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Globale Digitalsteuer: Kampf gegen Steuervermeidung gerät ins Stocken

Die Finanzminister ringen weiter um die Besteuerung von Digitalkonzernen. Dabei ist noch nicht mal das globale Steuerabkommen von 2017 vollständig umgesetzt.

Der Finanzminister hat den Kampf gegen Steuervermeidung auf internationaler Ebene unterschätzt. Foto: dpa
Der Finanzminister hat den Kampf gegen Steuervermeidung auf internationaler Ebene unterschätzt. Foto: dpa

Es sind nur vage Andeutungen, doch sie dürften Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hoffnungsfroh stimmen. Seine neue US-Kollegin, Janet Yellen, hat sich offen für ein internationales Abkommen zur Besteuerung von Digitalkonzernen gezeigt. Die USA strebten zeitnah eine Vereinbarung an, sagte Yellen in dieser Woche.

Im vergangenen Jahr hatte Yellens Vorgänger Steven Mnuchin die internationalen Gespräche für eine Digital- und eine Mindeststeuer ausgesetzt. Nach dem Machtwechsel in Washington könnte es nun vorangehen.

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Bei seinem Telefonat mit Yellen Ende Januar hatte Scholz sich bereits dafür starkgemacht. In den kommenden Monaten würden die Besteuerung der Digitalwirtschaft und eine globale Mindeststeuer zu den Schlüsselthemen gehören, lautete die Botschaft des Vizekanzlers an die neue Kollegin.

Die globale Steuerreform, die auf Ebene der Industrieländerorganisation OECD verhandelt wird, ist ein Kernprojekt des Sozialdemokraten. Doch anders als von Scholz wiederholt in Aussicht gestellt, gibt es bisher keine Einigung. Internationale Steuervereinbarungen, das musste Scholz lernen, sind ein langwieriges Unterfangen.

Das gilt nicht nur für die Verhandlungen von Mammutprojekten wie der Digitalsteuer. Auch die spätere Umsetzung von Vereinbarungen kann sich ziehen. So haben die OECD-Staaten schon vor Jahren ihr Beps-Projekt vereinbart, welches internationalen Konzernen erschweren soll, Gewinne hin- und herzuschieben und so ihre Steuerlast in Richtung null zu drücken. Doch bei der Umsetzung hapert es noch immer, wie ein Papier des Bundesfinanzministeriums nun offenlegt.

Im Sommer 2017 haben mehr als 60 Staaten in Paris einen völkerrechtlichen Vertrag unterzeichnet, mit dem sie die aggressive Steuergestaltung von Konzernen bekämpfen wollen. Der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nannte es ein „kraftvolles Signal erfolgreicher globaler Kooperation“.

Kraftraubend ist allerdings die Umsetzung der Kooperation. „Aufgrund der Komplexität“ habe „sich der Umsetzungsprozess zu der Vereinbarung allgemein als schwieriger und zeitaufwändiger erwiesen, als noch bei Unterzeichnung erhofft“, schreibt Finanzstaatssekretärin Sarah Ryglewski (SPD) auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Danyal Bayaz.

Der Finanzpolitiker hatte sich im Bundesfinanzministerium danach erkundigt, inwieweit Deutschland eigentlich die OECD-Empfehlungen zum Beps-Projekt schon in Vereinbarungen mit anderen Staaten umgesetzt hat. Die Antwort fällt ernüchternd aus.

Hoffnungen aus völkerrechtlichem Vertrag nicht erfüllt

Derzeit hat Deutschland 96 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit anderen Staaten. Nur bei neun Abkommen sind die Beps-Vorgaben bereits umgesetzt. Bei zwei DBA – mit Australien und Japan – sind sie direkt Bestandteil und bereits in Kraft.

Bei sieben weiteren Abkommen wurden sie über Anpassungsvereinbarungen oder Protokollerklärungen aufgenommen: Dänemark, Estland, Finnland, Irland, Liechtenstein, Singapur und Vereinigtes Königreich. Diese sieben Länder gehören zu der Gruppe von 45 Staaten, mit denen die Bundesregierung vereinbart hat, die Beps-Empfehlungen über bilaterale Abkommen umzusetzen. Bei den übrigen 38 Ländern läuft der Prozess noch.

Darüber hinaus will Deutschland mit weiteren 14 Staaten die Vorgaben über das multilaterale Abkommen umsetzen, das auf Ebene der OECD vereinbart wurde. Bei allen anderen Staaten ist noch unklar, wie und wann die Beps-Vorgaben umgesetzt werden.

Dabei war es die große Hoffnung, dass mit dem völkerrechtlichen Vertrag, der im Juni 2017 von Schäuble und über 60 weiteren Finanzministern unterzeichnet wurde, die Umsetzung vergleichsweise schnell und ohne aufwendige bilaterale Verhandlungen zwischen allen Beteiligten gelingt. Das hat sich so nicht erfüllt.

Einmal mehr zeigt sich damit, wie mühsam und zeitaufwendig der Kampf gegen Steuervermeidung auf internationaler Ebene ist. Das hat auch Scholz unterschätzt.

Schon Ende 2018 hat er innerhalb der OECD Druck gemacht für eine globale Steuerreform, damit Digitalkonzerne wie Google oder Facebook ihre Gewinne nicht mehr verschieben und sich vor dem Finanzamt arm rechnen können. Seitdem wird um zwei Bestandteile gerungen: eine Steuer auf digitale Dienstleistungen und eine Mindeststeuer.

„Bremser statt Antreiber“

Im Sommer 2019 glaubte Scholz an eine schnelle Einigung. „Das kommt jetzt auch“, sagte er. Tatsächlich aber zogen sich die Verhandlungen. Anfang 2020 gab Scholz ein neues Ziel aus: Bis zum Sommer sollte die Einigung stehen. Es wurde wieder nichts.

Andere EU-Staaten wie Frankreich verloren zwischenzeitlich die Geduld und führten nationale Digitalsteuern ein. Scholz aber wollte eine Einigung auf OECD-Ebene, auch damit die USA an Bord sind. Ein europäisches Vorpreschen könne die US-Regierung verärgern und eine internationale Lösung erschweren, so die Überzeugung im Bundesfinanzministerium.

In Paris sieht man es genau andersherum: Erst das Vorpreschen einiger EU-Länder habe genügend Druck erzeugt. Nach einer Übersicht des Bundesfinanzministeriums gibt es mittlerweile in sieben EU-Staaten eine Art Digitalsteuer: Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, Spanien, Tschechien und Ungarn.

Grünen-Politiker Danyal Bayaz wirft Scholz daher vor, in seiner Amtszeit als Finanzminister „immer mehr Bremser statt Antreiber“ bei der Einführung einer einheitlichen europäischen Digitalsteuer gewesen zu sein. „Er hat unsere europäischen Partner auch gerne mal im Regen stehen lassen, als beispielsweise Donald Trump ihnen mit Strafzöllen drohte.“

Bayaz wollte deshalb vom Bundesfinanzministerium wissen, ob es sich auch die Einführung einer Digitalsteuer zusammen mit diesen Staaten im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit vorstellen kann. Das ist offenbar nicht der Fall. „Die Bundesregierung setzt sich für eine global abgestimmte Lösung ein, die anschließend einheitlich in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union umgesetzt werden soll“, antwortete Finanzstaatssekretärin Ryglewski.

Bayaz kann das nicht nachvollziehen: „Eine globale Lösung zur angemessenen Besteuerung digitaler Großkonzerne ist natürlich wünschenswert. Das schließt aber eine europäische Lösung als Zwischenschritt keinesfalls aus.“

Die global abgestimmte Lösung ist mit den Äußerungen von US-Finanzministerin Yellen nun wieder etwas wahrscheinlicher geworden. Ob sie noch vor der Bundestagswahl und damit in Scholz Amtszeit als Finanzminister gelingt, ist angesichts der bisherigen Erfahrungen mit den langwierigen Gesprächen zur internationalen Steuerpolitik aber längst nicht sicher.

Mehr: USA wollen sich für baldiges internationales Steuerabkommen starkmachen