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Fünf vor zwölf für Ceta

Kanada will Verhandlungen fortsetzen - Fünf vor zwölf für Ceta

Kanada und die EU sprechen wieder. Am Freitag hatte die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland die Verhandlungen zum Abschluss der kanadisch-europäischen Freihandelsabkommens Ceta zunächst für gescheitert erklärt und gesagt, dass sie abreisen werde. Grund dafür war, dass die belgische Region Wallonie nicht von ihrem Veto gegen das Abkommen abrücken wollte. Damit der Vertrag final abgeschlossen werden kann, müssen alle EU-Mitgliedsstaaten zustimmen. Belgien kann das nicht, wenn nicht alle Regionen, also auch die Wallonie, ihr Okay geben.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) habe sich noch gestern Nacht eingeschaltet und seine kanadische Amtskollegin Freeland zum Bleiben bewegt, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Am Samstagmorgen hatte sich Freeland dann zu Gesprächen mit EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz getroffen. „Wir können nicht in letzter Minute aufgeben“, twitterte Schulz.

„Es ist ein innereuropäisches und ein innerbelgisches Problem und kein Problem Kanadas“, sagte Gabriel am Samstag. „Ceta ist ein exzellentes Abkommen und es darf nicht an der Unfähigkeit Europas scheitern, einen regionalen Interessenausgleich zu finden.“

Schulz und Gabriel wollten dann weiterhin mit dem Ministerpräsidenten der Wallonie sprechen, um ihn zur Zusage zu bewegen, hieß es aus dem Wirtschaftsministerium.

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Der EU droht eine Blamage

Die Zeit rennt. Am nächsten Donnerstag soll das Abkommen von der EU und Kanada final unterzeichnet werden und zunächst in den Teilen, die zweifellos europäisches Recht betreffen, in Kraft treten. Sollte dieser Termin platzen, wäre das eine große Blamage für die EU und hätte auch Auswirkungen auf künftige Verhandlungen von Freihandelsabkommen. Kanada hatte sich zuvor schon verständnisvoll gezeigt und einigen Änderungen am Vertrag noch zugestimmt.

Niemand könne wollen, dass am Ende Europa auch noch in der Handelspolitik handlungsunfähig werde, hieß es aus dem Bundeswirtschaftsministerium am Samstag. Der Zustand Europas sei ohnehin schwierig genug und der internationale Reputationsschaden beim Scheitern von Ceta wäre riesig. Gabriel und Schulz erwarteten allerdings auch, dass sich die EU-Kommission wesentlich mehr um die Interessen der Wallonie kümmere.

Das Freihandelsabkommen Ceta ist nach sieben Jahren Verhandlungen bereits seit Monaten ausverhandelt, die Texte liegen vor. Wegen Bedenken unter anderem aus Deutschland war dem Vertrag vor wenigen Wochen noch ein Zusatztext beigefügt worden, mit dem unter anderem unterstrichen werden sollte, dass es in keiner Nation zu einer Absenkung der dort geltenden Standards kommt, wenn das Abkommen in Kraft tritt.

KONTEXT

Was ist Ceta?

Ceta

Ceta ist die Abkürzung für das geplante Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada. Ceta steht für "Comprehensive Economic and Trade Agreement" (Umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen).

Werdegang

Die technischen Verhandlungen begannen 2009, beendet wurden sie 2014. Im Oktober 2016 soll Ceta unterzeichnet werden.

Ziel

Ziel des Abkommens ist es, durch den Wegfall von Zöllen sowie von "nichttariffären" Handelsbeschränkungen wie unterschiedlichen Standards und Normen das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Kanada

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ist die EU für Kanada nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner.

Vorbild

Ceta gilt als Blaupause für das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA (TTIP), durch das mit rund 800 Millionen Verbrauchern der weltgrößte Wirtschaftsraum entstehen würde.

Kritik

Kritiker sehen durch die Abkommen unter anderem demokratische Grundprinzipien ausgehöhlt.

KONTEXT

Haltung der EU-Länder zum Ceta-Abkommen

Rumänien und Bulgarien

Die Position von Rumänien und Bulgarien ist nicht eindeutig - die Bürger beider Länder dürfen immer noch nicht visumfrei nach Kanada reisen. Zuletzt forderte der rumänische Botschafter in Kanada von Ottawa die Visa-Befreiung als Bedingung für eine Ratifizierung.

Tschechien

Die Mitte-Links-Regierung in Tschechien hat ihre Zustimmung zum Abkommen gegeben. Vor vier Jahren hatte Prag mit einer Blockade gedroht, falls Kanada nicht die Visumfreiheit für ihre Landsleute einführt. Dies geschah aber Ende 2013.

Slowakei

Die Slowakei stand bis vor kurzem nahezu vorbehaltlos zu Ceta. Nach Warnungen von Gewerkschaftern und Agrarverbänden will die mitregierende rechtspopulistische Slowakische Nationalpartei SNS die Unterzeichnung und Ratifizierung für eine "Nachdenkpause" verschieben. Die Sozialdemokraten als stärkste Regierungspartei ignorieren diesen Wunsch aber bisher. Eine Blockade von Ceta durch die Slowakei ist daher nicht zu erwarten.

Portugal

In Portugal ist die sozialistische Regierung für Ceta. Auch hier fordern Gegner eine Ratifizierung durch das Parlament. Die Minderheitsregierung muss mit Widerstand der mit ihm verbündeten linken Parteien rechnen, darf aber auf die Unterstützung der konservativen Opposition hoffen.

Spanien

In Spanien sagt die geschäftsführende konservative Regierung von Mariano Rajoy ganz klar "Ja" zu Ceta und setzt sich sogar dafür ein, dass es schon 2017 in Kraft tritt. Linke Parteien und Gewerkschaften fordern, dass das Abkommen dem Parlament in Madrid zur Ratifizierung vorgelegt wird.

Österreich

Bundeskanzler Christian Kern zufolge wird die Regierung Österreichs das Abkommen der EU mit Kanada unterschreiben. Offene Fragen müssten aber im Ratifizierungsprozess geklärt werden.

Belgien

Aus dem Regionalparlament Walloniens sowie dem Parlament der Französischen Gemeinschaft kommt ein starker Widerstand gegen das Abkommen. Wie die Föderalregierung von Premierminister Charles Michel damit umgehen wird, ist noch unklar. Weil die Regional- und Sprachenparlamente in Belgien weitreichende Mitspracherechte haben, blicken EU-Diplomaten mit großer Sorge auf die Diskussionen.

Großbritannien

In Großbritannien ist das Interesse an Ceta gering, weil es für die Briten bei einem Austritt aus der EU nicht gelten würde. Die Diskussion bezieht sich eher auf bilaterale Freihandelsverträge. Ceta wird als mögliches Modell für die Brexit-Verhandlungen gesehen.

Frankreich

Frankreichs Regierung unterstützt Ceta. Ein Grund dafür ist, dass die Kanadier im Agrarbereich 42 geografische Angaben Frankreichs akzeptierten. Paris macht hingegen Front gegen das TTIP-Abkommen mit den USA und fordert schon seit längerem, nicht mehr zu verhandeln.

Polen

Polens Regierung tendiert ebenfalls dazu, Ceta zuzustimmen. Sie stellt allerdings Bedingungen: Die wichtigste Forderung der nationalkonservativen PiS-Regierung ist, dass Polen im Schiedsgericht vertreten sein wird.

Hier sind sich alle einig

Ungarns Regierung sagt Ja zu Ceta, Slowenien, Griechenland und Zypern stehen auch hinter dem Abkommen. Die Niederlande haben mit einer klaren Mehrheit für das Abkommen gestimmt, Slowenien gibt grünes Licht. Auch in Estland, Lettland und Litauen gibt es eine breite Zustimmung. Irlands Regierungschef bezeichnet das Abkommen sogar als "Meilenstein" für das Land.

Sie befürworten das Abkommen grundsätzlich

In Italien befürwortet die Regierung das Abkommen, die Opposition wie die Fünf-Sterne-Bewegung ist dagegen. Schweden und Finnland befürworten Ceta, die Abstimmung in Helsinki soll im Winter folgen. Dänemarks Regierung wirbt für das Abkommen.