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Die großen Wirtschaftsprüfer stecken die Pandemie gut weg

KPMG zahlt einen Sonderbonus an die Mitarbeiter, ebenso Deloitte und EY. Die geplante scharfe Regulierung macht der Branche aber zu schaffen.

Die großen Wirtschaftsprüfer blicken mit widersprüchlichen Gefühlen auf das Jahr 2020 zurück. Die Branche konnte die Folgen der Pandemie trotz Einbußen beim Consulting recht gut verkraften. Doch im Zuge des Wirecard-Skandals ist das Image der Prüfer angekratzt. Viele zeigen sich besorgt mit Blick auf die von der Bundesregierung geplante schärfere Regulierung.

Die stabile wirtschaftliche Entwicklung zeigt sich auch bei der Nummer drei des deutschen Marktes, KPMG, die am Montag ihr Jahresergebnis vorlegte. Die Gesamtleistung der Prüfungsgesellschaft legte im Geschäftsjahr um 0,5 Prozent auf 1,93 Milliarden Euro zu.

Darin ist schon der Pandemieeffekt von einem halben Jahr enthalten. Unter der Gesamtleistung einer Prüfungsgesellschaft ist der Umsatz plus die noch nicht komplett verbuchten Geschäfte mit laufenden Projekten erfasst.

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KPMG-Deutschlandchef Klaus Becker sprach daher von einer „starken Leistung aller Mitarbeiter“. Sie bekommen einen Corona-Sonderbonus von 1000 Euro. Die Profitabilität sei so hoch wie im Vorjahr, sagte er, ohne Details zu nennen. Becker zeigte sich optimistisch, dass vor allem das Beratungsgeschäft nun wieder deutlich an Schwung gewinnen werde. KPMG habe einen guten Start ins neue Geschäftsjahr gehabt.

Konkurrent EY, die Nummer zwei in Deutschland, hat bisher noch keine Ergebnisse für 2019/20 vorgelegt. In Unternehmenskreisen heißt es aber, dass die Gesellschaft ein gutes Jahr mit Wachstum hinter sich habe. EY zahlt jedem Mitarbeiter einen Bonus von 1000 Euro, wie es im Unternehmen heißt. Auch Deloitte schüttet eine Summe in gleiche Höhe an die Mitarbeiter aus.

EY ist neben der Pandemie vor allem von den Vorwürfen einer fehlerhaften Abschlussprüfung beim Zahlungsdienstleister Wirecard getroffen. Die Debatte und die Klagewelle von Investoren haben der Gesellschaft zumindest bis Ende des Geschäftsjahres am 30. Juni aber offenbar noch nicht zugesetzt.

Vor KPMG hatten bereits Marktführer PwC und die Nummer vier Deloitte ihre Ergebnisse vorgelegt. Sie konnten beide etwas stärker wachsen als KPMG. Allerdings verbuchten sie nur die Krisenmonate von April bis Ende Mai oder Ende Juni. PwC kam auf eine Gesamtleistung von 2,35 Milliarden Euro und Deloitte auf 1,69 Milliarden Euro Umsatz.

Bei den drei großen Dienstleistern zeigt sich im Detail eine unterschiedliche Entwicklung. PwC und Deloitte profitierten von deutlichem Wachstum im klassischen Geschäft mit Abschlussprüfung, was am Gewinn neuer Mandate und an einer starken Nachfrage nach prüfungsnaher Beratung lag.

KPMG büßte im Stammgeschäft Wirtschaftsprüfung zwei Prozent ein, die Gesamtleistung lag hier bei 662 Millionen Euro. Die Gesellschaft muss im Zuge der verpflichtenden Prüfer-Rotation viele bedeutende Mandate etwa im Dax abgeben. Die neu hinzugewonnenen Mandate konnten dies offenbar noch nicht kompensieren.

Schärfere Regulierung kommt

Dafür zeigte sich das Beratungsgeschäft stabil. Bis zum ersten Lockdown im März verzeichnete KPMG dort ein Wachstum von zehn Prozent. Weil danach aber viele Projekte von den Kunden auf Eis gelegt wurden, konnte bis Ende September nur noch ein Plus von 0,4 Prozent auf 712 Millionen Euro erreicht werden.

Branchenführer PwC kam im Consulting bis Ende Juni bereits auf einen Rückgang um 2,5 Prozent. Aktuell sei die Auftragslage bei den Beratern aber schon wieder auf Vorjahresniveau, heißt es bei PwC. Das dritte Standbein der Prüfungsgesellschaften, die Steuer- und Rechtsberatung, legte bei allen großen Anbietern zu.

Die Bundesregierung hatte vergangene Woche die schärfere Regulierung der Prüfungsgesellschaften verabschiedet. Sie reagiert damit auf den Wirecard-Bilanzskandal und will die Wirtschaftsprüfer stärker in die Verantwortung nehmen. So müssen künftig alle kapitalmarktorientierten Firmen alle zehn Jahre ihren Abschlussprüfer wechseln.

Damit kann die Branche gut leben. Anders sieht es bei der verschärften Haftung aus. Das Gesetz sieht vor, dass Prüfungsgesellschaften künftig bis zu 16 Millionen Euro gegenüber kapitalmarktorientierten Mandanten haften – bisher sind es vier Millionen. Bei kleineren Unternehmen ohne Kapitalmarktorientierung sollen es 1,5 Millionen Euro sein.

Die entscheidende Neuerung dabei: Wenn einem Abschlussprüfer grob fahrlässiges Verhalten nachgewiesen wird, greift die Haftungshöchstgrenze künftig gar nicht mehr. Ein solcher Tatbestand liegt bereits vor, wenn der Prüfer die Sorgfalt in hohem Maße hat vermissen lassen.

KPMG-Deutschlandchef Becker sieht in den höheren Haftungssummen das größte Problem der Reform. Die führenden Anbieter könnten dies wohl verkraften, sagte er. Anders bei den kleinen und mittelständischen Prüfern: Sie würden aus dem Markt gedrängt, wodurch sich die Konzentration weiter erhöhen werde. „Das kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein“, sagte Becker.

Branche fürchtet um Attraktivität für Nachwuchs

In dieser Befürchtung sind sich alle Prüfungsgesellschaften einig. „Eine nachhaltig wirksame Verbesserung der Wirtschaftsprüfung kann nur dann erreicht werden, wenn sich der Gesetzgeber dem offenkundigen Problem der stark konzentrierten Marktstruktur zuwendet“, sagt Christoph Regierer, Deutschlandchef von Mazars. Mittelständische Prüfer könnten etwa über Joint Audits stärker beteiligt werden. Dabei prüfen zwei Gesellschaften die Bilanz des Mandanten nach dem Vieraugenprinzip.

Davon ist aber im Gesetzesvorstoß der Bundesregierung keine Rede. Neben der Haftungssumme für die Dienstleister soll aber das Bilanzstrafrecht verschärft werden. Dies betrifft einen Abschlussprüfer persönlich. Es sind Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren vorgesehen, wenn ein Abschlussprüfer leichtfertig ein inhaltlich unrichtiges Bilanztestat erteilt.

PwC fürchtet deshalb schon um die Attraktivität des Prüferberufs und Nachwuchsprobleme in der Branche. KPMG-Chef Becker bewertet dies anders: „Jeder, der Wirtschaftsprüfer werden möchte, muss sich über die verantwortungsvolle Aufgabe im Klaren sein“, sagt er. „Qualität ist die Aufgabe eines jeden Einzelnen.“ KPMG unterstütze alle Maßnahmen, die das Vertrauen in die Abschlussprüfung und in die Kapitalmärkte verstärken.

Dies gelte auch für die geplante schärfere Trennung von Prüfung und Beratung. PwC hatte scharf kritisiert, dass Steuerberatung und Prüfung eines Mandanten künftig strikt getrennt werden sollen. Becker hingegen hält dies für unproblematisch. Viele Mandanten hätten diese Trennung schon von sich aus umgesetzt. „Und wenn es dazu beiträgt, das öffentliche Vertrauen in eine unabhängige Abschlussprüfung zu stärken, unterstütze ist das.“