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GESAMT-ROUNDUP: Eskalation und Schuldzuweisungen an griechisch-türkischer Grenze

ATHEN/ANKARA/BERLIN (dpa-AFX) - Berichte über einen getöteten Migranten an der griechisch-türkischen Grenze haben neue Spannungen zwischen Ankara und Athen ausgelöst. Türkische Medien hatten berichtet, durch Schüsse griechischer Grenzschützer sei ein Mann getötet worden, mehrere Migranten hätten Verletzungen erlitten. Ein griechischer Regierungssprecher dementierte das am Mittwoch entschieden und sprach von "fake news".

In Deutschland pochte derweil die SPD-Fraktion auf Länderprogramme zur Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge aus griechischen Lagern. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich am Vorabend unter bestimmten Bedingungen für eine Aufnahme offen gezeigt.

Auch Augenzeugen berichteten von Schüssen im griechisch-türkischen Grenzgebiet, es gibt Bilder von Verletzten aus dem Krankenhaus im türkischen Edirne. In einer Mitteilung des Gouverneursamts der türkischen Grenzprovinz Edirne hieß es, dass durch Schüsse griechischer Grenzbeamter ein Migrant getötet und fünf weitere verletzt worden seien. Der Getötete weise einen Einschuss an der Brust auf. Die Oberstaatsanwaltschaft habe Ermittlungen eingeleitet.

Eine dpa-Reporterin an der Grenze hatte am Vormittag zunächst mindestens drei, kurz darauf eine Serie weiterer Schüsse gehört. Danach sei ein Ambulanzwagen mit hohem Tempo aus dem Grenzgebiet gefahren, berichtete sie.

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Griechenland sichert die EU-Außengrenze mit Härte. Sicherheitskräfte setzten mehrfach Blendgranaten und Tränengas ein, um Menschen zurückzudrängen. Menschenrechtler und Migrationsforscher kritisieren das Vorgehen scharf. Nach Angaben griechischer Sicherheitskräfte sollen auch Migranten auf der türkischen Seite mit Tränengas ausgestattet sein.

Der griechische Sender Skai berichtete, auf der türkischen Seite warteten rund 12 500 Menschen auf die Möglichkeit, die Grenze zu überwinden. Der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas sprach angesichts der Zustände an der Grenze von einer organisierten, konzertierten Aktion. Die Menschen würden gezielt mit Bussen von türkischen Städten aus an die Grenze gebracht und per Kurzmitteilungen über die angeblich offene Grenze informiert.

Viele Flüchtlinge und Migranten versuchten indes, sich allein oder in kleinen Gruppen über den Grenzfluss Evros nach Griechenland durchzuschlagen.

Ein Schiff der griechischen Marine erreichte am Mittwoch die Insel Lesbos, um Hunderte Migranten an Bord zu nehmen. Die rund 400 Betroffenen, die seit dem 1. März die Ostägäis-Insel von der Türkei aus erreichten, sollen zunächst an Bord des Schiffes bleiben, dann in ein geschlossenes Camp auf dem Festland gebracht und anschließend in ihre Herkunftsländer ausgewiesen werden, sagte ein Offizier der Küstenwache der Deutschen Presse-Agentur. Auf Lesbos leben nach offiziellen Angaben mehr als 20 000 Flüchtlinge und Migranten.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell sagte bei Krisengesprächen in Ankara, er habe deutlich gemacht, dass die EU von der Türkei die Einhaltung des 2016 geschlossenen Flüchtlingspakts erwarte. Er habe das Land dazu aufgefordert, Flüchtlinge nicht dazu zu ermuntern, an die türkisch-griechische Grenze zu reisen. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu schrieb auf Twitter, er habe im Gespräch mit Borrell deutlich gemacht, dass die EU ihre Versprechungen gegenüber der Türkei nicht einhalte und dass Europa Verantwortung übernehmen müsse.

In Brüssel ging die Krisendiplomatie weiter. Am Mittwochabend wollten die EU-Innenminister über die angespannte Lage an der türkisch-griechischen Grenze beraten. Dabei sollten Möglichkeiten ausgelotet werden, wie Athen beim Schutz der EU-Außengrenzen unterstützt werden kann. Die EU-Kommission will dort einen Sechs-Punkte-Plan zur Unterstützung Griechenlands vorlegen. Vorgesehen ist unter anderem ein neues Programm der EU-Grenzschutzagentur Frontex für schnelle Rückführungen von Menschen, die nicht in Griechenland bleiben dürfen.

Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte sich am Vortag offen für die Aufnahme von rund 5000 Kindern und Jugendlichen aus griechischen Flüchtlingslagern in Europa gezeigt. Er warb für eine "Koalition der Willigen" in der EU. Einen deutschen Alleingang werde es nicht geben, betonte ein Sprecher des Ministeriums am Mittwoch noch einmal. Die zweite Voraussetzung für eine derartige Hilfe sei eine effektive Kontrolle an der EU-Außengrenze in Griechenland, fügte er hinzu. Sonst sei zu befürchten, dass noch mehr Migranten nach Griechenland kämen.

Deutschland will Griechenland mit 20 zusätzlichen Grenzschützern und einem seetauglichen Hubschrauber unterstützen. Bisher beteiligten sich 60 Bundespolizisten an den Frontex-Einsätzen in Griechenland.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich forderte derweil die von CDU und Grünen regierten Länder auf, sich zur Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge aus griechischen Lagern bereit zu erklären. Alle SPD-geführten Länder hätten das am Mittwoch getan, sagte Mützenich nach einer Sonder-Fraktionssitzung. In einer gemeinsamen Aktion der europäischen Länder wollten sie Kinder und Jugendliche aus den Flüchtlingslagern "in einer bestimmten Zahl" aufnehmen. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) betonte, eine Lösung könne nur auf europäischer Ebene gelingen.

Der Deutsche Landkreistag warnte vor einem "einseitigen Vorpreschen Deutschlands bei der Flüchtlingsaufnahme". Die Integration der in den vergangenen Jahren angekommenen Menschen sei noch nicht abgeschlossen, erklärte der Präsident des kommunalen Spitzenverbandes, Reinhard Sager.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl verlangte, alle Flüchtlinge von den griechischen Inseln auf das Festland und in andere EU-Länder zu bringen: "Angesichts des humanitären Notstandes ist ein großangelegtes Aufnahmeprogramm aus Griechenland notwendig."