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„Es gibt eine Zwangsdigitalisierung in vielen Bereichen“

Im Handelsblatt Corona-Update für den Mittelstand diskutierten unter anderem der Präsident des IfW Kiel, der CEO der Hypovereinsbank sowie Familienunternehmen. Hier die wichtigsten Aussagen.

Die Corona-Krise stellt den deutschen Mittelstand vor enorme Herausforderungen. Sie wird wahrscheinlich deutlichere Auswirkungen haben, als die Finanz- und Wirtschaftskrise vor mehr als zehn Jahren. Die Unternehmen haben unter anderem mit unterbrochenen Lieferketten und massiven Nachfragerückgängen zu kämpfen.

Zugleich wollen viele Mittelständler und Familienunternehmen einen aktiven Beitrag im Kampf gegen das Virus leisten. Sie produzieren Schutzmasken, Desinfektionsmittel oder Beatmungsgeräte.

Im Live-Streaming-Event „Handelsblatt Corona-Update für den Mittelstand“ diskutierten Chefredakteur Sven Afhüppe und Mittelstandsexpertin Anja Müller mit Mittelständlern und Familienunternehmern über Finanzierungsprobleme, Chancen in der Krise, Digitalisierungsdruck, Erfahrungen in China und Zukunftspläne in Deutschland.

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Hier die wichtigsten Aussagen:

Hartmut Jenner, Vorstandschef des Reinigungsspezialisten Kärcher: „Wenn ein Krisenszenario eintritt, sagen wir einmal ein Einbruch von 30 Prozent im April, dann darf man nicht zaudern, wenn man sich da einmal festgelegt hat, dann muss man das auch konsequent umsetzen. Das ist dann relativ unemotional, auch wenn es dann trotzdem weh tut.“

Marc Zoellner, geschäftsführender Gesellschafter der Akkumulatorenwerke Hoppecke in Brilon hat den ersten Shutdown für sein Unternehmen in Wuhan erlebt. Sein Unternehmen mit 430 Millionen Euro Umsatz und 2000 Mitarbeitern betreibt unter anderem zwei Werke in China, eines davon mit insgesamt 500 Mitarbeitern in Wuhan. In dem Ort an dem die Krise ihren Ausgang nahm: „Der Shutdown ist hierzulande ähnlich hart, aber länger, wir müssen uns darauf einstellen, dass es sechs, zwölf oder 24 Monate sind, in denen wir die Auswirkungen spüren. Deshalb plädiere ich dafür, dass man, wenn man sich hierzulande darauf fokussiert, die Ausbreitung zu verlangsamen und nicht wie in China das Virus zu eliminieren, sich stärker auf Risikogruppen zu konzentrieren und uns hier besser wirtschaften zu lassen und dass wir uns hier wieder auf unser wahres Leben fokussieren können.“

Hypovereinsbank-Chef Michael Diederich: „Es ist der größte exogene Schock nach den zweiten Weltkrieg. Man hält das industrielle Herzstück von einer Nation, von Europa an. Wir haben bis heute unterschiedliche 5000 Anträge auf dem Tisch, wo wir versuchen, mittelständischen Unternehmen zu helfen. Wir haben viele Mittelständler, die sich in der Finanzkrise sehr gut aufgestellt haben, und mit einer guten Eigenkapitalausstattung nun in diese Krise gehen. Trotzdem wird es eine Anzahl geben, die nicht rettbar ist, dafür wird es neue Maßnahmen brauchen. Wenn Sie sehen, dass wir Mitte März noch über ganz andere Strukturen gesprochen haben, und jetzt sind wir bei der Risikoübernahme der KfW von 100 Prozent, dann sehen Sie die Dynamik dieser Krise.“

Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Gabriel Felbermayr, sieht vor allem, dass es in Europa ein abgestimmtes Verhalten geben sollte. Es sei nichts gewonnen, wenn in Deutschland alles getan werde, aber im restlichen Europa die Wirtschaft nicht wieder anlaufe. Zur möglichen Lockerung der Beschränkungen sagte der Ökonom: „Wir dürfen nicht in eine zweite Welle hineinlaufen, das wäre das Allerschlimmste. Was wir nicht brauchen ist Micromanagement wie die unselige 800 qm Regel, das verstehen die Menschen nicht. Man soll es den Unternehmen überlassen, die Auflagen zu erfüllen. Ich hoffe, dass wir Anfang Juni so weit sind, weiter zu lockern. Wir haben uns die Passantenfrequenzzahlen angesehen, wir sind in den Großstädten noch mit 60 Prozent unter dem Normalzustand, das hat schlicht mit Angst zu tun. Die Unternehmen können Lösungen finden, sie sind sie die richtigen für.“

Tom Rüsen, geschäftsführender Direktor des Wittener Instituts für Familienunternehmen hat regelmäßig seit Beginn der Coronakrise mit den Familienunternehmern Videokonferenzen abgehalten, seine Erkenntnis: „Es gibt einen Zwangsdigitalisierung in vielen Bereichen der Organisation des Unternehmens. Zugleich wird über neue Geschäftsmodelle, neue Produkte und Dienstleistung für die Nachkrisenzeit nachgedacht. Wir stellen gerade bei sehr alten Familienunternehmen eine gewisse Krisenresilienz fest. Sie haben bereits zwei Weltkriege und zahlreiche Krisen überstanden. Gerade diese Unternehmen sehen, dass aus den Krisen auch Chancen entstehen. Die Familie ist dann mit ihrem Kapital die größte Kraftquelle um die Krise zu überstehen.“

Wolfgang Grupp, Inhaber von des Bekleidungsherstellers Trigema, der komplett in Deutschland fertigt und einen Teil der Produktion auf die Herstellung von Masken umgestellt hat, sah sich zwischenzeitlich einiger Kritik ausgesetzt, weil seine Masken zu teuer seien. Er sagte, dass die Umstellung auf die Maskenproduktion kein großer Aufwand gewesen sei und auf die Frage, wie lange er noch Masken produzieren würde, sagt er: „Da ist eine Riesennachfrage. Ich würde am liebsten wieder auf unser normales Programm gehen, weil wir unsere Stammkunden korrekt beliefern müssen, was für uns im Moment schwierig ist. Klar ist für mich, dass der Standort Deutschland, den wir ja schon immer hatten, immer wichtiger wird, wenn man in dieser Krise merkt, was er bedeutet. Deshalb werden wir auch die Arbeitsplätze am Standort Deutschland garantieren.“