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Grüne wollen Mittelstand bei CO2-Preis entlasten

Die von den Grünen geführte Regierung in Baden-Württemberg will für eine Entlastung des Mittelstandes beim CO2-Preis sorgen. Eine Bundesratsinitiative ist bereits vorbereitet.

Um den CO2-Preis in den Sektoren Verkehr und Wärme war lange gerungen worden. Foto: dpa
Um den CO2-Preis in den Sektoren Verkehr und Wärme war lange gerungen worden. Foto: dpa

Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) will die Ausnahmen vom CO2-Preis für die Wirtschaft deutlich unbürokratischer handhaben. Ein entsprechender Entschließungsantrag, den das Landeskabinett am Dienstag verabschieden will, soll in den Bundesrat eingebracht werden. Die Länderkammer könnte den Antrag dann auf ihrer nächsten Sitzung am 12. Februar beschließen.

Nach Überzeugung Unterstellers sind die Pläne der Bundesregierung zur Entlastung von Unternehmen im Zusammenhang mit dem CO2-Preis unzureichend. In dem Antrag, der dem Handelsblatt vorliegt, heißt es daher, die von der Bundesregierung geplanten Regelungen stellten „insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine große und in vielen Fällen kaum überwindbare Hürde dar“.

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Es sei zu befürchten, dass die durch die Entlastungsregelungen erzielbaren Einsparungen „durch den damit zugleich verursachten Aufwand aufgezehrt werden und so ihr Ziel verfehlen“, heißt es in dem Antrag weiter. Die Regelungen müssten daher auf ihre Anwendbarkeit in der unternehmerischen Praxis sorgfältig geprüft werden.

Selbstverständlich müssten die Unternehmen dazu beitragen, um die Zukunftsaufgabe Klimaschutz zu lösen, sagte Untersteller dem Handelsblatt. Der neue CO2-Preis sei für viele Unternehmen eine Herausforderung.

„Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, für Gießereien oder Textilveredler beispielsweise, ist es nicht immer leicht, Produktionsprozesse und Betriebsabläufe klimafreundlich zu gestalten“, sagte der Grünen-Politiker. „Wenn wir deren internationale Wettbewerbsfähigkeit und den Wirtschaftsstandort als Ganzes nicht gefährden wollen, müssen wir Mechanismen haben, die diese Unternehmen nicht überfordern. Im Klartext: Entlastungsregelungen, die den nötigen Spielraum schaffen, um das Unternehmen auf Klimaschutzkurs zu bringen.“

Nachteile im internationalen Wettbewerb ausschließen

Um den CO2-Preis in den Sektoren Verkehr und Wärme war lange gerungen worden. Erst nach monatelangen Debatten gelang der Bundesregierung der Durchbruch. Seit dem 1. Januar gilt nun das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG). Die Emission von CO2 wird in den Sektoren Wärme und Verkehr mit 25 Euro je Tonne bepreist, in den kommenden Jahren steigt der Wert.

Von Anfang an war klar, dass bestimmte Branchen entlastet werden müssen, um Doppelbelastungen zu vermeiden und Nachteile im internationalen Wettbewerb auszuschließen. Insgesamt drei Verordnungen dienen diesem Zweck. Der Antrag Unterstellers zielt auf eine dieser drei Verordnungen ab, nämlich auf die BEHG-Carbon-Leakage-Verordnung (BECV), die am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden soll.

Der Grundgedanke der Regelung: Unternehmen, die fossile Brennstoffe einsetzen, werden durch das BEHG Kosten ausgesetzt, die sie nicht auf die Produktpreise abwälzen können, wenn ausländische Wettbewerber keiner solchen CO2-Bepreisung unterliegen und Abnehmer der Produkte entsprechend auch nicht bereit sind, die Mehrkosten zu tragen. Dieser Druck birgt die Gefahr, dass die Unternehmen Produktion in Länder verlagern, in denen es keine CO2-Bepreisung gibt. Dieses Phänomen wird „Carbon Leakage“ genannt.

Der BECV-Entwurf sieht vor, dass Unternehmen einen finanziellen Ausgleich beantragen können, wenn ihnen durch die mit dem nationalen Brennstoffemissionshandel einhergehende CO2-Bepreisung Nachteile entstehen. Im Grundsatz folgt das im Entwurf zur BECV enthaltene Beihilfensystem den Ansätzen für den Carbon-Leakage-Schutz im europäischen Emissionshandelssystem. Laut Entwurf sollen insgesamt rund 1.500 bis 2.000 Unternehmen die finanzielle Unterstützung beantragen können.

Immense Berichtspflichten

Unternehmen, die einen finanziellen Ausgleich in Anspruch nehmen wollen, stehen jedoch vor hohen Hürden. Dem BECV-Entwurf zufolge sind einerseits immense Berichtspflichten zu erfüllen. Andererseits besteht die Verpflichtung, einen erheblichen Teil der Ausgleichszahlung für Klimaschutzinvestitionen zu verwenden.

Das sei zwar „grundsätzlich“ richtig, heißt es in Unterstellers Antrag. Er fordert die Bundesregierung jedoch auf, „den Anteil der Zweckbindung der Kompensationszahlungen für Klimaschutzinvestitionen zu flexibilisieren“. Dies müsse abhängig davon geschehen, „welches Klimaschutzniveau die Unternehmen bereits erreicht haben“.

Die Carbon-Leakage-Regelungen müssten „so einfach und wirkungsvoll wie möglich gemacht sein“, sagt Untersteller. Die Verordnung enthalte zu viele bürokratische Vorschriften für die kleinen und mittleren Unternehmen. „Sie werden durch übermäßige Berichts-, Dokumentations- und Rechenschaftspflichten zusätzlich belastet.“ Mit dem Antrag solle erreicht werden, dass die Verordnung überprüft und entschlackt werde.

Praktiker teilen die Forderungen Unterstellers. Der aktuelle Verordnungsentwurf sei „ein bürokratisches Monstrum“, sagte der Klimarechtsexperte Gernot Engel von der Kanzlei Luther. Gerade kleine und mittlere Unternehmen drohten an den bürokratischen Hürden zu scheitern. „Der deutsche Alleingang mit einem zusätzlichen nationalen Emissionshandel droht zu scheitern, bevor er überhaupt richtig angefangen hat“, sagte Engel weiter.

Dass die Initiative für einen praxisnäheren, industriefreundlicheren Carbon-Leakage-Schutz ausgerechnet von einem grünen Umweltminister ausgeht, ist bemerkenswert. Gerade die Grünen hatten in den vergangenen Jahren immer darauf gepocht, vergleichbare Kompensationsregeln – etwa im europäischen Emissionshandel oder auch beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – möglichst restriktiv zu handhaben.

Dass sie nun der Industrie und insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen entgegenkommen, ist auch vor dem Hintergrund sich bietender Machtkonstellationen auf Bundesebene zu sehen, etwa in Form einer schwarz-grünen Koalition nach den Bundestagswahlen im September. Darüber hinaus muss sich die von Winfried Kretschmann (Grüne) geführte baden-württembergische Landesregierung im März Landtagswahlen stellen.