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Die größte Gefahr droht der Wissenschaft von innen

Indem Wissenschaftsorganisationen den "March for Science" unterstützen, befördern sie den bedenklichen Trend der Politisierung. Der Freiheit der Wissenschaft dient das nicht.

Natürlich war das eigentlich eine gute Sache, dieser „March for Science“. Denn natürlich ist es höchst kritikwürdig, dass US-Präsident Donald Trump die staatliche Finanzierung von Klima- und Umweltforschung durch die „Environmental Protection Agency“ austrocknen will. Und natürlich ist es ebenso kritikwürdig, wenn die ungarische Regierung die vom Milliardär George Soros finanzierte Central European University mit einem höchst fragwürdigen neuen Hochschulgesetz schließen lassen will.

Gar nicht zu reden von den viel, viel verheerenderen Maßnahmen des Erdogan-Regimes in der Türkei, wo Tausende Wissenschaftler auf Geheiß aus Ankara entlassen wurden, und wo die Evolutionsbiologie mittlerweile aus den Schullehrplänen gestrichen wurde.

Das Geschmäckle, das von der gestrigen Großveranstaltung zurückbleibt, verursacht aber der Unterstützerkreis des „March for Science“. Denn da stehen nicht nur viele bekannte Professoren aus allen möglichen Ländern, sondern auch zahlreiche deutsche Organisationen: Universitäten, Institute, Fachgesellschaften, Stiftungen. Die Liste reicht von der Abteilung für Neurologie der Sporthochschule Köln bis zur Zoologischen Gesellschaft Frankfurt.

Und nicht zuletzt steht da die „Allianz der Wissenschaftsorganisationen“, die Dachorganisation der Wissenschaft in Deutschland, zu der unter anderem die Hochschulrektorenkonferenz, die Max-Planck-Gesellschaft und der Deutsche Akademische Austauschdienst gehören.

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In ihrer Pressemitteilung heißt es:
„Der Demonstrationszug ist ein wichtiges und deutliches Zeichen für die Freiheit der Wissenschaften. Er richtet sich gegen die Angriffe, denen diese Freiheit derzeit in einer ganzen Reihe von Gesellschaften und Staaten auch mitten in der Europäischen Union ausgesetzt ist. Antidemokratische und wissenschaftsfeindliche Handlungen und Strömungen, verantwortet von politischen Entscheidungsträgern oder populistischen Bewegungen, bedrohen die Arbeit und die Werte der Wissenschaften und aller in ihr Tätigen. Sie beeinträchtigen die gesellschaftliche Leistungsfähigkeit der Wissenschaften und rühren zugleich an die Grundprinzipien liberaler Verfassungsordnungen und offener Gesellschafts- und Lebensformen. Beidem müssen die Wissenschaft und ihre Organisationen nicht nur um ihrer selbst willen entschieden entgegentreten.“

Die Freiheit der Wissenschaft zu verteidigen, ist natürlich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht dieser Organisationen und Verbände. Und doch ist dieses Bekenntnis problematisch. Denn die Demonstration, zu der sich die deutsche Wissenschaft in einer wohl beispiellosen institutionellen Geschlossenheit bekennt, ist nicht wirklich politisch neutral. Zumindest dürfte sie nicht so wahrgenommen werden.

Sie richtet sich – das wurde schon in zahlreichen Pressevorberichten so interpretiert und ließ sich auch aus vielen Parolen und Plakaten der Demonstranten so folgern - unmittelbar gegen die Regierung Trump. Der Passus in der Pressemitteilung: „auch mitten in der Europäischen Union“ ist außerdem ein ziemlich unmissverständlicher Hinweis auf die Regierung Orbán in Ungarn. Die deutschen Wissenschaftsorganisationen beziehen also eindeutig eine politische Position. Und zwar eine, die ihre eigenen Interessen, die sich auf Deutschland beschränken, überhaupt nicht tangiert.


Bedrohung aus dem Innern der Wissenschaft

Es ist kein Geheimnis, dass der "March for Science" einem Vorbild nacheifert: Dem Women’s March, bei dem im Januar Hunderttausende Frauen und Männer auf die Straße gingen. Viele setzten sich dazu den so genannten „Pussy Hat“, eine rosafarbene Wollstrickmütze auf. Das sollte Zeichen des Protests gegen sexistische Aussagen von Donald Trump sein – man erinnert sich: „Grab them by the pussy…“.

Auch Politikerinnen und Politiker deutscher Parteien, vor allem der Grünen, ließen sich mit dieser Kopfbedeckung ablichten. Nun gut, von Politikern kann man erwarten, dass sie sich öffentlich und demonstrativ für politische Ziele und gegen politische Gegner inszenieren. Dafür sind sie da.

Der „March for Science“ wurde nicht nur in den USA zweifellos als vor allem gegen die Trump-Regierung gerichteter, also politischer Protest gesehen. Das war auch das kaum verhohlene Ziel der Organisatoren. Natürlich legitim. Natürlich kann auch jeder Wissenschaftler sich politisch äußern und engagieren. Natürlich auch in politischen Fragen, die sein Forschungsgebiet nicht betreffen.

Aber das gilt nicht für wissenschaftliche Organisationen. Die sind nicht als Plattformen für kollektive politische Bekenntnisse gedacht, sondern unterliegen aus guten Gründen einem politischen Neutralitätsgebot. Organisationen wie die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie oder die Ruhr-Universität Bochum haben nicht Stellung zu beziehen für oder gegen die Politik des amerikanischen oder ungarischen Präsidenten. Niemand hat ihnen dafür ein politisches Mandat erteilt. Das sollten sie daher jedem einzelnen Bochumer Uni-Angehörigen und Mikrobiologen selbst überlassen.

Durch ihre öffentliche Unterstützung einer Großdemonstration, die als parteipolitische Stellungnahme interpretiert werden muss, erscheinen die Wissenschaftsorganisationen nun selbst zumindest in den Augen der Öffentlichkeit als ein parteiischer politischer Akteur, der sich womöglich vor den Karren wissenschaftsfremder Interessen spannen lässt.

Völlig unbeachtet blieben beim March for Science bezeichnenderweise die Gefahren für die Wissenschaft, die im Wissenschaftsbetrieb selbst lauern. Die sind möglicherweise nicht weniger mächtig als die von außen kommende Wissenschaftsfeindschaft von Donald Trump oder Victor Orban. Dass „wissenschaftlich fundierte Tatsachen geleugnet“ werden, wie die Veranstalter feststellen, ist nämlich nicht nur in der Politik, sondern auch im akademischen Betrieb selbst, ein weit verbreitetes Phänomen.

Die Leugnung biologischer Erkenntnisse und Evidenzen ist sogar die Grundlage einer ganzen Wissenschaftsdisziplin. Sie nennt sich Gender Studies, umfasst mittlerweile rund 200 Professuren allein in Deutschland und bildet die ideologische Grundlage der als Gender Mainstreaming bekannten Gleichstellungspolitik in fast allen westlichen Ländern.

Hier hat sich seit zwei bis drei Jahrzehnten zwischen akademischem Betrieb und Politik eine symbiotische Beziehung entwickelt, in der wissenschaftliche Evidenzen (wie die Notwendigkeit von Zweigeschlechtlichkeit zur Fortpflanzung bei fast allen Arten inklusive Mensch) konsequent geleugnet und als "Biologismus" diskreditiert werden - zu Gunsten von „Fake“ (nämlich der Annahme der allein gesellschaftlichen Konstruktion des Geschlechts).

Ein öffentlichkeitswirksamer orchestrierter Protest ernsthafter Wissenschaftler gegen dieses akademisch getarnte und politisch höchst erfolgreiche Gesellschaftsveränderungsprogramm steht leider noch aus.