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Grüne legen Fünf-Punkte-Plan für „Corona-App 2.0“ vor

Die Bundesregierung plant Änderungen an der Corona-Warn-App, um deren Wirksamkeit zu erhöhen. Den Grünen ist die Ankündigung zu vage.

Auf ihre Corona-Warn-App lässt die Bundesregierung nichts kommen. Gerade wegen steigender Infektionsrisiken im Herbst und Winter sieht sie darin ein gutes Hilfsinstrument zur Eindämmung der Pandemie. Deshalb findet sich die App auch in der Bund-Länder-Vereinbarung von dieser Woche wieder.

Am Mittwochabend hatten Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten bei einem Krisentreffen in Berlin neue Beschränkungen beschlossen, um die Infektionszahlen wieder unter Kontrolle zu bekommen. Dabei gaben sie auch die „dringende Empfehlung“ aus, die Corona-Warn-App nach Möglichkeit zu nutzen.

Für die Anwendung wurden sogar die sogenannten AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmasken), mit denen Deutschland bislang vergleichsweise gut durch die Pandemie kam, erweitert. Hinzugekommen ist neben einem "L" für Lüften ein "C" für die Corona-App. Künftig gilt also in Deutschland die „AHACL“-Regel.

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Doch die Wirksamkeit der App leidet unter einem eingeschränkten Nutzungsverhalten: Zwar gebe es 18,2 Millionen Nutzer und damit so viele wie für alle anderen europäischen Warn-Apps zusammen, sagten Kanzleramtschef Helge Braun, Gesundheitsminister Jens Spahn und Deutsche-Telekom-Chef Timotheus Höttges kürzlich übereinstimmend. Inzwischen ist die App rund 19,6 Millionen Mal heruntergeladen worden. Experten gehen davon aus, dass die Anwendung von rund 16 Millionen Menschen in Deutschland aktiv genutzt wird.

Aber Spahn verwies zuletzt darauf, dass viele Corona-Infizierte auch 100 Tage nach der Einführung der App dort ihr positives Testergebnis nicht eintragen würden. Ihre Kontaktpersonen erhalten somit auch keine entsprechende Warnung.

Für die Grünen kommt die Schilderung nicht überraschend. „Leider hat die Bundesregierung alles dafür getan, den Erfolg der App zu gefährden“, sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz dem Handelsblatt. Durch ein monatelanges Hin und Her habe sie unnötig viel Zeit, Geld und Vertrauen verspielt. Sie habe es zudem verpasst, ein Begleitgesetz vorzulegen, das Vertrauen aufbaue und Rechtssicherheit schaffe. „Seit sie die App präsentiert hat, scheint die Bundesregierung in Untätigkeit gefallen zu sein.“

App als „Corona-Informationsportal“

Vor diesem Hintergrund und angesichts der steigenden Corona-Infektionszahlen fordern die Grünen jetzt, bestehende Defizite der Corona-Warn-App rasch zu beheben. In einem als „Fünf Punkte für die Corona-App 2.0“ bezeichneten Plan schlagen sie zudem neue Funktionen für die Anwendung vor. „Die steigenden Infektionszahlen besorgen uns sehr, die Bundesregierung hätte längst handeln müssen“, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem Handelsblatt. Die lange bekannten Defizite der App müssten jetzt „schnellstmöglich“ behoben werden.

Zu den „eklatanten“ Mängeln der App zählt von Notz etwa den Umstand, dass viele Labore bis heute nicht an das System angeschlossen seien und Testergebnisse in der App nicht abgebildet würden. Außerdem seien die für einen tatsächlichen Nutzen der App benötigten Nutzerzahlen trotz massiver Werbekampagnen nicht erreicht worden.

Göring-Eckardt nannte die Nachverfolgung von Kontakten einen „zentralen Baustein“ beim Kampf gegen die Pandemie. „Die App könnte gerade jetzt helfen, mehr Schutz und Service zu bieten“, betonte sie. „Darüber hinaus sollte die Bundesregierung konkrete Schritte unternehmen, um die Attraktivität der App zu erhöhen und mehr Nutzerinnen und Nutzer zu gewinnen.“

Die Grünen regen hierfür den Ausbau der App zu einem „Corona-Informationsportal“ an. „Es genügt nicht, auf die geltenden Verordnungen zu verweisen – es braucht eine redaktionelle, nutzerfreundliche Aufbereitung in verschiedenen Sprachen samt Grafiken“, heißt es in dem Positionspapier der Fraktion, das dem Handelsblatt vorliegt.

SAP und Telekom kündigen neue Funktionen an

Außerdem schlagen sie eine Erweiterung der App um ein Kontakt-Tagebuch vor. Nicht jeder könne sich über Tage daran erinnern, wann und wo er mit anderen Menschen in Kontakt gekommen sei. Diese Informationen seien jedoch „essenziell“, um Infektionsketten zu unterbrechen. „In der App sollte daher eine Notizfunktion bereitgestellt werden, in der schlagwortartig Informationen, Standorte und Reiseverläufe als Gedächtnisstütze eingetragen werden können.“

Die Grünen wollen über die App auch den Zugang zu Tests bei einem erhöhtem Corona-Risiko erleichtern. „Die höchste Warnstufe der App muss den Zugang zu einer direkten Beratung einer Telefon-Hotline des öffentlichen Gesundheitsdienstes eröffnen, die, soweit dieser erforderlich ist, auch zu einem kostenlosen Test berechtigt.“

Um die Nutzung der App möglichst vielen Menschen zu ermöglichen plädieren die Grünen überdies dafür, ein ähnliches Angebot auch für Alternativen wie Armbänder und Schlüsselanhänger bereitzustellen. „Dabei ist es wichtig, dass wir nicht hinter die bei der App erfolgreich etablierten besten Datenschutz- und IT-Sicherheitsstandards zurückfallen“, heißt es in dem Papier.

Die Corona-Warn-App kann messen, ob sich Handynutzer über eine längere Zeit näher als etwa zwei Meter gekommen sind. Ist ein Nutzer positiv getestet worden und hat dies in der App mitgeteilt, meldet sie anderen Anwendern, dass sie sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben. Dann kann man sich auf Kassenkosten testen lassen.

Am Montag soll die App nun um zwei Funktionen erweitert werden. Zum einen können Positiv-Getestete freiwillig in einer Art Tagebuch Krankheitssymptome eintragen, um die Warnung von Kontakten noch präziser umsetzen zu können. Außerdem wird die App über die Grenzen Deutschlands hinaus in etlichen europäischen Ländern funktionieren. Über das baldige Update mit der Symptomtagebuch-Funktion hatte zuerst der „Spiegel“ berichtet.

Neue Funktionen kommen am Montag

Durch die zusätzlichen Angaben soll die Risikoberechnung der App verbessert werden. Diese ermittelt für Kontaktpersonen von Infizierten, wie hoch ihr Ansteckungsrisiko ist. Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler: „Je mehr wir über die Symptome wissen und den Zeitraum der Symptome kennen, desto genauer können wir die Warnungen in der App einstellen.“ Infizierte Personen seien nur eine bestimmte Zeit lang infektiös. Sie würden andere Menschen nur in diesem Zeitraum anstecken. Diese Zeitspanne beginne typischerweise zwei Tage vor Symptombeginn und dauere bis etwa eine Woche bis zehn Tage nach Symptombeginn.

Die Änderungen an der App waren bereits von SAP und der Telekom angekündigt worden, aber der Zeitpunkt noch unklar. Jetzt wird die neue Version am Montagmittag in den App-Stores von Apple und Google erwartet.

Die Grünen warfen der Bundesregierung „Lethargie“ bei dem Thema vor. Dabei habe die Bund-Länder-Runde im Kanzleramt deutlich gezeigt, „dass es mehr denn je auf vorausschauendes Handeln ankommt“, sagte Fraktionschefin Göring-Eckardt. Die jetzige Ankündigung einer grundlegenden Überarbeitung der App komme daher nicht nur viel zu spät, sie sei auch „viel zu vage“.