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Höhere Regelsätze führen zu Mehrausgaben von fast 900 Millionen Euro

Die Bundesregierung passt die Leistungen an gestiegene Bedarfe an. Für Alleinstehende erhöht sich der Hartz-IV-Satz voraussichtlich um sieben Euro.

Durch die Erhöhung der Regelsätze in der staatlichen Grundsicherung kommen auf Bund, Länder und Kommunen im kommenden Jahr Mehrausgaben in Höhe von 869 Millionen Euro zu. Bis 2024 steigt die jährliche Zusatzbelastung auf knapp 900 Millionen Euro. Dies geht aus dem Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums für ein Gesetz zur Anpassung der Regelbedarfe hervor, der dem Handelsblatt vorliegt.

Demnach soll die Regelleistung für alleinstehende bedürftige Rentner und Bezieher von Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich Hartz IV genannt von aktuell 432 Euro im Monat auf 439 Euro angehoben werden. In Paarhaushalten steigt der Regelsatz von 389 Euro auf 395 Euro je Partner.

Für Kinder bis zum Alter von fünf Jahren wird er von 250 auf 278 Euro angehoben, für Sechs- bis Dreizehnjährige bleibt der Satz bei 308 Euro, für 14- bis 17-Jährige erhöht er sich von 328 auf 367 Euro besonders kräftig.

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Da die für die jährliche Fortschreibung der Sätze erforderlichen Daten zur Lohn- und Preisentwicklung erst Ende August vorliegen, kann es noch zu Abweichungen kommen. Angepasst werden auch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. So steigt beispielsweise der Satz für einen alleinstehenden Asylbewerber von 351 auf 359 Euro.

Der Gesetzgeber ist verpflichtet, die Höhe der Regelbedarfe neu zu ermitteln, wenn eine neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes vorliegt. Diese wird alle fünf Jahre erhoben. Aus den jetzt vorliegenden Daten für 2018 lassen sich die Konsumausgaben unterschiedlicher Haushalte ablesen. Daraus wiederum werden dann die Bedarfe für Grundsicherungsempfänger bestimmt.

Vorwurf der Kleinrechnerei

Sozialverbände, Linke und Grüne werfen der Bundesregierung seit langem vor, die Hartz-IV-Regelsätze künstlich kleinzurechnen. So werden etwa bestimmte Konsumausgaben aus der Verbrauchsstichprobe nicht auf Leistungsbezieher übertragen.

„Die Bundesregierung spart an den Ärmsten der Armen, sie lässt über sieben Millionen Menschen in Hartz IV und in der Grundsicherung im Alter im Regen stehen“, kritisiert der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven Lehmann. „Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung die politischen Fehler früherer Regelbedarfsermittlungen stur wiederholt.“

Die Grünen hatten im Juni ein eigenes Berechnungsmodell vorgestellt. Demnach könnte ein alleinlebender Erwachsener 603 Euro im Monat bekommen – statt der geltenden 432 Euro. Kinder unter sechs Jahren bekämen nach der alternativen Berechnung 306 statt 250 Euro. Würde die Regierung auf Tricksereien verzichten, müsste der Regelsatz für Alleinstehende bei 590 Euro liegen, heißt es auch bei der Partei Die Linke.

Auffälligste Neuerung der jetzt von der Bundesregierung geplanten Anpassung ist, dass künftig auch die laufenden Kosten für Mobilfunkverträge bei der Berechnung des Regelbedarfs berücksichtigt werden. „Sie sind somit als Bestandteil des soziokulturellen Existenzminimums zu betrachten“, heißt es im Referentenentwurf. Bisher wurden nur die Ausgaben für eine Flatrate für Festnetzanschlüsse berücksichtigt.

Mit der Anerkennung der Mobilfunkkosten ist auch ein Teil der besonders kräftigen Regelsatzanhebung bei Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren zu erklären.

Die für das kommende Jahr erwarteten Mehrkosten von 896 Millionen Euro entfallen zu knapp 92 Prozent auf den Bund, den Rest tragen Länder und Kommunen. Stärker als die angehobenen Regelsätze dürfte sich aber die wegen der Coronakrise erwartete steigende Zahl von Leistungsbeziehern auf die Kosten der Grundsicherung auswirken. So lag die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld II im Juni um rund 152.000 Personen oder 3,9 Prozent über dem Vorjahreswert.