Habeck auf Werbetour für Wärmepumpen: Fünf Themen des Tages
(Bloomberg) -- Petra Sorge über Heizungsbotschaften im Hochsommer. — Abonnieren Sie unseren Newsletter Fünf Themen des Tages und erhalten Sie sonntags das Hauptstadtgeflüster direkt in Ihre Mailbox.
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Der Winter ist bei Temperaturen von rund 30 °C zwar noch weit entfernt, trotzdem läuft sich Robert Habeck schon einmal warm für die nächste Heizsaison. Drei Tage lang ist der Wirtschaftsminister auf norddeutscher Wärmepumpen-Tour. Er will wieder löten, was sein “Heizungshammer” letztes Jahr zertrümmert hat.
Zum Beispiel bei Stiebel Eltron in Holzminden: Der heimische Wärmepumpen-Hersteller hatte sich auf einen rasant steigenden Absatz eingestellt. Doch daraus wurde nichts, im ersten Halbjahr wurden nach Branchenangaben erst 90.000 Geräte verkauft, weit entfernt vom Regierungs-Ziels von 500.000 jährlich. Trotz großzügiger Förderquoten — bis zu 70% — kaufen die Leute nicht genug Wärmepumpen. Nun muss Stiebel Eltron zahlreiche Stellen abbauen, Kollegen in Kurzarbeit schicken.
Die Hersteller schieben die Schuld auf das Hickhack ums Heizungsgesetz, das nun längere Tausch-Fristen bis 2028 lässt; Habeck eher auf die durch hohe Zinsen ausgelöste Neubauflaute, die Inflation und Falschinformationen. Dabei will er dasselbe wie die Stiebel-Eltron-Mitarbeiter, die ihn mit Protesten und weißen Kreuzen am Firmensitz in Holzminden empfingen: den Wärmepumpen-Absatz wieder ankurbeln. Dazu besichtigt er auch Anlagen in Ein- und Mehrfamilienhäusern, Großpumpen in Stadtwerken oder Möbelkaufhäusern.
Und ganz nebenbei hat Habeck auch eine Botschaft für Finanzminister Christian Lindner, der in der Sommerpause den Haushaltsstreit neu entfacht hat: Noch in dieser Woche muss die Ampel ein neues 5-Milliarden-Haushaltsloch stopfen. Doch mit ihm, dem grünen Klimaminister, werde die Wärmepumpen-Förderung nicht mehr angetastet.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin, Celine Imensek, Annika Reichelt, Stephan Kahl und Alexander Kell: Ausblick bricht ein, stark rauf und runter, E-Rückgang vs. E-Rekord, (un)sicheres Geschäft, und Sparkassen teilen Risiken.
Ausblick bricht ein
Das Vertrauen der institutionellen Anleger in die deutsche Wirtschaft ist nach einer Reihe enttäuschender Daten und den jüngsten Turbulenzen an den globalen Aktienmärkten auf den niedrigsten Stand seit Januar gesunken. Ein vom ZEW-Institut erstellter Erwartungsindex fiel im August auf 19,2 von 41,8 im Juli. Auch der Index der aktuellen Lage ist stärker gesunken als erwartet. “Der wirtschaftliche Ausblick für Deutschland bricht ein”, so ZEW-Präsident Achim Wambach. Die Erwartungen an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone liegen mit 17,9 Punkten um 25,8 Punkte unter dem Juli-Wert. Einen stärkeren Rückgang gab es zuletzt im April 2020. Derweil erhalten Hoffnungen, dass die Verbraucher den Karren aus dem Dreck ziehen werden, neue Nahrung. Die inflationsbereinigten Löhne in Deutschland werden einer Studie zufolge in diesem Jahr mit 3,1% so stark steigen wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr. “In diesem Jahr schaffen die kräftigen Reallohnzuwächse erstmals einen deutlichen Ausgleich für den massiven Reallohnrückgang der Jahre 2021 und 2022 und das kleine Minus 2023”, sagte Thorsten Schulten vom gewerkschaftsnahen WSI-Institut.
Stark rauf und runter
Mit einem Kurseinbruch von zeitweise 18% hat die Börse auf einen Gewinneinbruch beim Laborausrüster Tecan reagiert. So stark ging es für die Titel der Schweizer seit zwanzig Jahren nicht mehr bergab. Rückläufige Umsätze resultierten aus einem schwachen Instrumentengeschäft im Biopharma-Sektor weltweit und allgemeiner Marktschwäche in China. Für die Flucht aus der Aktie sorgte laut Morgan Stanley nicht nur die Senkung des Ausblicks sondern auch die Unsicherheit darüber, wann sich die Erholung einstellen wird. Den größten Kursgewinn seit fünf Jahren (zeitweise +23%) gab es heute bei HelloFresh. Nach Gewinnwarnungen im November und März bestätigt der Kochboxen-Anbieter nun seinen Ausblick. Er profitiert von Schub bei personalisierbaren Mahlzeiten und solchem im Premiumsegment sowie einem höheren Anteil von Fertiggerichten. Gegenüber dem Jahreswechsel liegt der Aktienkurs von zuletzt 5,85 Euro jedoch fast 60% im Minus — und im Corona-Jahr 2021 wurden für die Titel noch 95 Euro gezahlt.
E-Rückgang vs. E-Rekord
Während die Elektroauto-Offensive in Deutschland vor sich hin stockt, hat der E-Motor in China den Verbrenner als führenden Antrieb endgültig abgelöst. Und trotzdem veranlasst die auseinanderklaffende Nachfrage die Industrie überall zu Strategieänderungen. So hat General Motors in China mit einer Vielzahl von einheimischen Konkurrenten zu kämpfen, tut sich wegen der massiven Überkapazitäten auf dem dortigen Automarkt schwer. Deswegen hat der Detroiter Hersteller dort bereits Mitarbeiter entlassen und will in Kürze mit dem chinesischen Partner SAIC über Restrukturierungen seiner China-Aktivitäten sprechen. GM wolle die Produktion auf Elektrofahrzeuge umstellen und sich auf höherwertige Modelle und den Import von Premiumfahrzeugen konzentrieren, ist zu hören. Umdenken lautet derweil auch beim Volkswagen-Konzern die Devise. Wie das Handelsblatt berichtet, könnte sich die Markteinführung des einstigen Prestige-Modells von Ex-Chef Herbert Diess, das E-Zukunftsauto Trinity, um sechs Jahre verzögern — auf 2032 statt 2026. Damit reagiere das Unternehmen auf die schwache Nachfrage nach Elektroautos. Sprecher des VW-Konzerns wollten die Informationen nicht kommentieren.
(Un)sicheres Geschäft
Mitten im Krieg will die Ukraine ein verlässlicher Handelspartner bleiben. Seit dem größten Gegenangriff auf russisches Territorium toben Kämpfe in der Nähe des wichtigen Gas-Transitpunktes Sudscha. Wie von eingeweihten Personen zu hören ist, haben die Kriegsparteien dennoch nicht die Absicht, den Gasfluss zu stoppen. Dafür haben beide Seiten auch gute Gründe: Für Kiew ist der Gastransit eine wichtige Finanzquelle für das kriegszerstörte Land — 2021 belief er sich auf etwa 1 Milliarde Dollar. Für Russland bleibt Europa trotz Angriffskrieg und Sanktionen einer der größten Abnehmer seines Gases. Klar ist aber auch, dass es trotz aller guten Vorsätze keine Garantie dafür gibt, dass die Infrastruktur diese Episode unbeschadet übersteht. Dass Raketen und Drohnen nicht immer das tun, was ihre Piloten eigentlich wollen, ist mittlerweile leider bekannt. Und so befinden sich die Gaspreise auf diesjährigem Rekordniveau. Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bestätigt, dass die ukrainischen Streitkräfte russisches Territorium eingenommen haben. Seinem Oberbefehlshaber zufolge wurden etwa 1.000 Quadratkilometer in der Region Kursk erobert.
Sparkassen teilen Risiken
Die Unternehmensinsolvenzen in Deutschland nehmen deutlich zu. Das dürfte auch die Chefs mancher Sparkassen alarmieren, denn schließlich sind die öffentlich-rechtlichen Institute gerade bei kleineren Unternehmen als Kreditgeber engagiert. Vor diesem Hintergrund rechnen die deutschen Landesbanken damit, dass sich deutlich mehr als 60 Sparkassen an einer Art gemeinsamen Schutzschirm für Kreditausfälle beteiligen werden. “Die schönen Zeiten, in denen nichts passiert, sind vorbei”, sagte Thomas Steinmeyer von der BayernLB mit Blick auf Insolvenzen. Die BayernLB organisiert zusammen mit anderen Landesbanken das Projekt, das auch als Kreditbasket bekannt ist. Sparkassen bringen ausgewählte Kreditrisiken aus ihrem Portfolio ein. Kommt es später zu Ausfällen, haften alle am Basket beteiligten Sparkassen gemeinsam für die Verluste. Die Idee ist nicht ganz neu. Bereits seit 2004 gibt es solche Baskets, über die insgesamt mehr als 8 Milliarden Euro abgesichert wurden. Der aktuelle Pool dürfte nach Schätzung der BayernLB auf ein Volumen von gut 600 Millionen Euro kommen.
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