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Grenke-Gründer lässt Mandat im Aufsichtsrat ruhen – Commerzbank empfiehlt einfachere Struktur

Nach den Vorwürfen des Bilanzbetrugs durch den Shortseller Fraser Perring kündigt der MDax-Konzern eine unabhängige Prüfung an. Wolfgang Grenke zieht erste Konsequenzen.

Der MDax-Konzern steht nach den Vorwürfen des Investors Fraser Perring massiv unter Druck. Foto: dpa
Der MDax-Konzern steht nach den Vorwürfen des Investors Fraser Perring massiv unter Druck. Foto: dpa

Nach den Vorwürfen eines Shortsellers gegen Grenke hat das Leasing-Unternehmen am Montag eine umfassende Prüfung angekündigt. „Eine unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wird beauftragt, die Marktüblichkeit der Franchise-Übernahmen der Vergangenheit und deren Vorteilhaftigkeit für die Grenke AG zu überprüfen“, teilte der MDax-Konzern aus Baden-Baden mit.

Eine Integration des Franchise-Systems in den Konzern werde geprüft: Während Grenke auch in Zukunft an dem Modell der Minderheitsbeteiligung der Franchisenehmer festhalten wolle, „wird nunmehr erwogen, dass die Kapitalmehrheit von Grenke nicht erst nach der Start-up-Phase erworben wird.“

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Hierfür biete Gründer Wolfgang Grenke der Grenke AG „die Übernahme der Franchisebeteiligungen“ seiner Holding-GmbH CTP an - und zwar bis Ende 2021. Vorstand und Aufsichtsrat zögen das Angebot in Erwägung, der unabhängige Wirtschaftsprüfer solle es prüfen, erklärte der Konzern.

Außerdem lässt Wolfgang Grenke sein Mandat als stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender „mit sofortiger Wirkung ruhen, bis die Vorwürfe hinsichtlich etwaiger Interessenkonflikte vollständig ausgeräumt sind“, hieß es in der Mitteilung. Dies gelte auch für seine Aufsichtsratsposten bei der Grenke Bank und der Schweizer Grenkeleasing AG. Gleichzeitig bekannte er sich zum Unternehmen: Die Familie Grenke werde ihre Anteile von insgesamt 40,84 Prozent langfristig halten.

Laut Bloomberg erwägt nun auch die Finanzaufsicht Bafin, die Bilanzierungspraktiken des Unternehmens zu untersuchen. Damit würde die Prüfung auf eine höhere Ebene verlagert und mehr Gewicht haben als durch eine Begutachtung der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR). Die Bafin dürfte einen Wirtschaftsprüfer mit einer Inspektion der Grenke-Konten beauftragen, schreibt Bloomberg unter Berufung auf Insider. Mit welcher formalen Begründung sie dies rechtfertigt, sei nicht klar.

Bisher hatte es geheißen, die Bafin könne im Rahmen des zweistufigen deutschen Prüfverfahrens nur nach „gravierenden Zweifeln“ an der Arbeit der DPR tätig werden, oder, wenn ein Unternehmen die Zusammenarbeit mit der Prüfstelle verweigert. Doch die Aufsichtsbehörde stehe unter Handlungsdruck – auch, weil sie in der Kritik steht, bei der Aufklärung des Wirecard-Betrugs versagt zu haben.

Die Grenke-Aktie verlor am Montag zeitweise knapp zehn Prozent und zählte damit zu den größten Verlierern im Nebenwerteindex MDax.

Schwere Anschuldigungen

Der Investor Fraser Perring hatte vergangene Woche in einem umfassenden Dokument schwere Anschuldigungen gegenüber Grenke gemacht. Von Betrug und Geldwäsche war die Rede, von überteuerten Firmenkäufen und Interessenkonflikten. Der Aktienkurs brach vergangenen Dienstag um mehr als die Hälfte ein und war auch nach mehreren Statements des Konzerns auf Schlingerkurs.

Am Freitag traten Vorstandschefin Antje Leminsky und Vorstand Sebastian Hirsch in zwei Telefonkonferenzen mit Reportern und Analysten den Vorwürfen entgegen. „Unser Ziel ist eine 100-prozentige Aufklärung“, sagte Leminsky. „Hier ist völlig grundlos ganz viel Porzellan zerschlagen worden und Vertrauen verloren gegangen. Dieses Vertrauen wollen wir zurück.“ Man verwehre sich gegen jegliche Vergleiche mit dem inzwischen insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard.

Das Analysehaus Viceroy Research von Fraser Perring, der sich bereits mit Wirecard angelegt hatte und als Shortseller selbst vom Verfall der Aktien profitiert, sieht bei Grenke zahlreiche Probleme. Aus Aktionärssicht sind vor allem drei relevant:

  1. Grenke habe um die Kerngesellschaft herum ein undurchsichtiges Geflecht von personell oder finanziell verbundenen Firmen geschaffen, das im Geschäftsbericht nicht erläutert wird. Hier fehle es an Transparenz.

  2. Zu vermuten sei, dass Grenke über das System entweder Scheinumsätze in Goodwill, also überhöhte Bilanzbewertungen verwandele oder Geld aus dem Konzern herausschleuse.

  3. Grenke weise in der Folge einen überhöhten Bargeld-Bestand aus. „Viceroy glaubt, dass signifikante Teile des Cash-Bestands von Grenke nicht existieren“, heißt es im Report explizit.

Den Vorwurf, dass Grenke Abschreibungen unterlassen habe, um zu hohe Gewinne auszuweisen, will Grenke mit einer Sonderprüfung ausräumen. Diese soll jedoch durch den bisherigen Jahresprüfer KPMG erstellt werden.

Commerzbank: Grenke soll Struktur vereinfachen

Die Commerzbank ordnete am Montag die Lage in einer Kurzanalyse ein. In dem unter dem Titel „Grenke – Time for Change“ überschriebenen Kurzreport äußert sich das Geldhaus zu aus seiner Sicht notwendigen Konsequenzen: Um das Vertrauen der Anleger wiederzugewinnen, solle Grenke die Unternehmensstruktur vereinfachen und Interessenkonflikte beseitigen.

Als Kursziel gibt die Commerzbank 50 Euro aus, knapp 20 Euro mehr als derzeit, aber rund fünf Euro unter dem Kurs vor dem Absturz. Dabei plädiert die Commerzbank, „alle Franchise-Unternehmen in der Bilanz zu konsolidieren“. Auch solle Grenke ihrer Ansicht nach die Franchise-Struktur generell überdenken: Eine Anpassung könnte etwa eine attraktive, variable Bonuskomponente für Franchise-Nehmer beinhalten.

Wolle Grenke an der bisherigen Franchise-Struktur festhalten, so müsse Wolfgang Grenke seine Anteile an der Schweizer Sacoma AG, der Wiederum die Holding-GmbH CTP gehört, an die Grenke AG oder einen unabhängigen Dritten verkaufen, fordert die Commerzbank.

Sacoma spielt eine Schlüsselrolle in der Finanzierung der Auslands-Franchisefirmen und gehört mittlerweile Wolfgang Grenke. Mit der Ankündigung vom Montag, der Grenke AG die Übernahme der Franchisebeteiligungen anzubieten, könnte der Gründer dieser Empfehlung nachkommen.

Die Commerzbank fordert Grenke zudem dazu auf, den Vorbesitzer von Sacoma offenzulegen. In der Telefonkonferenz vom Freitag hatte das Unternehmen lediglich geäußert, dass es kein Mitglied der Familie Grenke sei. Aus Sicht der Commerzbank wäre die Offenlegung „ein großer Schritt zurück in Richtung Normalität“.

Bis die Ergebnisse der Sonderprüfung durch KPMG vorlägen, empfiehlt die Commerzbank dem Management mit Blick auf die Unternehmenstransparenz, sich auf einige „niedrig hängende Früchte“ zu konzentrieren. Grenke solle dafür unter anderem alle relevanten Kapitalquoten offenlegen und die risikogewichteten Aktiva detailliert aufschlüsseln.

Derweil stellte sich Grenke-Großaktionär Gané hinter den Konzern. „Wir können aus den Vorwürfen keine Anhaltspunkte ableiten, dass der Konzernjahresabschluss der Grenke AG zum 31. Dezember 2019 nicht ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt“, erklärte der Vermögensverwalter mit Sitz in Aschaffenburg. Dennoch seien Änderungen in der Struktur der Firma notwendig. Gané hält nach eigenen Angaben neun Prozent an Grenke.