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GESAMT-ROUNDUP: Debatte über schärfere Maßnahmen - Bundestag will mitsprechen

NÜRNBERG/BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts rasant steigender Corona-Infektionszahlen wird nur wenige Tage nach den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen zum Eindämmen der Pandemie der Ruf nach noch schärferen Maßnahmen laut. CSU-Chef Markus Söder forderte am Montag eine bundesweit einheitliche Maskenpflicht für Regionen mit vielen Corona-Fällen - in Schulen, auf öffentlichen Plätzen und auch am Arbeitsplatz. "Wir brauchen eine allgemeine Maskenpflicht national", sagte er. Der bayerische Ministerpräsident sprach sich im Grundsatz auch für mehr Rechte des Bundes beim Infektionsschutz aus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies am Montag auf die "wichtigen Schritte" des vergangenen Mittwochs hin. "Mehr ist noch zu tun, das ist klar." Die Kanzlerin machte deutlich, dass sie nicht an der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern rütteln will. Sie glaube, dass sich der Föderalismus in der Pandemie bewährt habe, weil sehr viel spezifischer vor Ort reagiert werden könne.

Immer mehr Politiker fordern, dass die Parlamente - Bundestag und Landtage - stärker in die Entscheidungen eingebunden werden müssen. "Eine epidemiologische Not darf nicht zu einem Notstand der Demokratie werden", sagte die Linken-Vorsitzende Katja Kipping nach Beratungen der Parteispitze. Grünen-Chef Robert Habeck forderte, den Kampf gegen die Pandemie verstärkt auf Bundesebene im Bundestag und Bundesrat zu verhandeln. Kommunikation solle "nicht mehr im Hinterzimmer, nicht mehr in Videoansprachen" erfolgen, "sondern an den Orten, die in einer Demokratie dafür vorgesehen sind".

Hintergrund der Debatte über eine weitere Verschärfung der Maßnahmen ist die Sorge, dass das Infektionsgeschehen außer Kontrolle geraten könnte. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Montagmorgen meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland zuletzt 4325 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden. Der Wert ist vergleichsweise niedrig, auch weil am Wochenende nicht alle Gesundheitsämter Daten übermitteln. Gemessen an den 2467 gemeldeten Infektionen vom Montag vergangener Woche ist der aktuelle Wert aber deutlich erhöht. Die Zahl der Neuinfektionen hatte am Samstag mit 7830 zum dritten Mal in Folge einen Höchstwert erreicht.

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Betroffen sind inzwischen nicht nur Großstädte oder Ballungsräume. So wurden der bundesweite höchste Wert von Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb der letzten sieben Tag mit 252 im bayerischen Landkreis Berchtesgaden registriert. Dahinter lag die rund 82 000 Einwohner zählende Stadt Delmenhorst in Niedersachsen mit 223,1.

Regierungssprecher Steffen Seibert verteidigte, dass die Kanzlerin am Samstag ihren wöchentlichen Podcast angesichts der sich zuspitzenden Infektionslage für einen eindringlichen Appell an die Bürger genutzt hat. Es sei für sie eine zusätzliche Möglichkeit gewesen, ihre Gedanken zu dem, was in dieser konkreten Phase der Pandemie notwendig sei, darzulegen, sagte er.

Merkel hatte die Menschen in Deutschland gebeten: "Verzichten Sie auf jede Reise, die nicht wirklich zwingend notwendig ist, auf jede Feier, die nicht wirklich zwingend notwendig ist. Bitte bleiben Sie, wenn immer möglich, zu Hause, an Ihrem Wohnort."

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, warnte jedoch davor, die Bevölkerung zu verunsichern. Er wolle keine Entwarnung oder übertriebene Gelassenheit verbreiten, sagte er am Montag im Deutschlandfunk. "Aber ich finde, man kann den Menschen nicht in einer Tour Angst machen." So könne eine Art von Abstumpfung entstehen. Teile der Bevölkerung könnten anfangen, die Warnungen nicht mehr ernst zu nehmen.

Söder verlangte vor einer Schaltkonferenz des CSU-Vorstands, dass bei mehr als 35 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen eine Maskenpflicht auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen und in Schulen gelten solle, in Grundschulen und Horten ab der Marke 50. Bei einem Wert von 35 solle es auch eine bundesweite Maskenpflicht am Arbeitsplatz geben, wenn Mindestabstände nicht eingehalten werden können. Zudem sollten alle Länder nach bayerischem Muster ab einem Wert von 50 die Sperrstunde für Lokale schon um 22.00 Uhr verhängen.

Die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich mit der Kanzlerin am Mittwoch bereits auf eine schrittweise Ausweitung der Maskenpflicht in Corona-Hotspots verständigt - dies blieb aber wesentlich unpräziser als jetzt von Söder verlangt. Mit Blick auf die starke Zuständigkeit der Länder bei Maßnahmen gegen die Pandemie-Bekämpfung sagte dieser: "Ich bin ein überzeugter Föderalist, aber ich glaube, dass der Föderalismus zunehmend an seine Grenze stößt."

Die Kritik am geringen Einfluss der Parlamente auf die Entscheidungen über Corona-Maßnahmen entzündet sich unter anderem daran, dass sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn Sonderrechte verlängern lassen möchte, die ihm der Bundestag im März eingeräumt hatte. Sie sind bislang bis März 2021 begrenzt. Im Gesetzentwurf heißt es nun, die bisherigen Regelungen sollten - "unter der Voraussetzung, dass dies zum Schutz der Bevölkerung vor einer Gefährdung durch schwerwiegende übertragbare Krankheiten erforderlich ist" - "verstetigt" werden. Zur Frage, was das konkret heißt, wollte sich eine Ministeriumssprecherin am Montag in der Bundespressekonferenz nicht äußern.

Allerdings hat der Bundestag durchaus Mitwirkungsrechte. So wurde die "epidemische Notlage von nationaler Tragweite" - die Grundlage für die Sonderrechte der Regierung - im März vom Bundestag beschlossen. Der Bundestag kann sie auch wieder aufheben. Und auch im neuen Gesetzentwurf steht, dem Bundestag werde "das Recht eingeräumt, entsprechende Verordnungen abzuändern oder aufzuheben".

Trotzdem kritisierte der Geschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn im "Handelsblatt": "In der ersten Phase der Corona-Pandemie ist es vertretbar gewesen, Freiheitsrechte durch Verordnungen der Exekutive einzuschränken, um möglichst rasch auf akute Gefahren reagieren zu können. Das darf aber nicht zum Dauerzustand werden."

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sagte der "Augsburger Allgemeinen" (Dienstag), es werde schon zu lange hinter verschlossenen Türen verhandelt. "Beratung, Abwägung, Entscheidung und Kontrolle gehören gerade in Krisenzeiten ins Parlament." Unmut gibt es aber nicht nur bei der Opposition, sondern auch in den Koalitionsfraktionen. "Das Parlament muss der Ort sein, an dem die zentralen Entscheidungen getroffen werden", sagte beispielsweise Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU) der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten" (Dienstag).