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Ich habe meinen hoch bezahlten Job als Anwältin wegen Depressionen aufgegeben – und bereue es nicht

 Henna Choi hat ihren hoch dotierten Job als Anwältin pausiert, um sich auf ihre TikTok-Karriere zu konzentrieren.  - Copyright: Henna Choi
Henna Choi hat ihren hoch dotierten Job als Anwältin pausiert, um sich auf ihre TikTok-Karriere zu konzentrieren. - Copyright: Henna Choi

Dieser Text basiert auf einem Gespräch mit Henna Choi, einer 28-jährigen Anwältin, die ihren Job gekündigt hat. Es wurde hinsichtlich Länge und Klarheit angepasst.

Ich bin die erstgeborene Tochter einer Einwandererfamilie, die aus einer Kultur stammt, in der Bildung das höchste Gut ist. Daher wusste ich immer, dass ich einen angesehenen Job haben würde. Was ich nicht wusste, war, dass ich diesen Job nach nur zwei Jahren kündigen würde.

Ich habe immer diesen inneren Druck gespürt, den viele andere Migrantenkinder auch kennen. Ich hatte das Gefühl, erfolgreich sein zu müssen, und das auf eine Weise, die meine Eltern beeindrucken würde – im Grunde musste ich also eine Karriere als Ärztin, Anwältin oder Ingenieurin anstreben. Schließlich entschied ich mich für ein Jurastudium, weil ich dachte, dass mir das von allen Optionen am meisten liegen würde.

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Parallel dazu habe ich Frauen- und Geschlechterstudien mit einem Schwerpunkt auf Ethnologie und Disability Studies studiert. Ich wollte meine künftige Position als Anwältin nutzen, um Menschen zu helfen, die Hilfe brauchten. Die Realität war jedoch eine andere.

Mein Jurastudium war sehr teuer

Ich habe knapp 80.000 US-Dollar (rund 82.500 Euro) an Studiendarlehen angehäuft. Der Druck, einen hoch bezahlten Job zu finden, um diesen Kredit zurückzuzahlen, ist enorm. Als mir also ein Job angeboten wurde, bei dem zusätzlich zum Grundgehalt eine Provision gezahlt wird, habe ich ihn sofort angenommen.

Zwar konnte ich in meinem Job Menschen mit Behinderungen helfen, allerdings war es nicht das, wovon ich während meines Jurastudiums geträumt hatte. Ich verlor nicht nur den Spaß daran, Anwältin zu sein, ich entwickelte auch psychische Probleme und eine starke Depression. Ich wusste, dass es an der Zeit war, eine Pause einzulegen – zumal ich seit Jahren keinen Urlaub mehr genommen hatte.

Jetzt, wo ich eine Pause von meinem Job einlege, drehe ich durch

Dies ist das erste Mal in meinem Erwachsenenleben, dass ich so viel unstrukturierte Zeit für mich selbst habe. Und auch wenn ich weiß, dass ich jederzeit zu meinem sicheren Leben als Anwältin zurückkehren kann, zieht es mich doch immer mehr in eine andere Richtung. Eigentlich wollte ich immer in einem kreativen Bereich arbeiten: Als Kind war es mein größter Wunsch, Künstlerin zu werden.

Vor ein paar Monaten habe ich ein kreatives Ventil gefunden, durch das ich diese Kindheitsträume ein Stück weit ausleben kann: Tiktok. Ich teile Videos aus meinem Alltag als selbsternannte „depressive Anwältin“ und habe mittlerweile mehr als 470.000 Follower. Mein Erfolg auf TikTok hat mir das Gefühl gegeben, dass ich vielleicht doch mit meinem Leben machen kann, was ich will – und nicht nur das, was von mir erwartet wird. Zwar war ich zuvor in meinem Leben noch nie mit so viel Unsicherheit konfrontiert, ich habe aber auch noch nie so viele schöne und aufregende Momente erlebt.

Es ist beängstigend, einen sicheren, hoch bezahlten Job aufzugeben, und ohne meine Familie wäre ich nicht in der Lage, dies zu tun

Meine Familie hat mich dabei unterstützt, mich von meinem bisherigen Job zu verabschieden. Außerdem steht sie hinter meiner Tiktok-Karriere, obwohl es in meinen Videos auch um meine Erziehung und unsere familiären Beziehungen geht. Es ist irgendwie wild, aber auch sehr einfach: Meine Familie will mich einfach nur glücklich sehen.

Ich dachte, ich müsste in einem Berufsfeld erfolgreich sein, das die Mehrheit der Gesellschaft als erfolgreich definiert, um meine Familie zu unterstützen. Doch das stimmt nicht. Sie wollen das Beste für mich, auch wenn das bedeutet, keine Anwältin mehr zu sein. Zwar könnte meine finanzielle Lage derzeit besser sein, aber ich lebe in Kanada und habe das Glück, Arbeitslosengeld zu erhalten. Den Rest finanziere ich mit Ersparnissen und ein bisschen Unterstützung durch meine Familie.

Wenn mein jüngeres Ich mich jetzt sehen könnte, wäre ihre erste Frage: „Was denken Mama und Papa?“ Es ist so schön, mir vorzustellen, dass ich diese Frage wahrheitsgetreu beantworten könnte: Sie unterstützen mich.

Ich versuche jetzt, meiner Kreativität freien Lauf zu lassen, anstatt sie zu unterdrücken

Als ich meine Kreativität hinten anstellte, um mich völlig auf meine Karriere als Anwältin zu konzentrieren, war ich zutiefst unglücklich. Darunter litt auch meine psychische Gesundheit. Nicht die Person sein zu können, die man eigentlich gerne wäre, zehrt jeden Tag an den Nerven. Ich glaube, heute wäre mein inneres Kind stolz auf mich. Die kleine Henna wollte immer Künstlerin werden.

Ich weiß noch nicht, was die Zukunft für mich bereithält. Vielleicht werde ich trotz allem in mein altes Leben als Anwältin zurückkehren, vielleicht werde ich auch mit meiner Karriere als kreative Person erfolgreich sein. Was ich weiß, ist, dass ich es zumindest versuchen muss. Ich will nicht mehr tagtäglich gegen mein inneres Ich ankämpfen müssen. In Zukunft ziehen wir am selben Strang.

Ich wurde dazu erzogen, zu denken, dass Aufgeben etwas Schlechtes ist und dass man beenden muss, was man begonnen hat. Nun habe ich erkannt, dass es viel Mut und Selbsterkenntnis erfordert, einen Weg zu verlassen und einen neuen einzuschlagen. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, selbst wählen zu können, wie dein Leben sein soll. Etwas aufzugeben, das dich nicht glücklich macht, ist eine gute Sache. Etwas Neues auszuprobieren, eine noch bessere.

Dieser Text wurde von Anika Faber aus dem Englischen übersetzt. Das Original findet ihr hier.