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“Er ist das Gegenteil vom Killerwal”: So tickt der künftige Chef hinter Kaufland und Lidl, der den Machtkampf in der Schwarz-Gruppe gewonnen hat

Gerd Chrzanowski, jetziger Lidl-Vorstandschef und designierter Komplementär der Schwarz-Gruppe
Gerd Chrzanowski, jetziger Lidl-Vorstandschef und designierter Komplementär der Schwarz-Gruppe

Im sonst eher beschaulichen Neckarsulm geht es dieser Tage heiß her. Es steht ein Machtwechsel an in der Schwarz-Gruppe, Europas größtem Einzelhändler, der die Ketten Lidl und Kaufland betreibt. Die Protagonisten: Ein Killerwal und sein Nachfolger, der aber deutlich weniger bissig sein soll. Der Chef der Schwarz-Gruppe, Klaus Gehrig – auch bekannt als Killerwal – hat am Freitag überraschend sein Amt niedergelegt. Sein Nachfolger wird der bisherige Lidl-Vorstandschef Gerd Chrzanowski.

Wie die Schwarz-Unternehmensgruppe bekannt gab, wird zunächst Firmen-Inhaber Dieter Schwarz die Funktion des Komplementärs so lange wahrnehmen, bis Chrzanowski das Mandat übernehmen könne. Wann genau das sein wird, ließ das Unternehmen noch nicht durchblicken.

Chrzanowski gilt bereits seit 2019 als heißer Kandidat auf den Posten, zuvor war er Gehrigs Stellvertreter. 2020 gab der Schwarz-Konzern bekannt, dass der damals 71-jährige Gehrig seinen Nachfolger offiziell einarbeite. Aktuell leitet Chrzanowski das operative Geschäft und ist Lidl-Vorstandschef. Als neuer Chef der Schwarz-Gruppe wird er sich wieder intensiver mit den Handelssparten Lidl und Kaufland beschäftigen.

Von der Kasse in den Vorstand

Der Mann ist ein Eigengewächs der Schwarz-Gruppe und hat einen beachtlichen Aufstieg hinter sich. Vor 20 Jahren fing der 49-Jährige bei Lidl an der Kasse an. 2008 zog er in den Vorstand von Lidl ein, wo er bis 2014 blieb und für zentrale Dienste zuständig war, also etwa für Betriebsmitteleinkauf und Bau.

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Chrzanowski gilt als zielstrebig und durchsetzungsfähig. Er steht für einen Modernisierungskurs. So tauschte der ehemalige Lidl-Chef kurzerhand Audi durch BMW als Dienstwagenlieferanten aus und baut neben dem Handel das Entsorgungsgeschäft als zweites Standbein im Konzern auf. Ende 2018 hat die Schwarz-Gruppe den Entsorger Tönsmeier übernommen und mit ihrem eigenen Entsorgungsbetrieb unter dem neuen Namen Prezero verschmolzen. Die Lidl-Mutter ist damit auf einen Schlag zum fünftgrößten deutschen Abfallentsorgungsunternehmen geworden – dank Chrzanowskis Firmenzukäufen, wie es aus Branchenkreisen heißt. Unter seiner Führung wurde das Unternehmen immer mehr hin zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft umgebaut, sagen Branchenkenner. Der Manager hat zunehmend die Fair-Trade-Sparte des Unternehmens ausgebaut und bereits vor fünf bis sechs Jahren darauf gesetzt.

Aber vor allem machte der Manager das wichtige Thema Digitalisierung zur Chefsache und holte unter anderem den Experten Rolf Schumann von SAP als Chief Digital Officer in die Gruppe. Sein Ziel war vor allem, sämtliche Einzelprojekte miteinander unter einen Hut zu bekommen und eine einheitliche Strategie zu fahren. Die engere Verflechtung von Lidl Digital mit den Filialen und die Digitalisierung der Märkte sind zwei Themen, die Chrzanowski sich auf die Fahnen geschrieben hat. Als Beispiel gilt auch der Rollout von digitalen Preisschildern. Die Kunden-App Lidl Plus war wochenlang auf Platz 1 in App-Stores.

Ein Mann ohne Macht-Allüren

Von Bekannten wird Chrzanowski als "Mann ohne Macht-Allüren" bezeichnet. Während Gehrig laut Beobachtern scheinbar eine gewisse Ehrfurcht erwartet habe, wenn er den Raum betrat, sei Chrzanowski anders. "Er ist das komplette Gegenteil zum Killerwal", heißt es aus Unternehmenskreisen. Aus Mitarbeiterkreisen heißt es, man warte schon sehnsüchtig auf seinen Einsatz, da er kein Mikro-Management betreibe und die "High Five" lebe, wie Lidl das Führungsleitbild des Unternehmens bezeichnet. Von verschiedenen Seiten hört man immer wieder, er sei "sehr menschlich" und vertraue seinen Mitarbeitern, weshalb er innerhalb des Konzerns sehr beliebt sei. Einige bezeichnen ihn sogar als "Glücksfall für das Unternehmen". Ein klarer Kontrast zu Gehrig, der mit seinem aggressiven Managementstil den Spitznamen Killerwal bekommen hatte.

„Gerd Chrzanowski hat in der Vergangenheit in verschiedenen Leitungsfunktionen und Aufgaben seine persönlichen, fachlichen und vor allem strategischen Qualitäten unter Beweis gestellt“, sagt auch Gehrig über seinen potenziellen Nachfolger, wie das "Handelsblatt" schreibt. Auch wenn es zuletzt immer mal wieder zu Reibereien mit Gehrig gekommen sein soll, wendete Chrzanowski sich nie gegen seinen Vorgänger und äußerte sich niemals in den Medien. Denn die Zurückhaltung gegenüber der Presse ist eine der wichtigsten Leitlinien von Firmenpatriarch Dieter Schwarz, weshalb auch Chrzanowski kaum öffentlich auftritt oder Interviews gibt. "Chrzanowski ist zu 100 Prozent loyal gegenüber dem Unternehmen", heißt es aus dem Umfeld. Vertraute Kreise berichten ebenfalls, dass Gehrig lange sein Förderer war, sich zuletzt jedoch von ihm abgewendet hatte.

Zum Eigentümer Dieter Schwarz soll Chrzanowksi ebenfalls einen guten Draht haben, sonst hätte sich der Konzern nicht schon so klar zu seiner Nachfolge positioniert, heißt es aus Insiderkreisen. Unternehmensvertraute sagen, dass Schwarz das Feld nun erst einmal für Chrzanowski vorbereiten wolle.

Doch auch Chrzanowski schien im Unternehmen einige Reibungsflächen mit einigen Managern und Managerinnen gehabt zu haben. Zumindest mit seiner damaligen Nachfolgerin als Leiterin der Schwarz Dienstleistungen, Melanie Köhler, die ebenfalls vor kurzem aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, wie Business Insider berichtete. Ein Machtkampf zwischen ihr und Chrzanowski solle zu ihrem Ausstieg geführt haben, heißt es. Als Vorstandsvorsitzender von Lidl hat Chrzanowski Entscheidungen getroffen, die im Umfeld von Köhler nicht auf Gegenliebe gestoßen sein sollen, schreibt etwa die "Lebensmittelzeitung". In ihrem Abschiedsschreiben dankte sie etwa ihrem Mentor Gehrig, nicht aber Chrzanowski. Letztendlich ist nun klar: Chrzanowski hat sich mit seiner zurückhaltenden Art durchgesetzt und übernimmt künftig das Ruder in dem größten Lebensmittelkonzern Deutschlands. Wann, das wird, wie immer, letztendlich Patriarch Dieter Schwarz entscheiden.