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Goldman-Tochter soll zur Finanzplattform ausgebaut werden

Im Gespräch mit dem Handelsblatt erklärt Marcus-Chef Harit Talwar die Neuorganisation des Privatkundenablegers der US-Investmentbank und seine Pläne für Deutschland.

Goldman Sachs-Manager Harit Talwar kommt trotz Coronakrise regelmäßig ins Büro. Der Chef der Onlinebank Marcus will den großen Bildschirm und den Desktop-Computer in der Zentrale in New York nicht missen. Schließlich ist er dabei, die neue Phase von Marcus einzuleiten. „Wir werden Marcus in den kommende Monaten mehr zu einer Plattform entwickeln“, sagte er im Gespräch mit dem Handelsblatt, das wie viele andere Meetings und Interviews derzeit nur via Videokonferenz stattfindet.

Vor vier Jahren ist Marcus gestartet, als erster Schritt der einst so verschwiegenen Investmentbank in das hart umkämpfte Privatkundengeschäft. Zunächst bot Marcus nur gut verzinste Sparkonten und Kleinkredite bis 40.000 Dollar an. 2018 folgte der Einstieg in Großbritannien, wo Marcus jedoch nur Sparkonten anbietet und wegen der hohen Nachfrage seit Juni keine neuen Kunden mehr annimmt. 2019 stieg Goldman in das Kreditkartengeschäft ein und ist Herausgeber der Apple-Card.

In den vergangenen Monaten hat Marcus zudem seine Partnerschaft mit Unternehmenskunden weiter ausgebaut. Im kommenden Jahr will Marcus zudem digitale Girokonten anbieten.

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Bei der nun angekündigten Finanzplattform soll zunächst der Fokus auf zusätzlichen Angeboten von Bankdienstleistungen und digitalen Investitionsmöglichkeiten liegen. „Wir haben sehr gute Investmentmanager, die für vermögende und ultravermögende Kunden arbeiten. Künftig wollen wir diese Kompetenz mit unserer digitalen Reichweite verbinden und dadurch mehr Kunden erreichen“, so Talwar, der das Konzept für Goldmans Vorstoß in das Privatkundengeschäft ausgearbeitet hat und Marcus’ erster Mitarbeiter war.

Ab Januar wird Talwar im Zuge einer umfassenden Neuorganisation Verwaltungsratschef für das Konsumentengeschäft. Die operative Führung wird Marcus-Manager Omer Ismail übernehmen. Das Privatkundengeschäft wird dann mit der Vermögensverwaltung zusammengelegt. Die neue Sparte wird von Stephanie Cohen als Co-Chefin geleitet, die derzeit Strategievorständin ist. Zum ersten Mal in der Geschichte des 151-jährigen Finanzinstituts wird damit ein wichtiger Geschäftsbereich von einer Frau geführt.

Künftig soll auch das Start-up Clarity Money stärker in den Fokus rücken, das Goldman 2018 für 100 Millionen Dollar übernommen hatte und nun unter der Marke Marcus Insights läuft. Gegründet wurde Clarity Money von Adam Dell, dem Bruder von Techunternehmer Michael Dell. Das Angebot soll Kunden eine Übersicht geben, wie sie ihr Geld über ihre verschiedenen Konten und Karten ausgeben und wo es Möglichkeiten gibt zu sparen und zu investieren.

Marcus positioniert sich damit gegen die schnell wachsende Konkurrenz von der sogenannten Challengerbank Chime, die mehr Kunden hat als die Goldman-Tochter, sowie die Trading App von Robinhood und die digitalen Angebote der Großbanken JP Morgan Chase und Bank of America.

Auch könnte sich ein weiterer Kreditkartendeal anbahnen. Marcus habe gute Chancen, das Kreditkartengeschäft von General Motors zu übernehmen, berichten US-Medien. Mit ausstehenden Krediten von rund drei Milliarden Dollar würde es Marcus Zugang zu neuen Kunden geben, denen dann wiederum weitere Produkte angeboten werden könnten. Talwar wollte das nicht kommentieren.

Im Juni hatte Marcus eine Kooperation mit Amazon verkündet. So bietet die Goldman-Tochter den Händlern Kreditlinien zwischen 10.000 und 75.000 Dollar an zu einem festen Zinssatz, der sich in einer Spanne von sieben bis 21 Prozent bewegt. Eine ähnliche Kooperation gibt es seit Ende September auch mit Walmart. „Das Management führt damit genau die Strategie aus, die bei dem Investorentag im Januar präsentiert wurde“, kommentiert Brian Kleinhanzl vom Analysehaus KBW.

Marcus zählt mittlerweile Guthaben in Höhe von 92 Milliarden Dollar und ausstehende Kredite in Höhe von sieben Milliarden Dollar. Mit Erlösen von gut einer Milliarde Dollar pro Jahr trägt die Onlinetochter derzeit rund drei Prozent zum Konzernertrag bei. Die Einlagen sind für Goldman jedoch auch eine günstige Quelle der Finanzierung.

Der Vorstoß ins Privatkundengeschäft ist Teil von Goldmans Strategie, weniger abhängig vom volatilen Handelsgeschäft zu werden. Angesichts der Marktturbulenzen zu Beginn der Coronakrise im März boomte der Wertpapierhandel zuletzt wieder, hatte in den Jahren zuvor jedoch deutlich unter stärkeren Regulierungsvorschriften gelitten.

Goldman setzt anders als etwa Konkurrent Morgan Stanley auf kleinere Übernahmen und organisches Wachstum. Morgan Stanley hatte erst vergangene Woche den Vermögensverwalter Eaton Vance für sieben Milliarden Dollar übernommen und acht Monate zuvor den Broker E-Trade für 13 Milliarden Dollar, um sich ebenfalls weniger abhängig vom Investmentbanking zu machen.

Profiteur der Digitalisierung

Marcus hat die Pandemie mehr genutzt als geschadet, so Talwar. „Wir haben im ersten Halbjahr mehr neue Guthaben bekommen als im ganzen Jahr 2019.“ Zwar hat Marcus den angebotenen Zinssatz in den vergangenen Monaten immer weiter gesenkt. Doch mit 0,6 Prozent „ist er immer noch viermal so hoch wie im landesweiten Durchschnitt“. Zudem profitiere die Bank von dem Trend zur Digitalisierung, der seit Corona noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen hat, gerade in der Finanzbranche. „Das hat unserem Geschäft Rückendwind gegeben“, sagt der Marcus-Chef.

Zu den Ausfallraten bei den Krediten und bei Kreditkartenzahlungen wollte er sich nicht im Detail äußern. Die Bank legt am Mittwoch Quartalszahlen vor und sei „sehr zufrieden“ mit der Kreditqualität. Marcus war von Anfang an auf Kunden mit hoher Bonität bedacht und zog die Kreditvergabebedingungen zu Beginn der Coronakrise noch einmal an. Goldman vergibt nun weniger Kreditkarten pro Tag als vor der Pandemie.

Der Markteintritt in Europa wird sich unterdessen verzögern. Schon vor Jahren gab es immer wieder Spekulationen in der Branche, dass Marcus zuerst in Deutschland und später auch in anderen europäischen Ländern starten könnte. „Deutschland hat eine ausgeprägte Sparermentalität. Aber kurzfristig haben wir nicht die Absicht, im deutschen Markt zu starten“, sagt der Marcus-Chef. Marcus wolle sich zunächst weiter auf die USA und auf Großbritannien konzentrieren.