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Friseure, Praxen, Autohäuser waren gestern: Start-ups drängen auf Markt für digitale Lesezirkel

Start-ups wie Sharemagazines und Readly setzen traditionelle Lesezirkel-Anbieter unter Druck. Die Coronakrise sehen die jungen Unternehmen als Beschleuniger.

Die Lesezirkel-Start-ups wollen vom Hygienebewusstsein der Leser profitieren. Foto: dpa
Die Lesezirkel-Start-ups wollen vom Hygienebewusstsein der Leser profitieren. Foto: dpa

Die Wartezeit beim Friseur, beim Arzt oder im Autohaus vertreiben sich Kunden mit der Lektüre von Zeitschriften und Zeitungen. Die Praxen und Salons mieten die Publikationen bei Lesezirkel-Firmen, die im Gegenzug entsprechende Rechnungen stellen.

Doch die Coronakrise macht auch dieser kleinen Branche, die auf einen jährlichen Umsatz von geschätzten 180 Millionen Euro kommt, einen Strich durch die Rechnung. Denn das gemeinsame Nutzen von Printprodukten ist derzeit unerwünscht – oder gar verboten.

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In Arztpraxen gibt es die Empfehlung, den Wartebereich zu schließen. Daher liegt es in der Verantwortung der Ärzte, ob sie Publikationen für die Patienten auslegen. Vor eineinhalb Wochen hatte die Berufsgenossenschaft zunächst grünes Licht für Zeitschriften in Friseursalons gegeben. Das wurde allerdings durch die Corona-Schutzverordnung revidiert.

Eine Lösung für die diffuse Lage bietet das Oldenburger Unternehmen Sharemagazines. Drei Kommilitonen der Universität in Oldenburg gründeten das Unternehmen 2014, inzwischen arbeiten elf Mitarbeiter dort. Ihr Ziel: Den Markt des digitalen Lesezirkels besetzen.

Die Idee sei entstanden, so erzählt Mitgründer Jan van Ahrens, als er sich während einer längeren Reise in einem Frühstücksraum wiederfand, in dem alle Zeitungen vergriffen waren. Van Ahrens, der damals noch studierte, fragte sich, ob es nicht praktisch wäre, wenn Gastronomiebetriebe, Arztpraxen und andere öffentliche Institutionen ihren Kunden Zeitungen und Magazine in digitaler Form anbieten würden?

Das war die Geburtsstunde von Sharemagezines, das van Ahrens zusammen mit Oliver Krause und Gunnar Sieweke gründete. Nutzer können die App auf ihrem Smartphone, Tablet oder Notebook in den Räumen der Vertragspartner nutzen.

Konkurrenz aus Schweden

Rund 2000 solcher Partner gebe es bereits, sagt der 32-jährige Firmenchef van Ahrens, darunter Hotels, Arztpraxen und Friseursalons. Aber auch Kranken- und Autohäuser, Campingplätze, Banken und Bibliotheken nutzen den Service.

Sharemagazines bietet mehr als 500 Magazine und Tageszeitungen an. Die Inhalte bekommt das niedersächsische Start-up, das seinen Hauptsitz inzwischen nach Hamburg verlegt hat, von den Verlagen. Die schicken Sharemagazines ihre Publikationen als E-Paper. Die Vertragspartner zahlen, für den Endnutzer ist der Service kostenlos.

„Über GPS und W-Lan können wir jeden Ort der Welt binnen fünf Minuten mit den Inhalten bespielen“, sagt van Ahrens. Einer der großen Vorteile des digitalen„ Lesezirkels“ in Zeiten der Coronakrise: Auf dem eigenen Gerät zu lesen, ist hygienischer als die oft abgegriffenen Printerzeugnissen in Wartebereichen in die Hand zu nehmen.

Sharemagazines ist nicht das einzige Unternehmen, das eine Plattform für Medien bereitstellt. Auch das schwedische Unternehmen Readly bietet Nutzern für einen monatlichen Preis von 9,99 Euro eine Flatrate an. In Deutschland hat Readly etwa 1000 Titel im Angebot – das sind etwa doppelt so viele wie bei Sharemagazines.

Readly hat kürzlich eine Kooperation mit der Deutschen Telekom geschlossen. Die Magazine, die Readly auf der App bereithält, sind seitdem für Magenta-Kunden mit einem Mobilfunkvertrag in den ersten zwei Monaten kostenlos.

„Readly erfüllt mit der Magazin-App die Bedürfnisse einer mobilen Generation: eine große Auswahl an Zeitschriften, ein breites Themenangebot, die aktuellsten Ausgaben – alles immer dabei und mit ein paar Klicks aktiviert“, sagte Jan Willem Stapel, CCO Consumer Magenta Telekom, bei der Bekanntgabe der Kooperation.

Doch während Readly sich an Endkonsumenten richtet, sieht sich Sharemagazines als Geschäftskunden-Anbieter. „Der B2B-Markt war vorher noch gar nicht erschlossen“, meint van Ahrens.

Die Vertragspartner zahlen 49,90 Euro pro Monat an Sharemagazines, das Start-up wiederum gibt einen Teil der Einnahmen an die Verlagshäuser weiter. „Wir rechnen titelgenau nach der Lesezeit ab“, meint CEO van Ahrens. Angaben zur Umsatzhöhe macht er ebenso wenig wie der schwedische Konkurrent Readly. Auch die Zahl der tatsächlichen Nutzer halten die Unternehmen unter Verschluss.

Stromtankstelle als Warteraum

Readly spricht von einem Wachstum der gelesenen Magazin-Ausgaben auf 37 Millionen in 2019. Das entspräche einem Zuwachs um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, heißt es. Zu den meistgelesenen Zeitschriften gehören laut Unternehmen „Auto Bild“, „Intouch“ und „Computer Bild“.

Der Konkurrent Sharemagazines hat bis zum vergangenen Jahr Verluste geschrieben. „Das Erreichen der Gewinnschwelle dürfte in diesem Jahr trotz der Coronakrise realistisch sein“, sagt van Ahrens. Allerdings waren die vergangenen Wochen nicht einfach. „Zunächst war das für uns ein großer Schock“, sagt der Firmenchef. Viele Vertragspartner baten um Stundung der Zahlung, weil sie ihre Geschäfte Ende März schließen mussten.

Mit den jüngst verkündeten Lockerungen stellt sich die geschäftliche Lage anders dar. In den vergangenen drei Wochen seien mehr als 100 Neukunden pro Woche hinzugekommen, sagt der CEO. Er will neue Kundengruppen für seine Geschäftsidee gewinnen, beispielsweise Stromtankstellen, bei denen sich Autofahrer während des zeitintensiven Ladevorgangs längere Zeit aufhalten. Erste Verträge seien bereits geschlossen worden.

Van Ahrens ist sich sicher: „Corona ist ein Beschleuniger der Digitalisierung.“ Auch wenn nach der Coronakrise die hygienischen Auflagen wieder gelockert werden könnten, sieht er sein Modell mittelfristig im Vorteil: „Viele Nutzer, die auf digital gewechselt sind, werden auch dableiben.“