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Gehört Blackrock bald die ganze Welt?

Um den US-Geldmanager Blackrock, seine Indexfonds und Risikoanalysesysteme ranken sich viele Geschichten. Ist er eine Gefahr?

Blackrock – schwarzer Felsen: Das wäre ein idealer Name für einen Hollywood-Gruselschocker. Und wenn auf dem Fels der „König der Wall Street“ regiert, ist das Drehbuch für den Kinohit perfekt. In der Realität aber hat das gleichnamige US-Unternehmen in der Gilde der Vermögensverwalter Weltruhm und sein Gründer und Chef Larry Fink hat am Kapitalmarkt einen Ruf wie Donnerhall.

Doch nicht etwa, weil er sich als Diktator aufspielt, sondern weil er sich schlaue Finanzprodukte und -instrumente ausgedacht hat und sein Reich durch kluge Übernahmen vergrößerte. Pensionskassen, Lebensversicherer und Versorgungseinrichtungen, aber auch Privatanleger haben Finks Firma mehr als 6000 Milliarden Dollar anvertraut. Sie sehen in Blackrock aber weder einen Plünderer, noch eine Sekte, die irgendwann mit ihrem Geld die Welt kauft, sondern einen professionellen Geldmanager, der häufig günstigere Investmentprodukte anbietet als seine Konkurrenten.

Trotzdem ist Blackrock ein beliebtes Ziel für Verschwörungstheorien. Mit ihrem Buch „BlackRock – Eine heimliche Macht greift nach unserem Geld“, schürte die Autorin Heike Buchter die Angst vor dem Riesen (Campus Verlag, 2015). „Eine Macht, die nach meinem Geld greift? Da fallen mir als erstes mein Sohn und meine Tochter ein“, sagt ein Anleger.

Allenfalls Notenbanken wachen über noch mehr Geld als die New Yorker. Stellt man das Blackrock-Vermögen, das die Amerikaner weltweit treuhänderisch für Anleger verwalten, ins Verhältnis zum globalen Geld- und Immobilienvermögen, das die Schweizer Bank Credit Suisse in ihrem Global Wealth Report 2017 auf 280.000 Milliarden Dollar taxiert, stecken im Blackrock-Reich immerhin 2,1 Prozent davon.

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Alles nur kopiert

Ein Teil des Geschäfts ist allerdings pures Abkupfern von Börsenindizes, um daraus Indexfonds, so genannte Exchange-Traded-Funds (ETF), zu bilden. Es ist ein margenschwaches Geschäft. Aber in Europa hat die Blackrock-Marke iShares Ende 2017 einen Marktanteil von 44 Prozent und saugt mit 299 Milliarden Euro verwaltetem Geld einen großen Teil des europäischen ETF-Geschäfts auf. Die Konkurrenz zuckelt hinterher: Die DWS-Marke Xtrackers liegt abgeschlagen auf Rang zwei mit 71 Milliarden, die Société Générale-Tochter Lyxor auf Rang drei mit 64 Milliarden Euro.

Das ihnen von Anlegern anvertraute Geld gibt den Amerikanern enormes Gewicht am Kapitalmarkt. Vom Börsenwert aller 30 im Dax enthaltenen Aktien sind etwa 4,5 Prozent in der Hand von Blackrock. Durch die großen Rentenfonds-ETF ist das Unternehmen wichtiger Geldgeber für Staaten und Unternehmen.

Es ist zwar eine geborgte Macht, die schrumpfen würde, sobald die Anleger aus den ETF Geld abziehen. Doch aktuell sind die Zuwächse rasant: 2017 haben Anleger weltweit netto 245 Milliarden Dollar neu in iShares-ETF investiert.

Wettbewerb funktioniert noch

Markus Kaiser hat sich als Manager verschiedener Fonds beim Vermögensverwalter StarCapital aus Oberursel auf den Einsatz von ETF spezialisiert. In seinen Starcapital Star-Fonds kommen dadurch auch immer wieder iShares-Produkte zum Einsatz. Kaiser lobt den Service von Blackrock. Trotzdem greift er häufig bei Konkurrenzprodukten zu, wenn er sie für besser konstruiert hält, sie geringere Kursabweichungen zum Index haben oder günstiger zu handeln sind. Chancenlos sind die Wettbewerber nicht.

Noch behindere der Marktanteil von Blackrock den Wettbewerb im ETF-Markt nicht, so der Eindruck von Detlev Glow, Europa-Research-Chef bei Thomson Reuters Lipper. So seien etwa die jährlichen Verwaltungskosten für beliebte ETF in den vergangenen Jahren gesunken – beim ETF auf den Euro Stoxx 50 von 0,19 Prozent im Jahr 2010 auf aktuell nur noch 0,1 Prozent. Das geschah auch deshalb, weil doch immer neue Anbieter in den Markt kamen. Glow hofft allerdings, dass Aufseher genau hinschauen, um früh zu erkennen, wenn der Riese seine Marktmacht zum Nachteil für Anleger ausspielen sollte.

Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und Vorsitzender der Monopolkommission, die die Bundesregierung berät, hat ein Auge auf den Markt. Gegen die ETF hat Wambach nichts einzuwenden, „die helfen Anlegern, sich gut zu diversifizieren“. Er beobachtet die Auswirkungen, die der gebündelte Aktienbesitz von Blackrock auf die Unternehmen hat. Aber er ist ebenfalls aufmerksam beim hierzulande sehr aktiven Norwegischen Staatsfonds.

Wissenschaftliche Studien aus den USA haben die Wettbewerbshüter aufgerüttelt. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass Beteiligungen großer Investoren an mehreren Unternehmen einer Branche dazu führen könnten, dass die Investoren kein Interesse mehr an einem starken Wettbewerb der Unternehmen untereinander hätten. Die von den Wissenschaftlern geforderte Regulierung der Indexfonds hält der frühere Blackrock-Deutschland-Chef Christian Staub verständlicherweise für „verheerend“, wie er in einem Gastkommentar für das Handelsblatt schrieb.

Wettbewerbshüter Wambach allerdings vergleicht die Situation heute mit der früheren Deutschland-AG. Damals ging es um Kapitalbeteiligungen und Aufsichtsratsposten von heimischen Banken und Versicherungen an Industrieunternehmen und den Vorwurf, dass diese den Wettbewerb behindern.


Monopolkommission untersucht Einfluss

Diese Position könnten jetzt auch mächtige Investoren einnehmen. „Es gibt Sand im Getriebe, aber es ist schwer festzumachen, wo genau“, so der Eindruck von Wambach. Die Monopolkommission untersuche den Einfluss weiter. Auch der Kölner Vermögensverwalter Bert Flossbach sieht den Einfluss auf die Unternehmen durch die ETF-Branche als Problem. „Die großen Anbieter Blackrock, Vanguard und State Street arbeiten mit führenden US-Stimmrechtsberatern zusammen, ISS und Glass Lewis. Sie teilen 90 Prozent des Marktes unter sich auf.“ Man stünde einem Schattenregime gegenüber. Dass sich ETF-Anbieter wie Blackrock auch noch als „neue moralische Instanz“ aufspielten und selbst die Richtlinien guter Unternehmensführung definierten, ist Flossbach zu viel. „Wie in einer Monarchie kann man nur hoffen, dass das Schattenregime im Sinne der Unternehmen und damit des Investmentvolks handelt“.

Funktioniert die Aufsicht?

Die Finanzaufseher, die sich um Blackrock kümmern sollen, sind über ganz Europa verstreut. Wichtige Stellen sind Dublin und Frankfurt. In Irland werden die meisten ETF von Blackrock aufgelegt und überwacht, in Frankfurt muss die BaFin über deutsche Produkte und Aktienbeteiligungen von Blackrock wachen. Die BaFin verhängte 2015 sogar ein Rekordbußgeld von 3,25 Millionen Euro gegen den Riesen, weil Konzerngesellschaften Mitteilungspflichten zum Aktienbestand nicht erfüllt hatten. Doch das war nur deshalb rausgekommen, weil Blackrock es selbst bei der Aufsicht angezeigt hatte.

Um seine Führungsposition zu halten und zu stärken, versucht das Haus die Rahmenbedingungen zu beeinflussen: Gut vernetzte Ex-Politiker und -Notenbanker stehen in Europa auf der Gehaltsliste, wie der frühere CDU-Politiker Friedrich Merz oder der ehemalige Schweizer Notenbankpräsident Philipp Hildebrand. Fink selbst plädierte für mehr kapitalgedeckte Altersvorsorgesysteme, von denen Blackrock profitieren würde.

Seinen Willen bekommt aber auch der Riese nicht immer: Als die Deutsche Börse mit der Konkurrenz aus London fusionieren wollte, warb Fink persönlich Anfang 2017 in Frankfurt für den Deal. Geholfen hat das nicht, er wurde abgeblasen.

Virtuelle Schatzkammer

Interessant ist die virtuelle Schatzkammer des Blackrock-Reiches. Risikoanalyse, Wertpapierhandel und Datenauswertung sind die Spezialitäten. Der Bereich Scientific Active Equity beschäftigt sich damit, öffentlich verfügbare Daten, die heute als „Big Data“ bezeichnet werden, als Rendite-Quelle zu nutzen. Die Expertise im Cyberspace ermöglicht es den Amerikanern, etwa beim Unternehmensresearch die Auslastung von Supermarkt-Parkplätzen auszuwerten. Mit den Technologie-Plattformen Aladdin (Abkürzung für „Asset, Liability, and Debt and Derivative Investment Network“) und Blackrock Solutions, ist das Haus ein Dienstleister für andere Vermögensverwalter und ein gefragter Berater in Finanz- und Schuldenkrisen. Für Banken durchleuchtete Blackrock etwa die Zusammensetzung verbriefter Immobilienkredite, für Gläubiger etwa die Schulden Griechenlands. Beim Bankenstresstest nutzte die Europäische Zentralbank die Unterstützung von Blackrock Solutions, die 40 Großbanken im Euroland auf riskante Kredite untersuchten.

Die IT-Plattform Aladdin prüft im Sekundentakt Millionen Wertpapiere weltweit und berücksichtigt Währungsänderungen, fundamentale Kennzahlen der Unternehmen, Konjunktur oder gar Regierungswechsel. Aber auch Erdbeben, Kälte- und Dürreperioden werden als Risikofaktoren angezeigt. Aladdin soll bei den Vermögensverwaltern einen Marktanteil von neun Prozent, bei Versicherungen sogar von 15 Prozent haben. Konkurrenzlos sind die Amerikaner hier aber nicht. Etwa die dänische Simcorp gewinnt häufig im Wettbewerb um Kunden gegen sie, zuletzt etwa die Riesen Generali, Axa Investment Managers und UBS Asset Management.

Doch Blackrock gehe mit einem niedrigen Preis in den Markt und könne so manchen Konkurrenten leicht ausstechen, meint ein Beobachter. Auch Depots von Privatkunden könnten künftig von Aladdin durchleuchtet werden, weil das System inzwischen auch in der Bankberatung zur Depotanalyse eingesetzt werden kann. Eine Garantie für eine gute Performance allerdings, das bieten die Blackrock-Analysen nicht.

Stellt man sich nach dem jüngsten Datenskandal bei Facebook allerdings vor, die in den USA angesiedelten Computer von Blackrock, die auf künstliche Intelligenz programmiert sind, schlössen sich mit denen von Amazon, Google und Facebook zu einem Cyborg zusammen, der das globale Wissen der Geld- und Warenwelt vereint, dann wird es doch etwas gruselig. Noch ist das nur großes Kino.