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Der geschröpfte Gigant

Der chilenische Kupferkonzern Codelco fürchtet um seine Spitzenposition unter den weltweiten Kupferproduzenten. Der Staatskonzern, der zehn Prozent des Kupfers weltweit produziert, schraubt seine Förderprognosen kontinuierlich herunter: Vor zwei Jahren noch plante er, im Jahr 2025 rund 2,5 Millionen Tonnen Kupfer zu fördern. Nun hofft er, in vier Jahren noch weiterhin 1,7 Millionen Tonnen fördern zu können – so viel wie heute. Das ist fatal für den Konzern mit einem Jahresumsatz von 10,8 Milliarden Dollar (2015), der gleichzeitig auch der zweitgrößte Molybdän-Produzent weltweit ist und alleine über acht Prozent der weltweiten Kupferreserven verfügt.

Die Konkurrenz erhöht angesichts der sinkenden Kupferpreise massiv die Förderung, um die Ausfälle wettzumachen: so etwa der US-Konzern Freeport-McMoRan, die Nummer 2 weltweit, oder Southern Copper, die Nummer 5 unter den globalen Produzenten, die beide massiv ihre Förderung ausbauen. Die Investmentbank Goldman Sachs schätzt, dass die 20 größten Produzenten ihre Produktion dieses Jahr um 15 Prozent steigern werden. Der globalen Kupferindustrie drohe ein gewaltiger Angebotsüberschuss, warnt Goldman Sachs.

Codelco jedoch kann bei den Kapazitätserweiterungen der Konkurrenz nicht mithalten. Der Konzern investiert von Jahr zu Jahr weniger. Eigentlich wollte der Konzern zwischen 2014 bis 2019 rund 25 Milliarden Dollar ausgeben. Das war das größte Investitionsprogramm seiner Geschichte. Damit sollen bestehende Minen erweitert werden. Doch vom Etat sind jetzt noch 18 Milliarden Dollar übriggeblieben – und selbst die sind nicht mehr sicher: Codelco-Präsident Nelson Pizarro hat jetzt verkündet, dass Codelco dieses Jahr vom Staat dringend 800 Millionen Dollar als Kapitalspritze brauche, um die niedrigeren Produktionsvorgaben erfüllen zu können – sonst müssten die erneut nach unten korrigiert werden.

„Unsere Kassen sind leer“, sagte Pizarro. „Wir haben keinen Centavo mehr.“ Der Konzern stecke in der schwersten Krise seiner Geschichte. Erstmals seit 1976, als unter dem Diktator Augusto Pinochet alle zuvor verstaatlichten Kupferminen unter der Holding Codelco vereint wurden, verzeichnete der Konzern in diesem Jahr einen Verlust.

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Der 75-jährige Bergbau-Veteran Pizarro, der Codelco seit 2014 führt, will mit seinen dramatischen Worten die Politik seines Landes aufrütteln. Denn eigentlich sollte er mit dem massiven Investitionsplan den Konzern wieder zu alter Größe führen. Für Chiles Wirtschaft und die Staatsfinanzen sind Kupfer und Codelco existenziell wichtig: Zehn Prozent der Wirtschaftsleistung Chiles und die Hälfte der Exporte bestehen aus Kupfer. Im Andenland lagern knapp 30 Prozent der weltweiten Kupferreserven. Das Metall, das Wärme- und Strom hervorragend leitet, ist vielseitig einsetzbar: Vor allem in der Elektronik und Telekom, in der Bauwirtschaft, bei Maschinen und Anlagen. Fast zwei Drittel des weltweiten Absatzes geht nach Asien. Alleine China konsumiert 43 Prozent der weltweiten Kupferproduktion.


Schwächere Nachfrage in Fernost

Einerseits färbt der niedrige Kupferpreis die Bilanz rot: Seit dem Höhepunkt 2011 hat der Kupferpreis 55 Prozent verloren. Bei einem erwarteten Durchschnittspreis von 2,14 Dollar für das Pfund Kupfer in diesem Jahr – so die Prognose der BBVA-Bank – produziert Codelco mit Durchschnittskosten von 1,4 Dollar pro Pfund zwar kostendeckend. Codelco hätte also kein Problem mit schmalen Margen, wenn der Kupferpreis wegen der historisch hohen Lagervorräte und der schwachen Nachfrage aus China noch bis Ende der Dekade zwischen 2 und 2,50 Dollar pendeln wird – wie es in der Branche erwartet wird.

Doch nicht in allen Bergwerken kann der Konzern profitabel fördern. In der kleineren Salvador-Mine etwa kostet die Produktion pro Pfund 6,20 Dollar. Der Regierungseinfluss bei Codelco verhindert, dass die Mine geschlossen und Mitarbeiter entlassen werden.

Doch der entscheidende Grund dafür, dass Codelco schon seit Jahren weniger als die private Konkurrenz in seine Minen investiert, ist ein anderer: Der Staat schröpft den Konzern, weil er den gesamten Profit erhält, aber dem Konzern nur etwa zehn Prozent davon wieder zurückgibt für Investitionen. Im Durchschnitt würden private Kupferkonzerne dagegen rund 39 Prozent ihrer Gewinne in die Produktion investieren, sagt Codelco-Aufsichtsratschef Óscar Landerretche. Zusätzlich belastet Codelco ein Relikt aus der Diktatur: Zehn Prozent der Einnahmen – nicht Profite – muss der Konzern zusätzlich an die chilenischen Militärs überweisen. Im ersten Halbjahr, als Codelco einen Verlust von 97 Millionen Dollar auswies, flossen 400 Millionen Dollar in die Kassen der Streitkräfte. Seit 2000 haben die chilenischen Militärs 14,3 Milliarden Dollar von Codelco erhalten – kein Wunder, dass sie als die bestausgerüsteten Streitkräfte des Kontinents gelten.

Diese Verfassungsklausel will ein Untersuchungsausschuss im Kongress nun abschaffen: Bereits 2009 und 2012 scheiterten die Parlamentarier am Widerstand der Militär-Lobbys. Doch jetzt nimmt der Widerstand zu: „Mit dieser Verfassungsklausel töten wir das Huhn, das goldene Eier legt“, sagt der Senator Alejandro Guillier. Sebastián Piñera, Ex-Präsident und erneuter Kandidat für das höchste Amt, sagt, Codelco dürfe nicht mehr die Milchkuh des Staates sein. Doch auch der wirtschaftsliberale Piñera hat sich in seiner Amtszeit von 2010 bis 2014 vergeblich dafür eingesetzt, dass Codelco mit privaten Konzernen Joint-Ventures abschließen kann. „Egal, ob der Staat jetzt mit Kapital einspringt, die Rechte der Militärs beschneidet oder privaten Unternehmen erlaubt, mit Codelco investieren zu können – es muss jetzt schnell etwas geschehen, damit Codelco seine Spitzenstellung behalten kann“, sagt Cristóbal Gambon, Bergbau-Analyst von BBVA.