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Wie Gassi-Geh-Services in Deutschland um die Vorherrschaft kämpfen

Immer mehr Hunde werden fremdbetreut. Das US-Portal Rover hat mit der Übernahme von Dogbuddy sein Revier erweitert und will nun den deutschen Markt erobern.

Die Deutschen sind auf den Hund gekommen. Lebten 2005 noch fünf Millionen Fiffis in deutschen Haushalten, sind es 2017 bereits 9,2 Millionen. Dies ermittelte der Industrieverband Heimtierbedarf und der Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe. Erstaunlich, aber wahr: Damit leben hierzulande fast so viele Hunde wie Kinder unter 14 Jahren, deren Zahl mit elf Millionen kaum gewachsen ist.

Doch während Kinder mit den Jahren immer selbstständiger werden, bleiben Vierbeiner sehr betreuungsintensiv. Der Bedarf an Hundesittern ist inzwischen ähnlich groß wie der an Kitas und Babysittern. Denn die Zeiten sind vorbei, in denen sich die Hausfrau daheim um Kinder, Küche und Kläffer kümmerte. „Immer mehr Menschen sind berufstätig, unternehmen Fernreisen und brauchen deshalb regelmäßige Betreuung für ihren Hund“, bestätigt Udo Kopernik, Vorstand des Verbands für das deutsche Hundewesen.

Brachte man früher den Familienhund zur Betreuung zum Nachbarn oder in Hundepensionen wie das „Wuffotel“ oder die „Schnauzidenz“, so eröffnet das Internet ganz neue Möglichkeiten. In den USA ist eine regelrechte Industrie entstanden, die Hundesitter online vermittelt. Eins der weltweit größten Online-Portale für Hundesitter ist Rover aus Seattle. Insgesamt vier Millionen Hundehalter sind dort registriert. Alle vier Sekunden buchen sie dort einen der 200.000 geprüften Hundesitter und Gassi-Geher.

Nun ist Rover auch in Deutschland aktiv. Denn kürzlich übernahmen die Amerikaner für eine ungenannte Summe den europäischen Marktführer Dogbuddy. Das britische Hundesitter-Portal, 2013 gegründet von Richard Setterwall, ist mit 25.000 Hundesittern in acht Ländern tätig, darunter auch in Deutschland. „Die Übernahme beschleunigt unsere internationalen Wachstumspläne und unterstreicht die weltweite Position von Rover als Marktführer im Bereich der Hundebetreuung“, sagt Rover-Chef Aaron Easterly dem Handelsblatt. Europa sei mit 70 Millionen Haushalten, in denen Hunde leben, der zweitgrößte Markt nach den USA.

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Viel Geld von prominenten Investoren

Wer glaubt, das Geschäft mit der Hundebetreuung sei Liebhaberei von Hundenarren, der irrt. Rover-Chef Easterly, selbst langjähriger Besitzer eines Zwergspitz, studierte Wirtschaft in Harvard und arbeitete 15 Jahre in Tech-Unternehmen wie Microsoft und Atlas. Er stieß kurz nach der Gründung 2011 zu Rover in Seattle.

Easterly ist es gelungen, für Rover insgesamt 300 Millionen Dollar einzusammeln. Das Geld kam von prominenten Investoren wie Foundry Group, Madrona Venture Group, Menlo Ventures, Petco und Spark Capital. Zuletzt ergatterte Rover im Mai eine Finanzierung von 155 Millionen Dollar. Damals wurde der Hundesitter-Service laut „Wall Street Journal“ mit rund 970 Millionen Dollar bewertet – Rover ist also schon fast ein „Einhorn“.

Um den Markt für Hundesitter wird verbissen gekämpft. 2017 vergrößerte Rover bereits sein Revier und übernahm US-Konkurrent Dogvacay. Zusammen kamen beide damals auf Buchungen im Wert von 150 Millionen Dollar. Größter Wettbewerber ist Gassi-Geh-Service Wag aus Los Angeles, der im Frühjahr vom mächtigen Softbank Vision Fund eine Finanzierung von 300 Millionen Dollar einheimste. Doch Wag stand auch öffentlich in der Kritik, etwa als Buddy, eine Labrador-Beagle-Mischung aus Long Island, beim Gassigehen mit einem Sitter von Wag verlustig ging.

Rover hält dagegen und preist sich als „weltgrößtes Netzwerk von Fünf-Sterne-Hundesittern“ an, das in 14.000 Städten weltweit aktiv ist. Die freiberuflichen Hundebetreuer – egal ob sie nur Gassi gehen oder die Hunde über Nacht oder im Urlaub versorgen – werden alle einzeln von Rover-Experten auf Herz und Nieren überprüft. „Weniger als 20 Prozent der Hundesitter-Bewerber werden von uns letztlich angenommen“, betont Easterly. „Da die Regelungen zum Hundeführen von Land zu Land sehr unterschiedlich sind, haben wir einen strengen 30-minütigen Test entwickelt für die Hundesitter entwickelt.“ Außerdem gibt es Schulungen und einen Identitätscheck.

„Wer fremde Hunde betreut, braucht entsprechende Sachkunde“, unterstreicht Kopernik vom Hundeverband. Hundehalter sollten vorsichtig sein, wem sie ihren Hund anvertrauen. Wer zum Beispiel eine Hundeschule oder Hundepension unterhält, muss nach Tierschutzgesetz § 11 bestimmte Schulungen nachweisen.

In Niedersachsen ist der Hundeführerschein seit Juli 2013 für Ersthundehalter Pflicht. In Berlin müssen Hundehalter seit Juli 2016 einen Sachkundenachweis ablegen, wenn sie ihr Tier ohne Leine führen wollen. Die Prüfung umfasst einen theoretischen und praktischen Teil. „Solange Online-Portale solche offiziellen Zertifikate für Hundebetreuer verlangen, ist das in Ordnung“, meint Kopernik.

Bei den meisten Hundesitter-Apps wie auch bei Rover lässt sich die Gassi-Runde von Herrchen und Frauchen per GPS genau verfolgen. Außerdem erhalten sie regelmäßig Fotos und Videos von ihrem Hund. Rover informiert sie auch über Häufchen und Pinkelpausen ihrer Lieblinge. „Das hat den Nebeneffekt, dass wir genau sagen können, an welchen Ecken einer Stadt die meisten Hundehaufen zu finden sind“, sagt Easterly. Denn nicht überall gibt es eine Pflicht, diese einzusammeln.

Deutsches Start-up in der „Höhle der Löwen“

Anschließend werden die Hundesitter vom Herrchen mit Sternen bewertet. 95 Prozent der Betreuer haben laut Rover fünf Sterne. Bei Dogbuddy in Deutschland, das nun zu Rover gehört, ist pro Buchung eine Haftpflichtversicherung bis zu zwei Millionen Euro enthalten, Tierarztkosten werden bis zu 2.000 Euro erstattet. Rover bekommt eine Provision und verdient im Schnitt 25 Prozent vom gebuchten Stundenlohn. Die Bezahlung läuft online über die Plattform.

Die heute 475 festen Mitarbeiter von Rover brauchen nur selten eine Hundebetreuung. Denn sie dürfen ihre Vierbeiner mit ins Büro nehmen. „Allerdings darf jeder maximal zwei Hunde mitbringen“, sagt Christopher Cederskog, Europachef von Rover. So tummeln sich täglich zwischen 150 und 250 Hunde in den Rover-Büros. Jeder Raum trägt den Namen einer Hunderasse. Ein Hundebeauftragter in der Personalabteilung kümmert sich darum, dass sich sowohl Hunde als auch Mitarbeiter im Büro wohlfühlen.

Auch Kopernik vom Hundeverband würde es sehr begrüßen, wenn mehr Berufstätige ihren Hund mit an den Arbeitsplatz nehmen dürften. Dann müssten nicht mehr so viele Hunde fremdbetreut werden. Laut einer Umfrage von Hundefutter-Produzent Nestlé Purina würden 70 Prozent der Hundebesitzer ihren Hund gerne mit ins Büro nehmen. Derzeit dürfen das aber nur 20 Prozent.

Auch in Deutschland gibt es bereits einige Hundesitter-Portale. Das Berliner Start-up Leinentausch, das 2013 an den Start ging, musste allerdings 2016 Insolvenz anmelden. Es war beim Axel Springer Plug and Play Accelerator dabei und hatte eine mittlere sechsstellige Investition von Forum Media Ventures erhalten. Inzwischen hat die Firma Pets Premium aus München, ein Webshop für hochwertige Tiernahrung und Zubehör, Leinentausch übernommen.

Die Frankfurter Marketingexpertin Lisa Jedlicki, 25, gründete 2016 die Gassi-Geh-App Walkie. 40 Minuten Hundeausführen kosten dort zwölf Euro. Am kommenden Dienstag ist Walkie in der Start-up-Show „Die Höhle der Löwen“ zu Gast und wirbt dort um 300.000 Euro Kapital.

US-Konkurrent Rover hat mit eingesammelten 300 Millionen Dollar ein deutlich dickeres Kapitalpolster. „Perspektivisch ist Deutschland für uns einer der wichtigsten Märkte“, betont CEO Easterly. In Berlin hat Rover bereits 15 Mitarbeiter, bald sollen es 25 sein. Der Verdrängungswettbewerb im Revier der Hundesitter wird also noch härter. Der Rover-Chef bleibt angriffslustig – und träumt sogar schon von einem Börsengang. Wenn auch nicht mehr in diesem Jahr, dem chinesischen „Jahr des Hundes“.