Ich habe nach 10 Jahren Arbeit ein Sabbatical gemacht – und war überrascht, was die Auszeit mit mir machte
Anfang 2023 stellte ich fest, dass es mir schlechter ging, als ich dachte. Ich war mürrisch, gereizt und kämpfte mich durch jeden Tag.
Ich hatte einen Ausweg: eine sechsmonatige Auszeit bei halbem Gehalt, also ein Sabbatical. Es war eine Belohnung meiner Marketing- und Kommunikationsfirma für 10 Jahre Dienst.
Die Entscheidung, was zu tun ist
In den Monaten vor meiner Auszeit hatte ich langsam, Abend für Abend, passables Russisch gelernt. Meine Auszeit sollte eine Chance sein, mich in dem Land einzuleben.
Der Krieg begann 18 Monate, bevor ich aufbrechen sollte. Auf russischem Boden zu sein, wäre weder sicher noch ethisch vertretbar, also beschloss ich, stattdessen Orte mit großen russischsprachigen Bevölkerungsgruppen zu besuchen.
Pläne schmieden
Meine Einzimmerwohnung in Südlondon war leicht unterzuvermieten. Ich behielt meine Sachen in meinem Abstellraum in der Wohnung. Ich zahlte etwa 1750 britische Pfund (rund 2000 Euro) im Monat für meine Wohnung, einschließlich Nebenkosten, die im September auf 2050 Pfund (rund 2400 Euro) stiegen. Die Untermieter zahlten 2000 Pfund (also rund 2370 Euro) im Monat.
Ich hatte etwa 3000 Pfund (rund 3500 Euro) im Monat zur Verfügung und ein Budget von etwa 100 Pfund (rund 120 Euro) pro Tag, das mich nicht dazu zwang, auf meine Ersparnisse zurückzugreifen und ausschließlich aus meinem reduzierten Gehalt stammte.
Ehrenamtliche Tätigkeit
An meinem letzten Arbeitstag stellte ich eine Abwesenheitsnachricht für den weit entfernten 5. Januar ein und übergab alle unvollendeten Projekte an meine Kollegen. Ich löschte meinen Posteingang – zum ersten Mal in zwölf Jahren hatte ich keine laufenden Aufgaben oder Projekte.
Zwei Tage nach Beginn meiner Auszeit war ich in Moldawien und arbeitete im Chisinau Dignity Centre, einer Art Lebensmittelbank, die von der englischen Wohltätigkeitsorganisation Refugee Support Europe betrieben wird.
Das Leben unterwegs
In den folgenden vier Monaten lebte ich aus einer Reisetasche und reiste von der Wüste Usbekistans über schneebedeckte Berge in Tadschikistan bis hin zu dicht besiedelten chinesischen Städten. Freunde und Verwandte begleiteten mich auf einigen Abschnitten, obwohl ich meistens allein war.
Das Leben war angenehm unstrukturiert. Ich nahm radikale Änderungen an meiner geplanten Reiseroute vor und verlängerte meine Zeit im Norden Kasachstans, um Dinge wie ein Eishockeyspiel mit einer Mannschaft aus Russland zu besuchen.
Zurück in die Heimat
Lange Zeit schien die Reise unendlich. Ich hatte seit über 15 Jahren keinen Urlaub genommen, der länger als zwei Wochen ging. Die 27 Wochen am Anfang schienen sich endlos auszudehnen.
Im fünften Monat der Reise hatte ich plötzlich ein Momentum der existenziellen Wahrnehmung. Es würde eine Zeit kommen, in der ich wieder an einem geteilten Schreibtisch unter fluoreszierendem Licht im grauen London sitzen würde. Vermisste ich die Arbeit? Ehrlich gesagt nein, aber vielleicht lag das daran, dass ich langsam vergaß, wie es eigentlich war.
Etwas Seltsames geschah
Es war nicht nach dem ersten Tag zurück bei der Arbeit, als ich nach einem überraschend unspektakulären Tag auf meinem inzwischen fremden Sofa müde zusammenbrach. Auch nicht in der ersten Woche, als ich eine so vielschichtige Erfahrung in ein paar schnelle Anekdoten reduzieren musste.
Vielleicht war es in der dritten Woche – auf jeden Fall war in der vierten Woche etwas anders. Der erste potenzielle neue Kunde entschied sich, mit mir zusammenzuarbeiten, und dann noch einer. Ich hatte eine beispiellose Erfolgsserie, als wäre ich mehr im Einklang mit den Wünschen der Menschen.
Es gab all die kleinen Teile des Jobs, die ich in meinem Wunsch, zu entkommen und unterwegs zu sein, vergessen hatte. Aufgaben wie ein cleveres Stück Schreiben und das Finden einer eleganten Lösung für ein etwas kniffliges Problem bereiteten mir auf eine ganz andere Weise Freude als das, was ich auf meinen Abenteuern erlebt hatte.
Ich würde wahrscheinlich immer noch lieber die meiste Zeit auf einem Berg verbringen als im Büro, aber die Auszeit gab mir den Neustart, den ich brauchte; sie machte mich zu einem besseren Mitarbeiter und Menschen. Ich hoffe und plane, dies später in meiner Karriere noch einmal zu tun.
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