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Wie die Grünen die Superreichen besteuern wollen

Parteitag in Münster - Wie die Grünen die Superreichen besteuern wollen

Stundenlang wurde diskutiert – nur das Showlaufen der vier Anwärter auf die Spitzenkandidatur für die Bundestagswahl 2017 musste ausfallen. Robert Habeck, Umweltminister Schleswig-Holsteins, musste wegen der Geflügelgrippe in seinem Bundesland vorzeitig nach Kiel zurückreisen. Der Schlagabtausch zwischen ihm, Parteichef Cem Özdemir sowie den beiden Fraktionschefs Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter wurde abgesagt.

Einem anderen Schlagabtausch konnte die Geflügelgrippe dagegen nichts anhaben: dem über die Vermögenssteuer. Seit Monaten streiten die Grünen über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer. Zwei Jahre lang war es einer Kommission unter Leitung von Parteichefin Simone Peter nicht gelungen, zwischen den Parteilinken und den Realos eine Einigung herbeizuführen.

In Münster einigten sich die Grünen nun darauf, mit dem Ziel einer „verfassungsfesten, ergiebigen und umsetzbaren Vermögenssteuer für Superreiche“ in den Bundestagswahlkampf zu ziehen – gegen massiven Widerspruch des grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Der Regierungschef aus Baden-Württemberg ist der prominentester Gegner der Steuer, mit der „die Superreichen in diesem Land einen angemessenen Beitrag leisten zur Finanzierung des Gemeinwesens“, wie Fraktionschefin Göring-Eckardt sagte. In seiner Rede machte Kretschmann klar, dass er „mit aller Macht“ dagegen kämpfen wolle. Es ist also kaum davon auszugehen, dass sich Kretschmann an den Parteitagsbeschluss hält, wie führende Grüne es jetzt eigentlich von ihm erwarten.

Damit wäre dann aber das Thema immer noch nicht vom Tisch. Eigentliches Ziel führender Grünen in Berlin war, eine Einigung vor allem aus dem Grund herbeizuführen, um im Wahlkampf nicht als zerstrittene Truppe dazustehen.

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Doch die Einigung über die „Superreichensteuer“ hat ohnehin ihre Lücken. Wer ist superreich? Ab welchem Einkommen soll die Steuer greifen? Gibt es konkrete Steuersätze? All das wurde in dem Antrag offen gelassen – nicht ohne Grund. Schließlich wollen die Grünen nach den Wahlen im Bund 2017 wieder regieren, bislang allerdings sich nicht vorzeitig festlegen, mit wem. Auf dem Parteitag spielte diese Frage bislang jedenfalls so gut wie gar keine Rolle.


Tendenz gegen Schwarz-Grün

Der Beschluss der Grünen lässt nun viele Optionen offen – doch dass die Forderung nach einer Superreichensteuer eine schwarz-grüne Koalition begünstigt, ist nicht zu erwarten. Dementsprechend hart dagegen argumentierte der Schwabe, der im Ländle sogar einer grün-schwarzen Koalition vorsteht. „Die Vermögenssteuer schwächt den Mittelstand“, las er seinen Parteifreunden die Leviten. Und das sei schlecht für die gesamte Gesellschaft.

Kretschmann genießt eine hohe Popularität, vor allem in seiner Heimat, auch als möglicher Bundespräsident wird er derzeit gehandelt, doch in Münster mochten die Delegierten seine Skepsis nicht teilen.

„Selbstverständlich legen wir dabei besonderen Wert auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Innovationskraft von Unternehmen“, heißt es lediglich in dem Beschluss zur Vermögens- und Erbschaftsteuer. Letztere soll nur noch einmal angefasst werden, „wenn das Verfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit feststellt“.

Auch am heutigen Sonntag ist eine kontroverse Debatte zu erwarten – beim Thema Energie- und Verkehrswende. Zwar wurde dem Antrag, Daimler-Chef Dieter Zetsche wieder auszuladen, nicht stattgegeben. Doch damit sind die Gegner der Entscheidung des Bundesvorstandes, einen so prominenten Vertreter der Automobilindustrie einzuladen, nicht lammfromm geworden. Immerhin können sie für sich verbuchen, dass noch vor dem -Boss Jürgen Resch reden darf. Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe gilt wegen seiner dauernden Kritik an der Automobilindustrie als Feindbild Nummer eins der Branche.

KONTEXT

Die Baustellen der Grünen

Steuern

Sollte man die Vermögensteuer wieder einführen oder besser die Erbschaftsteuer reformieren? Oder beides? Oder keins von beidem? Das Thema Steuererhöhungen hat die Grünen rund um die Bundestagswahl 2013 geradezu traumatisiert. Jetzt lautet die Devise: Nicht nochmal Steuerwahlkampf. Aber Vertreter der Realos und der Linken streiten munter weiter um das V-Wort. Auf dem Parteitag soll ein Kompromiss beschlossen werden - schon jetzt bezweifeln viele, dass er hält.

Farbspiele

Bald sind die Grünen in elf Landesregierungen, sie koalieren mit der CDU, der SPD, den Linken und der FDP. Und im Bund? Da es für Rot-Grün nicht reicht, heißen die Alternativen Rot-Rot-Grün und Schwarz-Grün. Kann man besser mit Sahra Wagenknecht ganz links oder mit CSU-Chef Horst Seehofer? Offiziell soll die Partei unabhängig in den Bundestagswahlkampf ziehen. Tatsächlich schimmern die Koalitionsvorlieben der Parteiflügel aber ständig durch.

Führungskrise

Die Parteichefs Cem Özdemir und Simone Peter sind selten einer Meinung und zögern auch nicht, das über Interviews mitzuteilen. Die Sticheleien und Machtspielchen gehen inzwischen vielen Grünen auf die Nerven, sie wünschen sich mehr Souveränität und Kompromissbereitschaft an der Parteispitze.

Kretschmann

Er ist der erste grüne Ministerpräsident. Er ist sehr beliebt. Und er ist für manche eine echte Provokation. Sticht der Baden-Württemberger mit Absicht ins Wespennest, wenn er die Bundeskanzlerin lobt oder Positionen des linken Flügels brüsk ablehnt? Seine Fans sind sicher: "Kretsch" sagt einfach nur, was er denkt. Dass er auch noch als möglicher Bundespräsident gehandelt wird, macht es für seine Kritiker nicht einfacher.

Urwahl

Eigentlich wollen die Grünen sich damit Streit ersparen. Denn die Basis darf bestimmen, wer Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2017 wird. Um den Männerplatz im Spitzenduo konkurrieren ein Öko vom linken Flügel (Anton Hofreiter) und zwei Realos (Cem Özdemir und Robert Habeck). Das setzt sie unter Profilierungsdruck und kann Kompromisse erschweren. Mitte Januar ist damit aber Schluss - dann steht der Gewinner fest.