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Härtere Strafen für Fotos unter den Rock und in die Bluse

Eine Schaufensterpuppe mit einem Kleid spiegelt Das heimliche Fotografieren unter den Rock oder in den Ausschnitt ist künftig eine Straftat.
Eine Schaufensterpuppe mit einem Kleid spiegelt Das heimliche Fotografieren unter den Rock oder in den Ausschnitt ist künftig eine Straftat.

Gerade in Menschenmengen kommt es vor, dass mit dem Handy unter den Rock fotografiert wird - und möglicherweise massenhaft intimste Fotos ungewollt im Internet landen. Für Betroffene ein Alptraum. Upskirting wird ab jetzt härter bestraft. Kann das das Problem lösen?

Berlin (dpa) - Wenn eine Frau mit einem Rock in einer vollen Bahn steht, muss sie fürchten, dass womöglich jemand ungewollt eine Kamera darunter hält, ein Foto schießt und es verbreitet.

Wer sogenanntes Upskirting betreibt, macht sich aber in Zukunft strafbar: Der Bundestag beschloss nun ein Gesetz, das eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe vorsieht. Gelten soll es voraussichtlich ab dem Herbst.

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Verletzung der Persönlichkeitsrechte

«Einer Frau unter den Rock oder in den Ausschnitt zu fotografieren, ist eine schamlose Verletzung ihrer Intimsphäre», sagt Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Solche Grenzüberschreitungen seien nicht hinnehmbar. Die Fotos verletzten nicht nur die Persönlichkeitsrechte, sondern auch die sexuelle Selbstbestimmung.

Der rechtspolitische Sprecher der SPD im Bundestag, Johannes Fechner, sagt: «Die Opfer solcher Fotoattacken werden oft überrascht oder bekommen gar nicht mit, dass sie fotografiert wurden. Deshalb ist es nicht möglich, sich gegen das Fotografieren des Intimbereiches zu schützen und somit zu verhindern, dass intimste Bilder massenhaft im Internet verbreitet werden.» Bislang wurde das Upskirting nur als Ordnungswidrigkeit mit geringen Geldbußen geahndet, was Täter kaum abgehalten habe. «Deshalb schließen wir hier eine wichtige Strafbarkeitslücke und verschärfen das Strafrecht an dieser Stelle.»

Jan-Marco Luczak, der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, sagt, das heimliche Fotografieren greife leider immer mehr um sich. «Wir steuern als Gesetzgeber jetzt entschlossen dagegen.» Die Übergriffe seien für die Opfer demütigend, verletzend und oft verbunden mit weitreichenden psychischen Folgen.

Upskirting in großen Menschenmengen

Vor allem in großen Menschenmengen finde Upskirting statt, sagt Nils Pickert von der feministischen Organisation Pinkstinks - in Bus und Bahn, auf Festivals, in Clubs und Bars. «Es gibt Leute, die verteilen winzige Kameras auf öffentlichen Toiletten, um damit Frauen abzufilmen.» Die Fotos seien oft für den persönlichen Gebrauch - würden aber auch häufig mit Bekannten oder im Internet geteilt.

Neben dem Upskirting sei auch das sogenannte Downblousing weit verbreitet, sagt Pickert - das heimliche Fotografieren in den Ausschnitt. «Zum Beispiel wenn ich Ihnen auf einer gegenläufigen Rolltreppe entgegenkomme, so tue, als würde ich auf meinem Handy etwas lesen, in Wahrheit aber Ihre Brust fotografiere oder filme.»

Hanna Seidel freut sich über das neue Gesetz. «Das ist ein ganz großes Symbol für Justiz, Politik und Gesellschaft. Die Symbolkraft sollte nicht unterschätzt werden.» Es sei wichtig zu zeigen, dass nicht erst bei Berührungen in die sexuelle Selbstbestimmung eingegriffen werde. Die 29-Jährige aus Ludwigsburg bei Stuttgart hatte zusammen mit Ida Marie Sassenberg aus München mit der Petition «Verbietet Upskirting in Deutschland!» die Debatte über das Thema in Gang gebracht. Mehr als 100.000 Unterzeichner schlossen sich an.

Form von sexualisierter Gewalt

Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und das Saarland nahmen sich des Themas an und starteten eine Gesetzesinitiative im Bundesrat. Seidel sagt, das Gesetz löse nicht gänzlich das Problem: «In der Gesellschaft muss noch viel passieren. Aber es ist ein richtiger und sehr wichtiger Schritt.»

Das findet Pickert auch. Das Fotografieren von insbesondere Frauen im öffentlichen Raum gegen ihren Willen sei kein Kavaliersdelikt: «Es ist übergriffig, es ist eine Form von sexualisierter Gewalt und so sollte man damit auch umgehen.»

Zwar sei grundsätzlich immer die Frage, ob Strafen Menschen davon abhielten, etwas zu tun. «Wir müssen leider davon ausgehen, dass es Upskirting und Downblousing immer noch geben wird.» Das Gesetz aber sei richtig: Sexualisierte Gewalt müsse als Thema ernst genommen werden und genau das müsse sich auch im Strafmaß widerspiegeln, sagt Pickert.

Die Essener Rechtsanwältin Jenny Lederer sieht das Gesetz hingegen kritisch. «Es gibt keine validen Zahlen, wie häufig dieses Problem vorkommt. Deshalb hat das Gesetz aus meiner Sicht nur Symbolcharakter.» Natürlich sei es unangemessen und ungehörig, heimlich fotografiert zu werden und die Gesellschaft müsse sensibilisiert werden, sagt die Fachanwältin für Strafrecht.

Beweisprobleme erwartet

Ein einzelnes Phänomen aber zielgerichtet als Straftatbestand auszugestalten, sei problematisch: «Strafrecht muss wirklich das letzte Mittel sein, um auf etwas Unerwünschtes zu reagieren. Das ist wirklich ein scharfes Schwert, um mit dem Problem umzugehen.»

Lederers Meinung nach hätte es ausgereicht, Upskirting weiter als Ordnungswidrigkeit zu führen - die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. «Es ist aus meiner Sicht der falsche Weg, darauf mit Strafrecht zu reagieren.» Auch ob die härteren Strafen abschreckend wirken, sei fraglich, meint Lederer und sieht große Beweisprobleme. «Aus meiner Sicht ist das Problem nicht gelöst.»

Nicht nur, wer heimlich intime Fotos von Frauen macht, wird künftig härter bestraft - ebenso, wer tote Unfallopfer fotografiert. Wer schwer verletzte Unfallopfer oder gar Tote aus reiner Sensationsgier fotografiert, verletze jeden menschlichen Anstand, sagt Ministerin Lambrecht. «Oft werden dabei auch noch Rettungskräfte behindert, die alles tun, um Leben zu retten.» Bislang ist das Fotografieren von Toten nicht strafbar. «Diese Lücke schließen wir jetzt. Den Angehörigen müssen wir das zusätzliche Leid ersparen, dass Bilder ihrer verstorbenen Eltern oder Kinder auch noch verbreitet werden.»