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Das sind die Gründe für die Rekordjagd an Irans Börse

Trotz aller politischen Turbulenzen und militärischen Drohungen steigen die Kurse am Teheraner Aktienmarkt rasant. Das liegt auch am System.

In roter Schrift blinken Firmennamen und Kurse auf der riesigen Anzeigentafel im Handelssaal von Teherans Börse TSE auf. Darunter hängen die Porträts von Staatsgründer Ajatollah Chomeini und des aktuellen Religions- und Revolutionsführers, Ajatollah Ali Chamenei, als würden sie auch hier auf dem Parkett streng über die Einhaltung islamischer Sitten wachen.

Die zumeist weiblichen Broker sitzen mit schwarzen Kopftüchern und körperlangen, schwarzen Kleidern vor ihren Computerbildschirmen, nehmen per Mobiltelefon und PC Kauf- und Verkaufsaufträge an.

„Nicht wundern“, stellt TSE-Direktor Hamid Rouhbakhsh Amoli Moghadam klar: „Alles wird hier in Rot angezeigt, das ist kein Zeichen fallender Kurse.“

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Im Gegenteil: Teherans Börse weist trotz der militärischen Spannungen mit den USA und Washingtons Sanktionen gegen das Land weltweit die beste Performance auf.

Um sagenhafte 133 Prozent sind die im Tedpix-Index erfassten Kurse der an der TSE gelisteten Aktien voriges Jahr gestiegen, auf 377.012 Punkte. Und die Rally ging auch nach der Jahreswende weiter.

Zwar sorgte die Tötung des iranischen Generals Ghassem Soleimani durch eine amerikanische Drohne unweit des Bagdader Flughafens für einen Rückschlag. Innerhalb von zwei Tagen sackten die Kurse um acht Prozent ab.

Doch dann wurde wegen der Trauerfeiern der Börsenhandel einen Tag lang gestoppt, und bereits am 18. Januar gelang dem Tedpix der Sprung über die Marke von 400.000 Punkten.

Dabei muss Irans Ökonomie nicht erst seit der jüngsten Krise mit jeder Menge Hindernisse zurechtkommen. Seit der einseitigen Aufkündigung des internationalen Atomabkommens mit dem Iran durch US-Präsident Donald Trump und der Verhängung „der härtesten Sanktionen aller Zeiten“ im Mai 2018 steht die zweitgrößte Volkswirtschaft am Golf massiv unter Druck.

Die Soleimani-Ermordung und Irans Antwort mit Raketen auf US-Militärbasen im Irak sowie der unbeabsichtigte Abschuss eines ukrainischen Zivilflugzeugs unweit der Hauptstadt Teheran haben die Spannungen in der Region weiter verschärft.

Überraschendes Comeback

Kein Wunder, dass Irans Wirtschaftszeitung „Financial Tribune“ den neuen Börsenrekord ein „überraschendes Comeback“ nennt. Vielleicht ist ein Grund für die überraschende Robustheit, dass dramatische kurzfristige Ausschläge ohnehin unmöglich sind.

Die Behörden haben die Schwankungen innerhalb eines Tages auf plus oder minus fünf Prozent begrenzt. Das ist aber nicht die einzige Besonderheit der iranischen Börse: Dass die Kurse langfristig stark gestiegen sind, liege daran, „dass die allermeisten Unternehmen mehrheitlich von staatlichen Pensionskassen, Fonds der mächtigen religiösen Stiftungen und mit den Revolutionsgarden oder sogar dem obersten Religions- und Revolutionsführer verbandelten Anlagevehikeln gehalten werden“, meint ein Teheraner Aktienhändler, der darauf besteht, anonym zu bleiben aus Sorge um seine persönliche Sicherheit.

Ungewöhnlich sind für europäische Investoren auch die Handelszeiten: An Teherans TSE werden sonnabends bis mittwochs zwischen 9.00 und 12.30 Uhr die Aktien von 314 gelisteten Firmen sowie Anleihen, Optionsscheine, Futures und seit drei Jahren sogar börsennotierte Fonds (ETFs) gehandelt – mithilfe französischer Software.

An Terminals vor dem Börsensaal stehen Menschentrauben von Kleinanlegern, die dort direkt Orders platzieren. Im Börsengebäude haben große iranische Banken und Brokerhäuser Filialen, wo Kunden ebenfalls persönlich Kauf- oder Verkaufsaufträge erteilen können.

Die Spannbreite der gelisteten Unternehmen reicht von großen Konglomeraten wie der Persian Gulf Holding über große Petrochemiefabriken, Autokonzerne wie Iran Khodro, Zementwerke, Zinkhütten, Banken, Pharmafirmen bis hin zu Agrarproduzenten.

Zuletzt war mit der iranischen Seamorgh Company der nach eigenen Angaben größte Geflügel- und Eierproduzent aller Golfstaaten an die Börse gegangen.
Trotz der Rekordjagd an der Börse sieht die fundamentale Lage eher düster aus: Das iranische Bruttoinlandsprodukt ist nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) im abgelaufenen Jahr nach einem bereits leichten Rückgang 2018 um 9,5 Prozent geschrumpft.

Für dieses Jahr rechnet das Institute for International Finance mit einem weiteren Einbruch um 7,2 Prozent, auch weil die USA immer mehr iranische Unternehmen, darunter zuletzt auch die Stahlindustrie, auf die Sanktionslisten gesetzt haben.

Das soll wegen der exterritorialen Anwendung der US-Strafmaßnahmen auch Firmen anderer Länder vom Irangeschäft abschrecken. Die Einnahmen des Irans aus dem Ölexport sind 2019 um 70 Prozent eingebrochen.

Selbst die treuesten iranischen Kunden wie China und Indien haben ihre Ölkäufe erheblich reduziert.

Währung stützt Exporte

Seit die USA den Nukleardeal aufgekündigt haben, hat die Landeswährung Rial im Vergleich zum Dollar zwei Drittel ihres Werts verloren. Aber diese schlechte Nachricht hat auch ihre positiven Seiten, denn von der Abwertung profitieren persische Exporteure, die ihre Produkte in Nachbarstaaten wie den Irak, die Türkei, Afghanistan und Pakistan ausführen.

Den Optimismus der Investoren können die fundamentalen Wirtschaftsprobleme scheinbar ohnehin nicht bremsen: Die Teheraner Industrie- und Handelskammer (TCCIM) hat ausgerechnet, dass iranischen Unternehmen allein in den ersten drei Quartalen des abgelaufenen Geschäftsjahres (bis 21. Dezember) über die Börse umgerechnet 9,9 Milliarden Dollar an frischem Kapital zugeflossen sind.

Das sei eine Steigerung um 196 Prozent im Vergleich zu den ersten neun Monaten 2018.

Große Hoffnungen setzen die Anleger an der TSE jetzt auf Instex – das von Deutschland, Großbritannien und Frankreich gegründete Zahlungssystem, das den Handel mit dem Iran unabhängiger vom international dominierenden US-Dollar machen soll.

Nach Informationen des Handelsblatts soll Instex bereits mit der Abwicklung der ersten Exportgeschäfte begonnen haben.