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Geld gibt es nur mit einer Idee für Weiße, sagt diese Gründerin

Gründerin Deborah Choi profitiert von einer Förderung durch Googles Black Founders Fund.
Gründerin Deborah Choi profitiert von einer Förderung durch Googles Black Founders Fund.

„Schwarze Gründerinnen und Gründer haben es immer noch schwer in der europäischen Gründerszene“, sagt Deborah Choi, Gründerin von Bosque, einem Online-Versandhandel für Zimmerpflanzen. Die gebürtige Nigerianerin zählt mit ihrem Startup zu einem von vier Jungunternehmen aus dem deutschsprachigen Raum, die von Google im Rahmen des Black Founders Fund unterstützt werden. Auch die Startups Playbrush, Vanilla Steel und Kwara gehören dazu. Jedes dieser Unternehmen erhält rund 100.000 Dollar Fördergeld, ebenso wie 220.000 Dollar Guthaben um etwa Suchanzeigen oder Cloudspeicher bei dem Internetriesen zu buchen. Insgesamt flossen so rund zwei Millionen Dollar an dreißig europäische Startups.

Es fehlt der Zugang zu Kapital

Eine Initiative, die ein wichtiges Thema adressiert: Schwarzen* fehlt der Zugang zu Kapital. Laut des State of European Tech Reports, einer Untersuchung des VC-Unternehmens Atomico, fließen gerade einmal 0,5 Prozent des Wagniskapitals in Europa in die Firmen Schwarzer Gründer.

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In den vergangenen zehn Jahren sollen in Großbritannien zum Beispiel lediglich 38 Schwarze Gründer eine Finanzierung für ihr Startup erhalten haben, bei Schwarzen Gründerinnen waren es lediglich zehn. Für den deutschsprachigen Raum gibt es keine vergleichbaren Zahlen. Im Gegenteil: Schwarze Gründerinnen und Gründer tauchen hierzulande in fast keiner Untersuchung explizit auf.

Dabei ist genug Potenzial vorhanden, wie Bosque-Gründerin Choi sagt: „Es gibt nicht zu wenig Schwarze in der Startup-Szene, die werden nur nicht gesehen.“ In den meisten Fällen würden Schwarze ihre Startups zwangsläufig bootstrappen, aus Mangel an Investorengeldern. Schwarze Gründerinnen und Gründer hängen damit häufig in einer Spirale: Sie erhalten keine Finanzierung, weil sie zu wenig Sichtbarkeit haben; sie haben zu wenig Sichtbarkeit, weil sie keine Finanzierung bekommen. Vielleicht zeigt auch das die hohe Nachfrage nach der Google-Förderung, denn für Black Founders Fund haben sich 800 Gründer beworben.

Nur ein PR-Coup?

Die Initiative könnte ein erster Schritt sein, diesen Kreislauf zu durchbrechen, falls die ausgewählten Unternehmen wirklich von der medialen Aufmerksamkeit profitieren. Und: „Durch die Förderung erhalten wir Zugang zu Googles Netzwerk, das ist schon viel wert“, sagt Choi. Dabei wirken die zwei Millionen Dollar angesichts der zuletzt oft dreistelligen Millionenfinanzierungen in der Szene eher gering.

Und auch Choi sieht, dass manch einer die Bemühungen des Internetkonzerns nur als PR-Coup verstehen könnte. Denn was sind schon zwei Millionen Dollar verteilt auf dreißig europäische Startups? Es ist schließlich nicht unüblich, dass ein einziges Startup alleine diese Summe als Early-Stage-Finanzierung von Investoren einsammelt.

Auch wenn Google sich mit der Förderung keine Anteile an den Startups gesichert hat, bloße Charity ist der Black Founders Fund nicht. Sich für Diversität zu engagieren, scheint zu einer Notwendigkeit im Wettbewerb um Talente und Aufmerksamkeit für viele Unternehmen geworden zu sein.

Dieser Faktor dürfte für Google eine Rolle gespielt haben. Und den Wettbewerbsfaktor Diversity erkennen zunehmend auch andere Investoren. Softbank und der deutsche Frühphaseninvestor Speedinvest etwa haben gerade gemeinsam ein neues Accelerator-Programm angekündigt, das europäische Startups mit diversem Hintergrund fördern soll. Das Emerge-Programm agiert bereits in den USA, jetzt wird nach zehn bis zwölf Startups für den ersten europäischen Durchlauf gesucht.

„Von den deutschen Unicorns ist an der Spitze keines divers aufgestellt"

Speedinvest-Gründer und -Manager Oliver Holle sagt, es sei zwar offensichtlich das Richtige, sich gegen die Benachteiligung marginalisierter Gruppen in der Startup-Welt zu engagieren. Doch auch für Softbank und Speedinvest sei das nicht der einzige Treiber. Man wolle frühzeitig in künftige Trendmärkte investieren. „Das meiste Geld bewegt sich aktuell in den Echokammern der deutschen Startup-Szene“, sagt Holle. Zu diesem elitären Kreis habe aber nicht jeder Zugang und so schustert sich die Startup-Bubble ihr Geld immer wieder selbst zu. „Von den deutschen Unicorns ist an der Spitze keines divers aufgestellt“, sagt der Investor. Dabei hätten nicht nur weiße Gründer das Potenzial zum Einhorn.

Das Gründerprogramm von Softbank und Speedinvest richtet sich nicht nur an Gründer der Black Community. „Wer Diversität fördern will, muss auch andere Aspekte der Diskriminierung mit einbeziehen“, sagt Holle. Deswegen können sich neben Schwarzen Gründern auch Startups bewerben, die entweder eine Frau, ein Mitglied der LGBTQI+-Community oder einen Menschen mit Migrationsgeschichte im Gründerteam haben.

Nicht nur Schwarze haben es schwer

Wie eine ganze Reihe Untersuchungen zeigen, haben es auch Startups dieser Gruppen extrem schwer in der Startup-Szene. Laut Female Founders Monitor 2020 gibt es auch nach Jahren der Empowerment-Debatten lediglich 15,7 Prozent Gründerinnen. Dem Migrant Founders Monitor 2021 zufolge erhalten Gründer mit Migrationshintergrund in erster Generation im Schnitt 1,1 Millionen Euro externes Kapital, während Gründern im deutschlandweiten Durchschnitt 2,6 Millionen Euro Wagniskapital zufließen. Die deutsche Startup-Szene ist gestern wie heute ein weißer Boys-Club. Dass die Biontech-Gründer Ugur Sahin und Özlem Türeci als großartige Beispiele für den Gründungserfolg mit Migrationsgeschichte gefeiert werden, weil sie Deutschland einen Corona-Impfstoff beschert haben, ändert daran nichts.

Damit es mehr als nur seltene Ausnahmen zum Startup-Erfolg schaffen, stellen Unternehmen also Millionen Dollar Fördergeld zur Verfügung und starten einen Accelerator. Aber reicht das? „Nein“, sagt zumindest Deborah Choi, die Bosque-Gründerin. Zwar stehe sie mit ihrem Startup kurz vor dem Abschluss einer Finanzierungsrunde – sie hatte nach eigenen Angaben wenig Probleme mit der Investorengewinnung, weil sie zwei weiße, männliche Mitgründer hat–, repräsentativ sei das aber nicht. Die Startup-Szene müsste sich mal fragen, warum sie sich so wenig für die Lebensrealität von Schwarzen interessiert.

Investment? Nur mit einer Idee für Weiße

Mit ihrer Idee, einem Online-Versand für Zimmerpflanzen könnten auch weiße Investoren etwas anfangen, sagt Choi. Darum habe sie es leichter gehabt. Wenn es aber um Gründungsideen geht, die den Alltag Schwarzer Menschen betreffen, zeigen VCs kein Interesse, wie befreundete Gründer gegenüber Choi angeblich immer wieder beklagen. Wie schwer es ist, einem Investor eine Idee zu pitchen, hat im vergangenen Jahr auch Nana Addison, die Gründerin von Styleindi, Gründerszene berichtet.

Haben Schwarze Gründerinnen und Gründer trotz immer mehr Förderprogrammen also nur eine Chance in der Startup-Welt, wenn sie Probleme adressieren, die auch weiße Menschen betreffen? Das ist sicher Teil des Problems, die Herausforderungen für Schwarze in der Gründerszene fangen aber noch weit vor einem Investorengespräch an, findet Jesaja Brinkmann. Brinkmann ist der Gründer von Cara Care.

Jesaja Brinkmann ist Gründer des Health-Tech-Startups Cara Care.
Jesaja Brinkmann ist Gründer des Health-Tech-Startups Cara Care.

Mit seinem Startup hat er eine Gesundheitsapp gegen Verdauungsbeschwerden entwickelt, die nach Unternehmensangaben mehr als 700.000 Nutzerinnen und Nutzer haben soll. Brinkmann ist nicht nur erfolgreicher Gründer, sondern engagiert sich auch stark für die BIPOC-Community*. Er sieht die Initiativen, die gerade entstehen, als einen wichtigen Schritt, ist aber der Überzeugung, dass Startup-Branche und Gesellschaft im Kampf gegen Ungleichheiten für marginalisierte Gruppen viel früher ansetzen müssen.

Der strukturelle Rassismus ist das Problem

„Die Probleme fangen nicht erst an, wenn Gründer vor Investoren stehen“, sagt er. Wenn Schwarze schon in ihrer Kindheit immer wieder Rassismus und Mikroaggressionen erleben und ohne erfolgreiche Vorbilder aufwachsen, würden sich die meisten erst gar nicht trauen, überhaupt vom großen Startup-Erfolg zu träumen. Um mehr erfolgreiche Schwarze Gründer in der Startup-Szene zu haben, muss das strukturelle Rassismus-Problem der Gesellschaft bekämpft werden. „Und nicht nur, weil es gerade Trend ist, sich für BIPOC zu engagieren“, sagt Brinkmann.

Dafür sind Fördertöpfe für Schwarze Gründer nicht das einzige probate Mittel. "Wenn nötig, kann mittelfristig auch eine Quote in VCs sinnvoll sein", sagt Brinkmann. Damit Gründerinnen und Gründer mit diversem Hintergrund gesehen werden und damit Menschen mit einem diversen Hintergrund sehen, dass sie in der Startup-Szene nicht alleine sind.

*Schwarz: Es handelt sich hier nicht um die Beschreibung einer Hautfarbe, sondern um eine politische Selbstbezeichnung und die gesellschaftspolitische Zugehörigkeit. Um das deutlich zu machen, ist der Begriff groß geschrieben.

BIPOC: Black, Indigenious and People of Colour = Selbstbezeichnung für Schwarze Personen