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„Es gibt vier Wege, wie Trump nicht Kandidat oder Präsident wird“

Christoph von Marschall berichtet seit 2005 als Diplomatischer Korrespondent und Redakteur für den Berliner „Tagesspiegel“ aus Washington. Mit FundResearch spricht er über die US-Vorwahlen und den Erfolg Donald Trumps.

FundResearch: Wie ist die Stimmung in den USA? Die Präsidentschaftswahlen finden zwar erst im November statt, sind aber mittlerweile auch in Deutschland ein ständiges Thema, nicht zuletzt auch wegen Donald Trump. Hierzulande beobachtet man das Geschehen fast schon ängstlich, ist das in Amerika auch der Fall?

Christoph von Marschall: Die Amerikaner haben nicht Angst in dem Sinne, dass sie ihre Demokratie durch einen Populisten wie Donald Trump gefährdet sehen. Sie vertrauen auf die "Checks and Balances" des amerikanischen Systems. Viele haben aber tatsächlich Sorge, dass Trump ein schlechter Präsident wäre - und dass sie die Folgen einer schlechten Regierung ausbaden müssen. Besonders ausgeprägt ist die Ablehnung eines Präsidentschaftskandidaten Trump in Teilen der Republikanischen Partei. Diese Konservativen befürchten, dass ihre Partei dann nicht nur den Kampf um das Weiße Haus verlieren würde, sondern auch viele der gleichzeitig stattfindenden Abstimmungen über Abgeordnete, Senatoren, Gouverneure und so weiter.

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FundResearch: Wie lässt sich der Erfolg Donald Trumps in den USA erklären? Welche Wünsche der Amerikaner spricht er an?

Christoph von Marschall: Trumps einfache Antworten auf komplizierte Fragen finden Resonanz bei denen, die schon lange enttäuscht sind vom politischen System und sich nicht vertreten fühlen. Und bei jenen, die keinen ökonomischen Vorteil von Amerikas Erholung nach der Finanzkrise in ihrem eigenen Portemonnaie spüren.

FundResearch: Wird er Kandidat? Oder gibt es Möglichkeiten der Republikaner die Nominierung zu verhindern?

Christoph von Marschall: Trumps Chancen auf die Nominierung stehen gut. Aber es gibt vier Wege, wie er nicht Präsident oder erst gar nicht Kandidat wird. Erstens: Er schränkt durch seine schrillen Töne seine Wählbarkeit ein. Zweitens: Die Teilnehmer an republikanischen Vorwahlen stimmen für Gegenkandidaten, sodass er die für die Nominierung erforderlichen 1237 Parteitagsdelegierten nicht erreicht. Drittens: Der Parteitag entscheidet sich in einer solchen Lage, in der niemand bei der ersten Abstimmung die nötige Mehrheit hat, mehrheitlich für einen anderen Kandidaten. Viertens: Die Wähler in der Hauptwahl am 8. November stimmen mehrheitlich für Hillary Clinton.

FundResearch: Hillary Clinton versucht bereits ein zweites Mal ins Weiße Haus einzuziehen: Was macht sie dieses Mal besser? Wieso kann sie Bernie Sanders schlagen, während sie gegen Barack Obama kapitulieren musste?

Christoph von Marschall: Hillary Clintons Kampagne hat aus den Fehlern von 2008 gelernt. Sie ist besser organisiert. Ihr Team geht nicht mehr überheblich davon aus, dass ihr die Kandidatur quasi automatisch "zusteht". Vor allem aber hat sie keine starken Gegenkandidaten, die aus Sicht der machtbewussten Demokraten eine ernsthafte Alternative im Kampf um das Weiße Haus sind. Bernie Sanders spricht zwar die Seele der Partei und die Sozialromantiker an. Aber viele halten ihn nicht in dem Sinne für "electable", dass sie ihm eine Mehrheit in der Hauptwahl zutrauen. Clinton hat freilich nach wie vor unübersehbare Schwächen. Über die Hälfte der Amerikaner hält sie nicht für vertrauenswürdig.

FundResearch: Sie haben Barack Obama seit Beginn seines ersten Wahlkampfes begleitet: Welche seiner Ziele hat er umsetzen können?

Christoph von Marschall: Die Historiker werden Barack Obama als überdurchschnittlich erfolgreichen Präsidenten bewerten. Er hat ein Land in tiefer Krise übernommen, die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs geführt und die Arbeitslosenrate, die zwischenzeitlich auf über zehn Prozent gestiegen war, auf fünf Prozent gesenkt. Er hat Jahrhundertreformen ins Werk gesetzt, freilich mit handwerklichen Mängeln: die Gesundheitsreform und die Reform der Finanzaufsicht. Gesellschaftspolitisch hat er einen neuen Umgang mit Homosexuellen erreicht. Und, langfristig hoch bedeutend: Er hat zwei neue Verfassungsrichterinnen ernannt, darunter die erste Latina. Damit hat er die Zusammensetzung und den Erfahrungshorizont des Supreme Court auf Jahrzehnte beeinflusst. Zu den Errungenschaften für die Geschichtsbücher gehören auch der Rückzug aus Afghanistan und dem Irak sowie der Vertrag mit Russland über die Verschrottung rund eines Drittels der strategischen Atomwaffen.

FundResearch: Oft wird behauptet, dass Obama nicht handlungsfähig sei…

Christoph von Marschall: Seine Erfolge sind in der Öffentlichkeit momentan nicht so präsent, da Obama den Großteil davon in den beiden ersten Amtsjahren erreichte, als seine Partei noch eine Mehrheit im Kongress hatte. In den Jahren seit November 2010, als die Republikaner erst die Mehrheit im Abgeordnetenhaus und 2014 auch im Senat zurück eroberten, herrscht politische Blockade in Washington. Das (Other OTC: DASX - Nachrichten) färbt auch auf das Bild des Präsidenten ab. Es sieht so aus, als könne er nichts erreichen. So krass stimmt jedoch das nicht mal für die Innenpolitik, wo er mit Dekreten zum Beispiel auf die Umwelt- und Energiepolitik Einfluss nimmt sowie auf den Umgang mit illegalen Einwanderern. In der Außenpolitik setzt er ohnehin Akzente, zum Beispiel mit dem Atomabkommen mit dem Iran oder seinem historischen Besuch in Kuba.

FundResearch: Der Irak-Krieg prägte die Präsidentschaft seines Vorgängers George W. Bush: Wofür wird Barack Obama in Erinnerung bleiben?

Christoph von Marschall: Erstens als der erste Präsident mit dunkler Hautfarbe. Zweitens als gesellschaftlicher Reformer. Drittens als Präsident, der den militärischen "Overstretch" der Weltmacht in Afghanistan und dem Irak korrigierte, wieder mehr Ressourcen im Inland einsetzte und so die vernachlässigte Infrastruktur zumindest ein bisschen modernisierte. Obama hat auch die Gesellschaft modernisiert, freilich zu einem hohen Preis: Die Lagerspaltung, die er überwinden wollte, hat sich in seinen Amtsjahren noch vertieft.

FundResearch: Wie präsent ist den Amerikanern die deutsche Politik? Vor allem im Hinblick auf die Flüchtlingskrise, Angela Merkels Kurs und die Landtagswahlen im März?

Christoph von Marschall: Die USA sind ein Kontinent für sich. Allein die Fläche der so genannten "Lower 48 States" (also ohne Hawaii und Alaska) ist doppelt so groß wie die der EU. Da ist das, was anderswo passiert, nicht ständig ein Gesprächsthema - jedenfalls, wenn die Ereignisse im Ausland keinen unmittelbaren Einfluss auf Amerikaner haben, wie zum Beispiel ein Anschlag, bei dem US-Bürger sterben. Wenn man diesen Maßstab anlegt, sind Deutschland und Europa jedoch im US-Wahlkampf 2016 erstaunlich oft ein Thema, im positiven - wie im negativen Sinn. Trump nennt Deutschlands Umgang mit Migranten falsch und gefährlich. Clinton lobt den deutschen Umgang mit erneuerbaren Energien. Für Sanders sind das kostenlose Bildungssystem und die solidarische Krankenversicherung Kontinentaleuropas Vorbilder. Auch biografisch sind die Kandidaten mit Deutschland und Europa verbunden. Trumps Großvater stammt aus Kallstadt in der Pfalz, Sanders' Vater war ein polnischer Jude. Ted Cruz' Großvater stammt von den spanischen Kanaren.

Am 7. Juli 2016 spricht Christoph von Marschall als Keynote-Speaker auf dem Fund-Forum von €uro Advisor Services.

Infos:

http://events.advisor-services.de/EuroFundForum

Weiterführende Links:

http://www.tagesspiegel.de/politik/wahlkampf-in-den-usa-republikanischer-buergerkrieg/13060532.html

http://www.tagesspiegel.de/politik/wahlkampf-in-den-usa-herz-statt-kopf-wut-statt-verstand/12900254.html

http://www.tagesspiegel.de/politik/us-wahlkampf-europa-irritiert-die-amerikaner-und-fasziniert-sie/12930248.html

Buch und Blog von Christoph von Marschall:

Christoph von Marschall: "Was ist mit den Amis los? Über unser zwiespältiges Verhältnis zu den USA", Herder Verlag Freiburg 2016, 14,99 €

www.tagesspiegel.de/themen/meine-us-wahl-2016

(TL)