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Der Geldautomat wird zum Auslaufmodell

Vor 50 Jahren nahm die Kreissparkasse Tübingen den ersten Geldautomaten Deutschlands in Betrieb. Doch dessen Siegeszug ist nun vorbei: Aldi, Rewe und jetzt auch Lidl machen den Geldautomaten immer unbedeutender.

Wer Ende der Sechzigerjahre an Deutschlands erstem Geldautomaten in Tübingen Bargeld abheben wollte, der brauchte erstmal einen Spezialschlüssel. Nur damit ließ sich die schwere Stahltür vor dem Automaten zu öffnen. Ein Plastikausweis zur Identitätskontrolle und eine Lochkarte aus Karton, mit der die Höhe des Abhebebetrags festgelegt wurde, waren auch noch nötig. Heute genügen eine Giro- oder Kreditkarte und der entsprechende Pin-Code, um an Bargeld zu kommen. Mehr noch: Der Weg zum Bankautomaten ist dafür längst keine Pflicht mehr.

Auf den ersten Automaten folgten zehntausende weitere. 2015 gab es in Deutschland so viele Geldautomaten wie nie zuvor – 58.811 Stück. Seitdem werden es allerdings stetig weniger und Supermärkte oder Tankstellen könnten diesen Rückgang noch beschleunigen. Denn dort werden die Kunden mittlerweile beim Bezahlen an der Kasse gefragt, ob sie auch noch Geld abheben möchten. Mit Discounter Lidl führte Ende August eine der letzten großen Supermarktketten diesen Service ein. In rund 3200 Lidl-Filialen in Deutschland können Kunden ab einem Einkaufswert von zehn Euro bis zu 200 Euro Bargeld abheben.

Bargeld an der Kasse abheben ist bequem und sinnvoll

Die Läden haben den Banken gegenüber einen großen Vorteil: Eingekauft wird immer. Wer an der Kasse dann noch Bargeld abhebt, spart sich den Weg zur Bank. Somit scheint es nur logisch, dass Geschäfte des täglichen Bedarfs diesen zusätzlichen Service anbieten. Innovativ ist das aber nicht. „Die deutschen Supermärkte haben mit dem Abheben und Einzahlen von Bargeld an der Ladenkasse keinen neuen Trend gesetzt, in anderen Ländern gibt es schon länger vergleichbare Angebote“, erklärt Werner Neus, Professor am Lehrstuhl für Bankwirtschaft an der Universität Tübingen.

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Doch auch wenn die deutschen Supermärkte nur einen bereits bekannten Service in ihre Filialen gebracht haben: „Aldi, Rewe und jetzt auch Lidl haben definitiv das Potential, den Geldautomaten immer unbedeutender zu machen“, glaubt Neus. Vor allem der Bequemlichkeitsvorteil der Supermärkte dürfte viele Kunden davon überzeugen, doch gleich im Laden abzuheben oder einzuzahlen.

Supermärkte als Ausgabestellen von Bargeld - das klingt sehr fortschrittlich. Allerdings geben die Supermärkte ein Zahlungsmittel heraus, das immer mehr an Bedeutung verliert. Und das trotz der weitverbreiten deutschen Liebe zum Bargeld. „Bargeld ist zwar eine typisch deutsche Sache, aber irgendwann werden sich auch die letzten Bargeldfreunde umstellen müssen. Der Trend geht nämlich definitiv zum bargeldlosen Bezahlen“, sagt Werner Neus. Im vergangenen Jahr bezahlte jeder Deutsche im Schnitt 54,4 Mal bargeldlos – ein neuer Höchstwert. Bereits 2016 gab es in Deutschland 21,42 Milliarden bargeldlose Transaktionen mit einem Umsatz von 54,5 Billionen Euro.

Was die Supermärkte freut, dürfte die Banken ärgern

Die Bargeldausgabe hat für die Supermärkte auch Vorteile. Sie verfügen ohnehin über einen hohen Bargeldbestand, weil viele Kunden gerade kleinere Einkäufe immer noch bar bezahlen. Dass die Supermärkte die Geldscheine gerne gegen das digitale Geld der Kunden eintauschen wollen liegt daran, dass Bargeld für die Supermärkte mit Kosten verbunden ist: Sie müssen es in teuren Tresoren lagern, es regelmäßig zur Bank bringen lassen und nehmen auch Falschgeld an, weil nicht jeder Schein geprüft werden kann. All das ist arbeitsaufwändiger, teurer und risikoreicher als eine simple Gutschrift von den Konten der Kunden. Das „Steinbeis Research Center for Financial Services“ der Steinbeis-Hochschule Berlin schätzte 2013 in der Studie „Cost for Cash“, dass dem deutschen Handel jedes Jahr Kosten in Höhe von mehr als 6,6 Milliarden Euro entstehen – und das nur, weil die Kunden ihre Einkäufe mit Bargeld bezahlen.


Mobile-Banken sind auf die Supermärkte angewiesen

Auf Anfrage der WirtschaftsWoche wollten sich prominente Vertreter des Auszahlungsservices wie Rewe und Lidl nicht dazu äußern, welche Kosten durch die Verwaltung von Bargeld entstehen, da diese Angaben sicherheitsrelevant seien.

Wenn Supermärkte die Kunden durch den Bargeld-Service zusätzlich davon überzeugen könnten, mit der Karte zu zahlen, birgt das sogar einen noch wichtigeren Vorteil: „Sie können die Einkäufe dann den Kontodaten zuordnen und so das Kaufverhalten der Kunden abbilden“, erklärt Werner Neus. Das dürfte für die Unternehmen sehr wertvoll sein. „Natürlich muss das innerhalb eines datenschutzrechtlich legalen Rahmens geschehen. Aber bei der anonymen Bargeldzahlung ist das eben nicht möglich.“

Die Banken dürften sich über den neuen Service in erster Linie ärgern. „Zwar ist das Betreiben eines Geldautomaten durchaus kostspielig und die Kosten dafür würden sinken, sollten die Geldautomaten weiter an Bedeutung verlieren“, sagt Neus. „Wenn allerdings Supermärkte Bargeld in Umlauf bringen, dann verlieren Banken die so wichtige Kundennähe. Viele Kunden könnten den Weg in die Geschäftsstellen nicht mehr als notwendig erachten.“

Im Gegensatz zu den herkömmlichen, stationären Banken nutzt die Mobile-Bank N26 den Service der Supermärkte für die eigenen Zwecke – ist darauf sogar angewiesen. Girokonto-Kunden von N26 können bei mehr als 9000 Geschäften kostenlos Bargeld an der Kasse abheben. Mit dabei sind zum Beispiel Rewe, Penny, Real oder dm. N26 betreibt keine eigenen Geldautomaten und kann die Kunden mit Hilfe der teilnehmenden Geschäfte trotzdem mit Bargeld versorgen.

Zwar setzt N26 stark auf die Einzelhändler. Das Ende des Geldautomaten ist für das Unternehmen aktuell aber noch nicht besiegelt. „Damit der sich Ein- und Auszahlservice von Supermärkten gegen die Geldautomaten durchsetzt, müsste es mehr Geschäfte geben, die diesen Service anbieten“, sagt Alexander Weber, der bei N26 die Abteilung „Internationale Märkte“ leitet. Gerade in ländlichen Regionen hätten die Kunden nach einem langen Weg zum nächsten Supermarkt oftmals die Wahl zwischen Ladenkasse und Geldautomat. Und dann würden sie höchstwahrscheinlich auch den Geldautomaten zur Abhebung nutzen, „denn diesen kennen sie in der Regel bereits länger als den hierzulande doch recht neuen Service der Supermärkte“, sagt Weber.

Was die Banken vom Service der Supermärkte halten

Anders als N26 dürften die herkömmlichen Banken nicht so angetan vom neuen Service der Supermärkte sein. Angst herrscht innerhalb der Branche aber offenbar nicht. Der Vorstoß der Supermärkte setze die Sparkasse Duisburg „in keiner Weise“ unter Druck, sagt Vorstandsvorsitzender Joachim Bonn. „Der Geldautomat hat noch andere Servicefunktionen, die eine einfache Supermarktkasse nicht bieten kann“, sagt Bonn. Dazu zählen die Anzeige des Kontostands oder die Möglichkeit, das Handy am Automaten aufzuladen.

Mit seiner Meinung ist Joachim Bonn nicht allein, viele andere Banken sehen den Service der Supermärkte, Tankstellen oder Drogerien ebenfalls nicht als Bedrohung. Die Commerzbank erkennt in dem Service sogar einen Mehrwert für die eigenen Kunden: „Wir wollen deshalb aber nicht die Zahl der Automaten verringern“, teilte die Commerzbank mit. Die Postbank habe das ebenfalls nicht vor. Denn die Menge an Bargeldauszahlungen, die täglich über einen Geldautomaten abgewickelt wird, übertreffe die Kapazitäten einer Supermarktkasse bei weitem.