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Warum griechische Bonds trotz schlechtem Rating sehr gefragt sind

Die Ratingagenturen stufen die Staatsanleihen als „nicht investitionswürdig“ ein – dennoch reißen sich Anleger um die Papiere. Dafür gibt es Gründe.

Acht Jahre lang hing das Land am Tropf internationaler Hilfskredite. Foto: dpa
Acht Jahre lang hing das Land am Tropf internationaler Hilfskredite. Foto: dpa

Als die beginnende Corona-Pandemie im März die Finanzmärkte aufschreckte, schoss die Rendite der zehnjährigen griechischen Staatsanleihe auf vier Prozent. Wer den Kurssturz als Chance sah und zugriff, kann sich heute über einen ansehnlichen Gewinn freuen. Der Kurs des 2030 fälligen zehnjährigen Bonds stieg in nur drei Monaten von 99,85 auf 105,82 Prozent. Spiegelbildlich fiel die Rendite am vergangenen Freitag auf 0,86 Prozent. Das war der niedrigste Stand für ein Zehnjahrespapier, seit Griechenland 2001 den Euro einführte.

Die Ratingagenturen stufen griechische Staatsanleihen derweil als „nicht investitionswürdig“ ein. Damit sind die Papiere für viele Fonds gar nicht handelbar. Trotzdem stehen die Anleger Schlange, wenn Finanzminister Christos Staikouras Geld einsammelt.

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So Anfang September, als die staatliche Schuldenagentur PDMA mit einer zehnjährigen Anleihe an den Markt ging. Die Emission von 2,5 Milliarden Euro war mit Angeboten von 18 Milliarden Euro mehr als siebenfach überzeichnet. Die Ausgaberendite war mit 1,22 Prozent die bisher niedrigste für einen griechischen Euro-Bond dieser Laufzeit.

Eine erstaunliche Entwicklung, denn das Land stand noch vor wenigen Jahren vor dem Staatsbankrott und kämpfte gegen den Grexit. Auf dem Höhepunkt der Schuldenkrise sprachen Anleger von griechischen Anleihen spöttisch als „Ouzo-Bonds“ – weil die Rendite der Papiere ähnlich hoch war wie der Alkoholgehalt des hellenischen Nationalschnapses.

Beim Schuldenschnitt vom März 2012 mussten institutionelle Anleger und Privatgläubiger auf die Hälfte ihrer Forderungen verzichten. Acht Jahre lang hing das Land am Tropf internationaler Hilfskredite.

Corona wirft Land zurück

Seit August 2018 steht Griechenland zwar wieder finanziell auf eigenen Beinen. Aber jetzt stürzt die Corona-Pandemie die Griechen zurück in die Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte in diesem Jahr um rund neun Prozent schrumpfen. Der Absturz wirft das Land auch beim Abbau seines riesigen Schuldenberges zurück. Die Schuldenquote könnte in diesem Jahr auf 200 Prozent des BIP steigen - ein neuer Rekord in der Euro-Zone.

Die Anleger scheint das aber nicht zu beunruhigen, wie die fallenden Bond-Renditen zeigen. Trotz steigender Schulden gilt das Ausfallrisiko als gering, anders als in den Krisenjahren. Denn heute liegen rund 80 Prozent der griechischen Staatsschulden bei öffentlichen Gläubigern wie dem Euro-Stabilitätsfonds ESM.

Die Zinsen sind niedrig. Mit der Tilgung der Hilfskredite können sich die Griechen Zeit lassen bis ins Jahr 2070. Die Schuldentragfähigkeit Griechenlands gilt mindestens bis 2032 als gesichert. Sollte das Land dennoch in Zahlungsschwierigkeiten kommen, kann es mit weiteren Schuldenerleichterungen der öffentlichen Gläubiger rechnen.

Für eine Minderung des Ausfallrisikos sorgt auch die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrem Pandemie-Notkaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme, PEPP). Die EZB lockerte für das Programm ihre Bonitätsanforderungen. Sie kauft jetzt auch griechische Papiere, trotz der Einstufung als Non-Investmentgrade.

Dessen ungeachtet hat die EZB seit März griechische Bonds im Volumen von rund 13 Milliarden Euro aufgekauft. Bis zum Juni 2021, dem bisher geplanten Auslaufen des PEPP, dürfte die Summe auf 27 Milliarden wachsen.

Viele Experten rechnen überdies damit, dass die EZB ihr Notkaufprogramm erneut quantitativ ausweiten und verlängern könnte. Es soll auch Überlegungen geben, danach Griechenland in das Anleihe-Kauf-Programm aufzunehmen, unabhängig von der Bonität.

Aber nicht nur die EZB, auch Griechenland selbst hat dazu beigetragen, dass die Anleger wieder Vertrauen fassen. Das Land hat seine Wirtschaft mit Strukturreformen international wettbewerbsfähiger gemacht. Die zerrütteten Staatsfinanzen sind konsolidiert. Seit 2016 erzielt das Land wieder Überschüsse im Haushalt. Das in diesem Jahr wegen der Corona-Rezession erwartete Defizit soll ein einmaliger Ausrutscher bleiben.

Nach den turbulenten Krisenjahren ist mit der Wahl des Konservativen Kyriakos Mitsotakis zum Ministerpräsidenten im Juli 2019 in Athen auch politische Stabilität eingekehrt. Der Harvard-Absolvent, frühere Investmentbanker und McKinsey-Berater steuert einen wirtschaftsfreundlichen Reformkurs.

Nach dem wirtschaftlichen Rückschlag durch die Corona-Pandemie in diesem Jahr rechnet Mitsotakis für 2021 mit einem Wirtschaftswachstum von 7,5 Prozent. Damit dürfte die Schuldenquote wieder sinken. Für den Schuldner Griechenland spricht aus Sicht der Anleger auch, dass Athen eigentlich gar kein frisches Geld braucht. Finanzminister Staikouras sitzt auf einem Liquiditätskissen von 37,8 Milliarden Euro. Mit der Rücklage ist Griechenland für mindestens drei Jahre durchfinanziert.

Geringes Ausfallrisiko

Jakob Suwalski, Analyst bei der deutschen Ratingagentur Scope, attestiert dem Land „eine verbesserte mittelfristige Schuldentragfähigkeit“. Die Gründe: „nachhaltige fiskalische Disziplin, ein robustes Schuldenprofil, ein aktives Schuldenmanagement und der starke Liquiditätspuffer“. Suwalski unterstreicht die „gestärkte politische Stabilität“ und die „kontinuierlichen Reformfortschritte“.

Der Scope-Analyst sieht aber auch Risiken wie den hohen Anteil fauler Kredite in den Bilanzen der heimischen Banken und strukturelle Schwächen wie niedrige Investitionen und eine hohe Arbeitslosigkeit. Mit der Einstufung BB und einem positiven Ausblick bewertet Scope die Bonität des Landes zwei Stufen unter der Schwelle zum Investmentgrade. Griechische Staatsanleihen gelten demnach als „spekulative Anlage“.

Aus Sicht der Anleger ist das Ausfallrisiko aber gering, wie die große Nachfrage zeigt. Die Bond-Emission vom September war bereits der vierte erfolgreiche Marktgang seit Jahresbeginn. Mit der Ausgabe von 7-, 10- und 15-jährigen Anleihen nahm Griechenland in diesem Jahr zehn Milliarden Euro auf. Die Anleger greifen auch deshalb zu, weil griechische Bonds zu den wenigen Staatspapieren der Euro-Zone gehören, die noch eine positive Rendite abwerfen.

Die Schuldenagentur hat das für dieses Jahr gesetzte Ziel, acht Milliarden Euro aufzunehmen, mit den bisherigen Emissionen bereits übertroffen. Dennoch erwarten Marktbeobachter, dass die PDMA angesichts der rückläufigen Renditen vor dem Jahresende mit einer weiteren Anleihe an den Markt geht.

Premier Mitsotakis braucht zusätzlichen finanziellen Spielraum für die geplanten Steuersenkungen, mit denen er das Land auf einen nachhaltigen Wachstumspfad führen will. Im kommenden Jahr wird Griechenland voraussichtlich weitere elf Milliarden am Bondmarkt aufnehmen.

Aus Sicht von Privatanlegern haben die griechischen Bonds allerdings einen Nachteil: Die Handelbarkeit ist wegen des geringen Volumens eingeschränkt. Von den 337 Milliarden Euro, die der griechische Staat schuldet, entfallen nur 70,7 Milliarden auf Anleihen. Die meisten Papiere liegen inzwischen bei langfristig engagierten institutionellen Anlegern. Nur wenige werden am Sekundärmarkt gehandelt. Mit künftigen Emissionen dürfte sich die Liquidität aber verbessern.

Mehr: EU gibt noch im Oktober eigene Anleihen aus.