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Dieser Gründer vermittelt Laien-Models für den Mittelstand

Andreas von Estorff verknüpft Firmen mit kleinen Werbebudgets mit Menschen, die einmal Model sein wollen. Seine Plattform soll ein Tech-Riese werden.

Andreas von Estorff musste sich einfach in das Business seiner Frau einmischen. Denn vieles lief bei den Modelagenturen vor 33 Jahren nicht so, wie er sich das vorstellte. Das Start-up Modelmanagement.com ist das zweite Unternehmen, mit dem er die Branche digitalisieren und für manche Unternehmen erst zugänglich machen will. Auf der Plattform finden auch Firmen mit kleineren Werbebudgets Models für ihre Kampagnen.

Der Bedarf an Models ist größer denn je: „Unternehmen müssen auf ihren Social-Media-Kanälen heute permanent neue Inhalte liefern“, sagt von Estorff. „Viele können sich die Zusammenarbeit mit Modelagenturen nicht leisten.“ Da soll Modelmanagement.com helfen. Auf dem Portal können sich professionelle Models genauso anmelden wie Menschen, die schon immer mal in einem Werbefilm mitspielen wollten oder Minijobs suchen.

Eine klassische Win-win-Situation – aber auch eine mit Beigeschmack. Von Estorff muss aufpassen, dass sich keine Gaffer ins System einschleichen und sich Models im Bewerbungsprozess vor der Kamera für Jobs ausziehen, die es gar nicht gibt.

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Mehr als 200.000 Kunden hätten sich auf der Suche nach Models für Werbematerial schon registriert, sagt von Estorff, darunter sind Unternehmen wie BMW, Mini und Nissan. Mithilfe von Algorithmen und einer wachsenden Anzahl von Model-Willigen auf der Plattform können Models auch kurzfristig gefunden werden: Suche Mann, Typ Handwerker, morgen 10 Uhr in Düsseldorf.

Je mehr Menschen sich registrieren, desto besser wird der Service für Firmen. Mehr als eine Million Menschen haben laut von Estorff ein Profil angelegt, die meisten in den USA, England und Deutschland. Der gebürtige Aachener hat in Barcelona gegründet und will sein Unternehmen zur Bekanntheit des Unterkunftsvermittlers Airbnb führen. In seiner Vision baut er die erste europäische Riesenplattform.

Geld verdienen mit Kontaktdaten

Angefangen hat alles 1996, als von Estorff seine Frau kennen lernte, ein international aktives Model. So habe er Einblick bekommen in „eine Branche, in der vieles unprofessionell ablief“. Arbeitgeber hätten sich nicht um gute Betriebsführung kümmern müssen, weil so viele Menschen von einer Karriere auf dem Laufsteg träumten.

„Es gab viele Agenturen, die ihr Geld schon wieder ausgegeben hatten, bevor sie die Models bezahlt hatten“, sagt Andreas von Estorff. Damals gründete von Estorff erstmals. Er entwickelte eine Software, um Karteikarten, Kalender und Rechnungen zu digitalisieren.

Er habe den Models auch schon eigene Webseiten einrichten wollen, sei aber auf Ablehnung bei den Vermittlern gestoßen: „Die Agenturen waren damals die Einzigen, die Modelkontakte hatten, und sie wollten ihre Macht nicht verlieren.“ Bei Modelmanagement.com haben Models eigene Seiten. Trotzdem verdient von Estorff Geld mit ihren Kontaktdaten.

Unter anderem durch den Verkauf seiner ersten Firma konnte der Wirtschaftsingenieur seine Idee 2017 mit einer Million Euro Eigenkapital starten. Inzwischen hat er von Angel-Investoren eine weitere Million bekommen.
Einer der Geldgeber ist der Düsseldorfer Christoph Dühr von Arsago Ventures. „Für mich ist der neue Ansatz in einem noch ziemlich klassischen Geschäftsfeld interessant“, sagt Dühr.


Nacktfotos sind verboten

Außerdem habe ihn die Skalierbarkeit überzeugt: „Es gibt keine geografischen Grenzen.“ Modelmanagement.com ersetzt das Geschäft von Modelagenturen, versteht sich aber nicht als solche. Als Model registrieren können sich alle ab 16 Jahren. „Nicht nur blonde Mädchen und der Sixpack-Mann“, sagt von Estorff, „sondern auch der Typ Opa von nebenan“. Im Schnitt erhielten sie pro Auftrag 200 bis 300 Euro.

Die Plattform erhebt zusätzlich eine Gebühr von zehn Prozent bei den Kunden. Das sei deutlich weniger als branchenüblich, sagt von Estorff. Die Vermittlung von Aufträgen darf in Deutschland mit maximal 18 Prozent des Honorars inklusive Umsatzsteuer vergütet werden.

An Unterwäschefotos haben viele Interesse. Von Estorff ist das Risiko bewusst: Models können sich entscheiden, ob sie ihre Fotos öffentlich oder nur registrierten Nutzern zeigen wollen. Und damit sich nicht jeder eine junge Frau für ein nächtliches Shooting buchen kann, überprüfen Mitarbeiter zum Beispiel, ob Nutzer professionelle Internetseiten oder ein LinkedIn-Profil haben.

„Meine Frau ist Model, meine drei Töchter modeln, mir ist die Sicherheit wirklich wichtig“, sagt von Estorff, der außerdem noch einen Sohn hat. Von 100 Registrierungen auf der Seite akzeptiere das Unternehmen nur fünf.
Wie viel die Modelwilligen von sich zeigen und welche Fragen sie von Alter bis Hüftumfang beantworten, bleibt ihnen überlassen.

Handmodels werden genauso gesucht wie Bikinimodels. Nacktfotos sind verboten und werden automatisch geblockt. Von Estorff will keine Pornodarsteller vermitteln, toleriere aber „künstlerische Aktfotografie“.

Algorithmen helfen bei Auswahl

Auf Suchanfragen schlägt die Plattform auch Kandidaten vor, die den Kriterien nicht ganz entsprechen. Dabei kommt maschinelles Lernen zum Einsatz: „Algorithmen wissen manchmal besser als die Kunden, dass sie sich am Ende für eine 30-Jährige statt für eine 20-Jährige entscheiden werden“, sagt von Estorff. Kunden und Kandidaten können sich Nachrichten schreiben oder sich zum Videotelefonat verabreden.

Auch dafür gibt es Sicherheitsvorkehrungen: „Wir informieren die Nutzer, dass sie sich nicht vor der Kamera ausziehen müssen“, sagt der Gründer. Per Knopfdruck können sie einen Mitarbeiter von Modelmanagement.com in den Videoanruf zuschalten oder nachträglich veranlassen, dass der Kunde überprüft wird.

Allerdings räumt von Estorff ein, dass das Team nur an Wochentagen zwölf Stunden lang erreichbar ist. „Wir versuchen, schräge Vögel von der Plattform zu halten, aber es gibt auch böse Menschen, die Seiten hacken, und wir haben nicht die Möglichkeiten von Facebook.“

Die Verträge schließen Models und Kunden direkt auf der Plattform. Die Vertragsvorlagen sollen unerfahrene Models auch schützen: „Wir schließen aus, dass die Aufnahmen zum Beispiel in der Werbung für Viagra, Medikamente und für Pornografie genutzt werden“, sagt der Gründer.

Die Digitalisierung der Modelagenturen kann Andreas von Estorff möglicherweise vollenden. Dass Menschen sich für einen Modelvertrag auf schlechte Deals einlassen, liegt aber nur teilweise in seiner Hand.