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Ein GM-Veteran soll bei Nikola die Zweifel ausräumen

Nach dem Rücktritt des Gründers Trevor Milton übernimmt Stephen Girsky beim E-Lastwagen-Hersteller. Er fädelte bereits den Deal mit General Motors ein.

Eigentlich ist Stephen Girsky für seinen kritischen Blick auf die Dinge bekannt. Als Analyst hat er die amerikanischen Autohäuser so stark attackiert, dass ihn der damalige General-Motors-Chef Rick Wagoner lieber an Bord holte. Dort hielt es Girsky zwar kein Jahr aus. Aber als die Finanzkrise zuschlug, hatte er das Vertrauen der Gewerkschaft UAW und der Führung und machte später als GM-Vize und Opel-Aufsichtsratschef von sich reden.

Jetzt steht der 58-Jährige als neuer Chef des E-Laster-Start-ups Nikola im Rampenlicht. Nachdem der Gründer und CEO Trevor Milton nach heftigen Vorwürfen des Shortsellers Hindenburg in der Nacht zum Sonntag überraschend zurückgetreten ist, soll Girsky die Führung übernehmen und damit auch das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen.

Hindenburg hatte dem zwischenzeitlich mit 30 Milliarden Dollar bewerteten Unternehmen und dessen Gründer vorgeworfen, Investoren getäuscht und keine eigene Technologie zu haben. Nikola will Lkws mit Batterie- und Brennstoffzellen-Antrieb herstellen.

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Girsky ist bei Nikola dabei schon lange die wichtige Figur im Hintergrund. Mit seiner Beratung Vecto IQ brachte er Nikola vor drei Monaten an die Börse und saß im Board des Unternehmens. Er war es auch, der den großen Deal mit General Motors eingefädelt hat, wie die GM-Chefin Mary Barra gegenüber Analysten bestätigt hat.

GM und Nikola wollen in den GM-Werken einen Elektro-Pick-up mit dem Namen „Badger“ bauen, der dem geplanten Cybertruck von Tesla Konkurrenz machen soll. „Die Tatsache, dass der Gründer Trevor Milton zurücktritt und nicht kämpft, lässt Zweifel aufkommen“, meint die renommierte Beraterin und Kennerin der US-Autoszene Rebecca Lindland von Rebeccadrives. „Aber dass Stephen Girsky die Führung übernimmt, ist ein gutes Zeichen.“

Ein echter New Yorker

Der ehemalige Aston-Martin-Chef Andy Palmer beschreibt Girsky dem Handelsblatt gegenüber als äußerst clever. „Stephen ist ein Smart Cookie“, meint Palmer, der ihn aus den Zeiten kennt, als Nissan eine Allianz mit GM schmieden wollte. „Er ist sehr glaubwürdig in seiner neuen Rolle.“

Rebecca Lindland beschreibt Girsky als ethischen Menschen und als jemanden, der eigentlich gründlich arbeitet und gut zuhört. Bei Start-ups müsse man indes immer auch ein wenig zynisch sein. „Aber Steve ist ein New Yorker. Zynischer geht eigentlich nicht“, sagt sie. Mit ihm an Bord sei es eigentlich schwer zu glauben, dass es sich um einen kompletten Betrug wie bei Theranos handelt. Das Medizin-Start-up hatte bei Investoren Milliarden eingesammelt – doch der Erfolg baute auf einer Lüge auf.

Außerdem, so Lindland, setze Girsky mit Nikola und dem neuen Job seine eigene Reputation aufs Spiel. Als ehemaliger Auto-Analyst von Payne Webber und Morgan Stanley weiß Girsky, wie wichtig das Vertrauen der Investoren ist. Bei Nikola gab es bisher kaum Umsätze zu sehen, sondern nur jede Menge Ideen und namhafte Partner wie eben GM und Bosch.

Zunächst will Nikola Lastwagen mit Batterien fahren lassen, später auch mit Brennstoffzellen. Den Wasserstoff dafür will Nikola in Zukunft selbst produzieren und eine entsprechende Infrastruktur aufbauen. Das gilt in Automobil-Kreisen als sehr ambitioniert. Um Zweifel auszuräumen, sagte Girsky jüngst, eine „Armee“ von Experten und Mitarbeitern hätte beim Börsengang die Firma geprüft. „Ich selbst habe diese Lastwagen viermal gefahren.“

Scharfzüngiger Analyst

Eigentlich ist der im New Yorker Stadtteil Queens aufgewachsene Girsky für ehrlichen Klartext bekannt. Nach seinem MBA an der Harvard University machte er als scharfzüngiger Analyst bei Morgan Stanley den Autobossen das Leben schwer. Den Gewerkschaften sagte er in der Finanzkrise ohne Umschweife, dass GMs Überleben auf dem Spiel stehe. Seine Ehrlichkeit wurde belohnt: Der Pensionsfonds der Gewerkschaften ernannte ihn zum Vertreter im Aufsichtsrat.

Nun muss Girsky beweisen, dass er auch dann ehrlich ist, wenn sein eigenes Investment auf dem Spiel steht. Die Analysten werden seine Schritte jedenfalls genau verfolgen. Girsky sei „wahrscheinlich besser geeignet für die nächste Phase der Exekution in der Entwicklung des Unternehmens“, meint JP-Morgan-Analyst Paul Coster. „Aber Trevor Miltons Rücktritt könnte sich auf die Partner- und Kundenbeziehungen auswirken, die er aufgebaut hat, und die Moral der Mitarbeiter ist wahrscheinlich auch sehr fragil in diesem Moment.“