaltsamer Ausflug. “Liebe London-Reisende“, schreibt der Flughafen-Chef am Montag danach an Schlesinger und Co. „Wir sind mit tollen Eindrücken von den drei Tagen gut wieder angekommen.“ Aber auch eine Mail, in der die lieben London-Reisenden aufgefordert wurden, ihren Unkostenbeitrag zu begleichen, landete in der Intendanz. Demnach habe das Ticket 250 Pfund pro Person gekostet. “Würden Sie bitte Ihren Anteil in Höhe von 268,78 Euro auf das Konto (…) überweisen.“

Hat der RBB das Ticket für den Sheriffs Ball gezahlt? Keine Antwort. Möglicherweise erfahren aber RBB-Reporter mehr darüber, weshalb die Assistentinnen von Schlesinger tagelang mit der Reise von Schlesinger und ihrem Ehemann nach London beschäftigt waren. Wie aus einer Betriebsversammlung am Dienstag hervorging, bekommen in diesen Tagen aber selbst die hauseigenen Journalisten nicht auf jede Frage eine Antwort vom RBB.