Werbung
Deutsche Märkte öffnen in 3 Stunden 52 Minuten
  • Nikkei 225

    36.818,81
    -1.260,89 (-3,31%)
     
  • Dow Jones 30

    37.775,38
    +22,07 (+0,06%)
     
  • Bitcoin EUR

    57.717,64
    -525,66 (-0,90%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.248,25
    +362,72 (+38,23%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.601,50
    -81,87 (-0,52%)
     
  • S&P 500

    5.011,12
    -11,09 (-0,22%)
     

GESAMT-ROUNDUP: Streit über AfD-Hoch - Scholz: Schlechte-Laune-Partei

BERLIN (dpa-AFX) -Die hohen Umfragewerte für die AfD haben eine kontroverse Debatte über die Ursachen ausgelöst. Politiker vor allem von Union und Grünen machten sich am Wochenende gegenseitig Vorwürfe. Zur Sprache kamen dabei auch gesellschaftspolitische Fragen wie das Gendern. In einer Insa-Umfrage stieg die AfD sogar auf 19 Prozent - so hoch, wie noch von keinem der großen Institute gemessen, und gleichauf mit der Kanzlerpartei SPD auf dem zweiten Platz hinter der Union.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich gewohnt zurückhaltend. Er wies am Samstagabend bei einer Veranstaltung der "Zeit" in Hamburg auf andere Länder hin, wo rechtspopulistische Parteien ebenfalls stärker geworden sind. Er sprach von "Schlechte-Laune-Parteien" und erklärte die Entwicklung auch mit Unsicherheiten in einer "Zeit der Umbrüche" mit vielen gleichzeitigen großen Problemen. Scholz nannte Corona, den russischen Angriffskrieg und den Klimawandel.

Scharfe Gegenreaktionen bei den Grünen löste eine Ursachenanalyse von CDU-Chef Friedrich Merz aus, der der Ampel-Koalition vorwarf, die AfD zu "nähren".

Scholz: Werden dagegen ankommen

WERBUNG

"Wir leben in einer Zeit der Umbrüche, in der ganz viele Bürgerinnen und Bürger in unseren Ländern nicht so sicher sind, ob die Zukunft auf ihrer Seite ist und ob sie eine haben", sagte Scholz. Das schaffe Unsicherheit "und Resonanz für Parteien, die schlecht gelaunt das Vergangene loben". Mit Blick auf die AfD-Zahlen zeigte er sich optimistisch. "Ich glaube, dass wir dagegen ankommen werden." Wenn man tapfer ein Problem nach dem anderen löse, "dann wird's schon gelingen".

Merz greift Ampel und Grüne an

CDU-Chef Merz reagierte auf die Entwicklung mit scharfer Kritik an der Koalition, insbesondere den Grünen. Wenn "die ganz normalen Bürgerinnen und Bürger" bei den Regierungsparteien kein Gehör mehr fänden, wendeten sie sich jenen zu, die ganz besonders scharf dagegen seien, schrieb er in seinem Newsletter "MerzMail" und warf den Grünen eine "penetrant vorgetragene Volkserziehungsattitüde" vor. "Im normalen Leben beschäftigen sich die Menschen nicht mit "Indianern" und "Mohrenstraßen", sondern mit Inflation und Wohnungsnot." Im Lebensalltag der Städte und Dörfer sei die Flüchtlingskrise wieder präsent.

Auch das Reizthema Gendern warf Merz in die Debatte: "Mit jeder gegenderten Nachrichtensendung gehen ein paar hundert Stimmen mehr zur AfD." Ähnlich äußerte sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in der "Bild am Sonntag". "In der Ukraine herrscht Krieg, und wir kümmern uns um Nebensächlichkeiten wie gendergerechte Sprache. Das ist doch absurd." Er bezeichnete zudem "die ständige Uneinigkeit" in der Ampel als Steilvorlage für Populisten. Thüringens CDU-Chef Mario Voigt erklärte die AfD-Umfragewerte im Deutschlandfunk mit "Protest gegen schlechtes Regierungshandwerk in Berlin und linke Gesellschaftspolitik der Ampel".

Grüne weisen Äußerungen scharf zurück

Die Äußerungen aus der Union lösten heftige Kritik bei den Grünen aus. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Konstantin von Notz, bezeichnete sie bei Twitter als "groteskes" "AfD-Erklär-Narrativ". "Niemand anders kann diesen spalterischen Wahnsinn beenden als die Verantwortlichen und Mitglieder der CDU selbst. Ich erwarte, dass das jemand tut, denn diese Strategie von Merz und anderen spaltet die Mitte des Landes und führt zwangsläufig nach ganz rechts draußen." Die Bundestagsabgeordnete Renate Künast twitterte, was Merz versuche, sei "Lüge". Die Union "sollte aufpassen wohin sie das führt als Partei".

Grünen-Chefin Ricarda Lang hatte zuvor geschrieben: "Statt mit dem Finger auf andere zu zeigen und monokausalen Schuldzuweisungen sollten alle demokratischen Parteien, auch gemeinsam, überlegen, wie wirksame Strategien gegen die AfD aussehen."

Über diese Frage wird seit Bestehen der AfD diskutiert. Zwei Theorien stehen sich dabei ziemlich unversöhnlich gegenüber: Die eine besagt, dass eine Annäherung an AfD-Positionen etwa bei der Migration, um Wähler zurückzugewinnen, rechte Positionen "normalisiert" und die AfD "salonfähig" macht. Die Leute würden dann aber lieber gleich "das Original" wählen und nicht die Union, die also nichts gewonnen hätte. Die andere Theorie geht vom Gegenteil aus: Werden bestimmte Themen wie Migration nicht bedient und gesellschaftspolitisch andere Schwerpunkte gesetzt, treibt das die Leute zur AfD.

Im ARD-"Deutschlandtrend" hatte die AfD zuletzt mit 18 Prozent mit der SPD gleichgezogen. Beim Umfrageinstitut Yougov lag sie mit 17 Prozent sogar schon einen Punkt vor SPD und Grünen. Die Insa-Erhebung für die "Bild am Sonntag" sieht die Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird, nun bereits bei 19 Prozent, gleichauf mit der SPD.