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Gewerkschafter fürchten in der Autokrise „Personalabbau auf Teufel komm raus“

Tausende Beschäftigte in der Autoindustrie sind auf die Straße gegangen, weil sie Angst um ihre Jobs haben. Ihr Vertrauen in das Management schwindet.

Mit Transparenten stehen Mitarbeiter des Autozulieferers Bosch Anfang November bei einer Protestaktion vor einem Werk. Sie wollen damit gegen einen geplanten Stellenabbau protestieren. Foto: dpa
Mit Transparenten stehen Mitarbeiter des Autozulieferers Bosch Anfang November bei einer Protestaktion vor einem Werk. Sie wollen damit gegen einen geplanten Stellenabbau protestieren. Foto: dpa

Die beschaulichen Buden für den Weihnachtsmarkt sind auf dem Stuttgarter Schlossplatz schon aufgebaut. Aber den rund 15.000 Gewerkschaftern war am vergangenen Freitag alles andere als warm ums Herz. Im Gegenteil: Die IG-Metaller verwandelten das Zentrum der Autometropole mit ihren Fahnen, Westen, Schals und Mützen in knalliges Rot.

Tausende Beschäftigte von Daimler, Audi, Bosch, ZF, Mahle und Continental haben in der aufziehenden Autokrise Angst um ihre Jobs – und dabei drastisch schwindendes Vertrauen in ihr Management. „Der Veränderungsprozess fühlt sich eher an wie ein großer Hammer, mit dem versucht wird, Bewährtes kurz und klein zu schlagen“, sagte Frank Sell, Betriebsratsvorsitzender des Bosch-Stammwerkes in Feuerbach.

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Anders als in der Finanzkrise vor zehn Jahren, als versucht wurde, die Beschäftigten an Bord zu behalten, befürchtet der Arbeitnehmervertreter jetzt „Personalabbau auf Teufel komm raus“. Das sind ungewohnte Töne für den Stiftungskonzern, der in der Vergangenheit als besonders arbeitnehmerfreundlich auch in schwierigen Situationen galt. Gesamtbetriebsratschef Hartwig Geisel prangerte im Vorfeld der Veranstaltung an, dass Bosch mit seinem Sparkurs „die Spaltung der Belegschaft riskiert.“

Selbst der Bosch-Nachwuchs ging am Freitag auf die Barrikaden: „Der geplante Jobabbau in unseren Betrieben trifft nicht zuletzt die Jugend“, sagte Naliandrah Sickinger, Auszubildendenvertreterin bei Bosch in Schwieberdingen. Sie frage sich, wohin mit dem frisch ausgebildeten Fachpersonal, wenn der eigene Laden Stellen abbaue.

„Wir lassen uns nicht unsere Arbeitsplätze wegnehmen und unsere Zukunft vorenthalten, nur weil etliche Unternehmer ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben und teilweise noch mehr Rendite wollen“, legte Roman Zitzelsberger, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg nach. Der oberste Metallgewerkschafter im Südwesten sieht kaum Unterschiede im Vorgehen zwischen börsennotierten Unternehmen und Stiftungskonzernen wie Bosch oder Mahle.

Zitzelsberger fordert mehr Beteiligung der Arbeitnehmer bei den Konzepten und Entscheidungen für die Zukunft der Standorte. „Darum stehen wir hier, dafür kämpfen wir, und wir werden so lange nicht nachgeben, bis es gute Lösungen für alle gibt“, machte Zitzelsberger mobil.

Laut Zitzelsberger planen in der aktuellen konjunkturellen Krise rund 160 Betriebe in der baden-württembergischen Automobil- und Zulieferindustrie Einschnitte, darunter Sparprogramme, Verlagerungen, Stellenabbau und Werksschließungen.

Dies sei umso gravierender, da der Umbau der Arbeitswelt im Zuge von Digitalisierung und Elektromobilität erst am Anfang stehe. „Offenbar dient der technologische Wandel etlichen Unternehmen als Vorwand, um auf Kosten der Beschäftigten hausgemachte Probleme zu lösen.“ Die Sicherung von Standorten und Beschäftigung müsse im Mittelpunkt stehen.

Einer der Brennpunkte ist das Daimler-Stammwerk in Untertürkheim. Der dortige Betriebsratschef Michael Häberle fordert, dass der elektrische Antriebsstrang im Neckartal gebaut wird. Das Unternehmen zögert bei der Entscheidung und verlangt massive Sparbeiträge der Beschäftigten.

Die Arbeitgeber kritisierten die Kundgebung hart. „Die verbalen Ausfälle der IG Metall sind ein weiterer Tiefschlag für die Sozialpartnerschaft und ein denkbar schlechter Auftakt für die bevorstehende Tarifrunde“, sagte der Vorsitzende des Verbandes Südwestmetall, Stefan Wolf.

Die Arbeitgeber bemühten sich, Beschäftigung zu sichern, wo es möglich sei. Zugeständnisse müssten aber von allen Seiten kommen. Die Härte der Auseinandersetzung dürfte in den kommenden Monaten noch zunehmen.