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Höherer Frauenanteil in Vorständen: Deutsche Unternehmen, ihr könnt das schaffen!

Während internationale Großkonzerne wie Pfizer, Danone oder Cisco beim Thema Frauenanteil im Vorstand an uns vorbei ziehen, bleibt Deutschland in diesem Bereich ein Entwicklungsland.

Es will ihnen einfach nicht gelingen. Während Großunternehmen in den USA und Frankreich in hohem Tempo davonziehen, treten deutsche Konzerne auf der Stelle. JP Morgan Chase, Danone, Pfizer, Cisco, American Express – sie alle haben längst zwischen 40 und 50 Prozent Frauen im Vorstand.

Stolze Unternehmen der deutschen Großindustrie erreichen dort einen durchschnittlichen Frauenanteil von gerade einmal 14,7 Prozent. 58 von 160 Unternehmen an der Frankfurter Börse schreiben in vollem Ernst in ihren Geschäftsbericht ein Ziel von 0 Prozent Frauen für den Vorstand, unter ihnen die Dax-Konzerne HeidelbergCement und RWE. So sehen die Zahlen vom 1. September aus.

Es wird immer schwieriger für einen Konzern zu erklären, warum es bei ihm keine einzige Frau bis nach ganz oben schafft und die Öffentlichkeit reagiert zunehmend mit Unverständnis. Insbesondere, wenn „null Prozent“ nicht nur als Diagnose, sondern auch noch als Ziel veröffentlicht werden.

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Denn deutsche Frauen sind ja nicht schlechter qualifiziert als anderswo und der Pool an arbeitenden Frauen ist sogar größer als in den meisten anderen Ländern. Nur traut man den Frauen hierzulande die Führung immer noch nicht zu.

Deutsche Unternehmen haben noch wenig Erfahrung mit Vielfalt und einer inklusiven Unternehmenskultur, in der auch andere als mittelalte männliche Wirtschaftswissenschaftler aus Westdeutschland eine Chance bekommen, ihre Führungsqualitäten unter Beweis zu stellen. In dieser Hinsicht ist Deutschland nichts Anderes als ein Entwicklungsland und es gibt bei skandinavischen, amerikanischen und britischen Unternehmen viel zu lernen.

Zum Beispiel das Setzen von internen Zielen und die Arbeit mit unbewussten Vorurteilen. Und Frauen nicht immer nur zu fördern – sondern sie einfach wie Männer zu befördern, denn sie müssen nicht optimiert werden, sie sind gut, so wie sie sind. Durch eine schwedische, amerikanische oder französische Brille bietet sich dem Betrachter deutscher Unternehmenskultur Erstaunliches: Von Männern und Frauen wird in Deutschland ja ganz Unterschiedliches erwartet!

In Ländern mit vielen Frauen in Führungspositionen ist es selbstverständlich, dass Männer wie Frauen in Vollzeit oder vollzeitnah arbeiten – auch, wenn sie Familie haben. In Deutschland erwarten die Unternehmen, dass sich Frauen um die Familie kümmern und deshalb große Teile ihres Erwerbslebens nur sehr eingeschränkt und damit auch kaum als Führungskraft zur Verfügung stehen. Anstatt eine vollzeitnahe Teilzeit so attraktiv zu machen, dass sie für Arbeitende mit Familie eine echte Alternative ist, ermuntern Staat und Unternehmen übereinstimmend die Frauen, in geringer Teilzeit zu arbeiten und erwarten von den Männern in Punkto Familienarbeit – nichts.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird als Frauenfrage gesehen, und das ist ein großes Problem. Die Unternehmen müssen sich hier dringend an die gesellschaftlichen Realitäten anpassen, denn immer weniger Paare leben das Modell „er macht Karriere und sie hält ihm den Rücken frei“. Sie müssen heute von Männern erwarten und es ihnen ermöglichen, dass sie ihren Anteil an der Familienarbeit übernehmen.

Und die Unternehmen brauchen Unterstützung von der Politik. Die sollte konsequentere gesellschaftliche Signale senden: Das Ehegattensplitting gehört abgeschafft und zusätzliche Vätermonate beim Elterngeld sollten eingeführt werden, damit eine bessere Balance von Männer- und Frauenkarrieren entstehen kann. Und: im Öffentlichen Dienst muss schnellstens vorbildhaft ein Frauenanteil von 40 Prozent in den Führungspositionen durchgesetzt werden, wie es beispielsweise in Schweden geschehen ist, um das klare Signal zu senden: Natürlich ist das möglich. Und natürlich ist das wichtig!

Nicht zuletzt kann eine kritische Öffentlichkeit helfen, die ihre Macht nutzt und Chancengleichheit in den Unternehmen einfordert. In Schweden, in den USA oder in Großbritannien wäre es für ein Unternehmen heute überhaupt nicht denkbar, ein Null-Prozent-Ziel für den Frauenanteil im Vorstand zu veröffentlichen: Reine Männermannschaften sind gesellschaftlich einfach überhaupt nicht mehr akzeptiert.

Menschen können auch in Deutschland ihre Arbeitsplatzwahl und ihr Konsumverhalten daran ausrichten und das Thema damit ebenso auf die gesellschaftliche und unternehmerische Agenda setzen, wie es beispielsweise bei der Nachhaltigkeit bereits geschehen ist.

Sich durch erhöhten öffentlichen Druck beim Veränderungsprozess anspornen zu lassen, ist schließlich im Interesse der Unternehmen selbst: „Wie bitte?“ fragte neulich ein schwedischer Unternehmer, als wir dort die deutschen Zahlen präsentierten. „So niedrig ist der Frauenanteil im deutschen Top-Management? Was für ein irres Potential! Wo will denn die deutsche Wirtschaft noch hinwachsen, wenn sie diesen Schatz erst richtig hebt?“

Über die Autoren:

Wiebke Ankersen und Christian Berg sind Geschäftsführer der gemeinnützigen Allbright-Stiftung mit Sitz in Stockholm und Berlin. Ankersen ist Skandinavistin und hat für schwedische Organisationen in Deutschland gearbeitet, unter anderem als Presseattachée an der schwedischen Botschaft. Gemeinsam mit Christian Berg leitet sie seit 2016 die Stiftung in Berlin. Christian Berg studierte an der Stockholm School of Economics und war von 1995 bis 2015 Diplomat im schwedischen Außenministerium.