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Projektentwickler: Gebaut wird weiterhin – doch die Zukunft ist ungewiss

Noch bekommen Projektentwickler die Krise finanziell nicht zu spüren: Wo Büro- und Wohngebäude entstehen, wird weitergebaut. Das aber könnte sich ändern.

Das Herz sagt immer noch Ja, der Kopf Nein – so verkündet Peter Ottmann, Chef der Nürnberg Messe Group, das Aus des Großprojekts „NCC Süd“. Bis 2024 sollte das Messezentrum vergrößert werden. Gut 200 Millionen Euro wollte der Betreiber investieren.

Die Summe hätte gleich doppelt schwer gewogen, denn in Zeiten von Corona sind aufgrund der aktuellen Beschränkungen alle Großveranstaltungen wie Messen abgesagt. Nun wird der Bau des NCC Süd verschoben. 2024 soll er frühestens beginnen.

Das Beispiel zeigt: Unternehmen stellen Großprojekte in Krisenzeiten infrage. Für Projektentwickler ergibt sich daraus ein komplexes Bild – Objekte, die sich jetzt schon im Bau befinden, werden weitergeführt. Alles andere ist ungewiss.

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Unsicherheit ist jedoch kein Substantiv, das Projektentwickler so leicht aus der Fassung bringt, gehört sie doch zum Geschäft. Die Unternehmen kaufen Grundstücke mit einer Vision, schaffen Bebauungspläne und gehen mit hohen Millionenbeträgen in Vorleistung – meist ohne zu Planungsbeginn zu wissen, welcher Käufer am Ende zuschlägt.

Die Jahre des Immobilienbooms kamen der Branche zugute. Sogenannte „Forward-Deals“ nahmen zu. Mit diesen Geschäften sichern sich Investoren in frühen Bauphasen eine Immobilie. Gezahlt wird in der Regel häppchenweise nach Bauabschnitt.

Eine Win-win-Situation für beide Seiten: Die Investoren bekommen Immobilien günstiger als im fertiggestellten Zustand. Den Projektentwicklern wird ein Teil des Risikos abgenommen – so können sie frühzeitig wieder neue Projekte angehen.

In der Coronakrise sind diese Geschäfte keine Selbstverständlichkeit mehr. „Wir hören von Marktteilnehmern, dass viele Forward-Deals im Moment nicht stattfinden“, sagt Andreas Schulten. Er ist Generalbevollmächtigter beim auf Immobilien spezialisierten Analysehaus Bulwiengesa. Seine jährliche Projektentwicklerstudie gilt als verlässliches Barometer für den Zustand der Branche.

Lesen Sie hier, wie die Coronakrise die Immobilienwirtschaft im Einzelnen trifft:

  • Architekten: Kreativ aus der Krise

  • Bauunternehmen: Die Kurve flacht ab

  • Makler: Mehr Beratung für Käufer

Die jüngste Studie veröffentlichte Bulwiengesa Ende März. Sie zeigt noch das Bild vor der Coronakrise. Für das Handelsblatt haben Schulten und seine Kollegen nun noch einmal bei 23 großen Projektentwicklern nachgehakt, ihre Prognose aktualisiert.

Das Ergebnis: Auch wenn die bereits im Bau befindlichen Projekte weiterlaufen, so berichten doch 78 Prozent der Befragten von Verzögerungen. Knapp die Hälfte verschiebt Projekte, obwohl sie die Baugenehmigung schon erhalten hat, und mehr als zwei Drittel erklären, dass sich Projekte, die noch keine Baugenehmigung erhalten haben, verzögern.

Für den Neubau hat das deutliche Folgen: Vor der Coronakrise rechnete Bulwiengesa noch damit, dass bis 2024 insgesamt 20,5 Millionen Quadratmeter an Büros, Wohnungen, Handelsimmobilien und Hotels entstehen. Nun werde ein Fünftel, so prognostiziert es Schulten, nicht wie geplant entstehen.

Vor allem beim spekulativen Neubau, der gebaut wird, ohne dass es vorab einen klaren Abnehmer gibt, herrscht Zurückhaltung. 7,9 Millionen Quadratmeter solcher Flächen sollten allein im Bürobereich entstehen. Ein Drittel davon bricht nun weg.

Sven Bienert, Professor am Irebs Institut für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg, rechnet damit: „Erst ab 2021 werden die heute nur noch sehr verhaltenen Neuabschlüsse sichtbar und dann vermehrt zu Schieflagen beitragen.“

Regionale Unterschiede

Ulrich Höller leitet seit Anfang dieses Jahres für die ABG Real Estate Group die Geschäfte. Vor allem Büro- und Wohnprojekte zählt das 2,7 Milliarden Euro Projektvolumen umfassende Portfolio, darunter mit dem „Voltair“ in Berlin und dem „Deutschlandhaus“ in Hamburg zwei Bürokomplexe, die insgesamt mehr als 800 Millionen Euro schwer sind.

Auf den Baustellen laufe alles „ziemlich normal“ weiter, sagt Höller – davon sei er positiv überrascht. Vereinzelt habe es Verzögerungen bei Materiallieferungen gegeben. In der Anfangszeit der Coronakrise habe er sich vor einem Shutdown auf Baustellen gefürchtet, der sei aber ausgeblieben.

Und beim Neugeschäft? „Bei Grundstückskäufen oder Akquisitionen, die wir nicht dringend erwerben müssen, warten wir derzeit ab“, sagt Höller. Er stellt sich auch darauf ein, dass die Vermietung im Bürobereich an manchen Standorten langsamer laufen werde als vor der Krise.

Grundsätzlich blickt er positiv nach vorn. Die Leerstände in den Großstädten seien auf historisch niedrigem Niveau. Wo neue Büroflächen gefragt sind, gibt es am bestehenden Markt kaum Angebot. In Berlin etwa liegt die Leerstandsquote im Bürobereich bei 1,2 Prozent, in München bei 2,7 Prozent. Erst deutlich jenseits von fünf Prozent drehe der Markt von einem Vermieter- in einen Mietermarkt, sagt Höller. Unter den fünf größten Städten ist die Marke nur in Düsseldorf und Frankfurt überschritten.

Finanzierer werfen einen noch genaueren Blick auf Projektentwicklungen als zuvor. Laut der Umfrage des aktuellen BF Quartalsbarometers verlangen die Finanzinstitute höhere Risikoprämien, ihre Margen stiegen von 220 auf 231 Basispunkte.

Die derzeitige wirtschaftliche Unsicherheit und die höhere Volatilität des Marktes hätten eine „Neubewertung der Risiko-Rendite-Profile von Immobilienkrediten ausgelöst“, erklärt Roland Fuchs, Finanzierungsspezialist bei Allianz Real Estate.

Doch nicht nur die Finanzierung der neuen Gebäude rückt in den Fokus, auch der Verkauf. Der börsennotierten Consus gelang dies zuletzt in großem Umfang. Seit Anfang Mai veräußerte Consus 25 Objekte mit einem Projektvolumen von 4,3 Milliarden Euro. Mit Corona habe all dies nichts zu tun, betont Jürgen Kutz, Vorstand der Consus RE. Es handele sich um Maßnahmen der strategischen Neuausrichtung.

Consus soll im Zuge der Fusion von Ado Properties und Adler Real Estate Teil des neuen Unternehmens werden und neben dem bisherigen Geschäft der Forward-Deals auch für dessen Bestand bauen. Im Planungsgeschäft rechnet Kutz nicht mit großen Veränderungen durch Corona. Wenn heute etwa ein neues Quartiersprojekt mit Wohn- und Gewerbeflächen entstehe, würden Bauabschnitte mit Handels- oder Hotelflächen im Zweifel zunächst hintangestellt, andere Immobiliensegmente vorgezogen, sagt Kutz.

Bedenken bei Mietwohnungen

Gerade der Verkauf großer Mietwohnungsprojekte an institutionelle Investoren zeigte sich in den vergangenen Jahren verlässlich. Aber: „In den letzten Wochen beobachteten wir, dass viele der Projekte in Eigentumswohnprojekte gewandelt werden“, sagt Schulten von Bulwiengesa. Die Mietwohnungsverkäufe beruhten wohl auch auf der Annahme, dass hohe Mieten nachhaltig durchzusetzen sind. „Mancher Investor bekommt nun offenbar kalte Füße“, sagt Schulten.

Ob der Eigentumsverkauf tatsächlich eine einfachere Option ist, muss sich erst noch herausstellen. Der Entwickler Instone hat jüngst den Vertrieb für 300 Wohnungen seines Augsburger Projekts Augusta vorerst gestoppt. Das Projekt mit insgesamt 420 Wohnungen soll aber weitergeführt werden, betont Instone. Derweil hat das Unternehmen seine bisherige Prognose für das Geschäftsjahr „aufgrund der erheblichen Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie“ zurückgezogen.

Der deutsch-schwedische Entwickler Bonava berichtet von starkem Interesse an Wohnimmobilien. Allerdings verändere sich die ökonomische Situation ständig. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie seien nicht vorhersehbar.

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