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Freenet will mit TV-Geschäft Telekom und Co Kunden abjagen

Kaum jemand würde Christoph Vilanek vorwerfen, er sei kein Optimist. Entgegen allen Unkenrufen, das klassische Fernsehen würde angesichts der Konkurrenz aus dem Internet aussterben, hat der Chef von Freenet in eben jenes investiert – immerhin 445 Millionen Euro.

Von wegen Aussterben, im Gegenteil, erklärt er im Gespräch mit dem Handelsblatt. Die Nutzung von Bewegtbildunterhaltung werde sich bis 2030 sogar verdreifachen.

Seit dem Kauf des Fernsehantennenbetreibers Media Broadcast und der Beteiligung am Glasfasernetz von Exaring vor zwei Jahren ist der einstige Mobilfunkdiscounter Freenet nun auch Fernsehanbieter.

Als einziges Unternehmen in Deutschland bietet er als Freenet TV das Antennenfernsehen DVBT-2 an und über die Marke Waipu TV einen Streaming-Dienst. Letzteres zeigt allerdings nicht wie Netflix oder Amazon Prime vor allem Filme und Serien, sondern hauptsächlich klassisches Fernsehen: ARD, RTL, ProSieben, Tatort, Beckmann, Dschungelcamp und Co.

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Der Erfolg scheint Vilanek Recht zu geben. Nach Unternehmensangaben hat Freenet bereits 1,5 Millionen Fernsehzuschauer über seine beiden Angebote. Dank des gut laufenden Geschäftes stieg im vergangenen Jahr das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) um 5,7 Prozent auf 408 Millionen Euro, erklärte Freenet zur Präsentation seiner Jahresbilanz am Donnerstag. Der Umsatz lag mit 3,51 Milliarden 4,3 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Angesichts des Marktumfelds sind diese Zahlen eine Überraschung: Während Streamingdienste wachsen, lässt das Interesse am klassischen Fernsehprogramm nach. Streaming-Konkurrent Netflix hat alleine im vierten Quartal 2017 8,3 Millionen zahlende Kunden hinzugekommen. Damit kommt Netflix auf mehr als 117 Millionen Kunden weltweit.

Gleichzeitig wurde laut einer Umfrage des Bundesverbands Digitale Wirtschaft BVDW im vergangenen Jahr weniger klassisches Fernsehen geschaut als 2016. Die Zahl der Befragten, die angaben, regelmäßig klassisches Fernsehen zu schauen, sank um sechs Prozentpunkte. Die Zahl der Nutzer von Streaming-Diensten stieg dagegen um um acht Prozentpunkte.

Noch liegt der Studie zufolge der Anteil der Fernsehzuschauer unter den Befragten bei 65 Prozent, während nur 30 Prozent der Studienteilnehmer Streaming-Nutzer waren. Doch in Zukunft könnten sich beide Anteile weiter annähern.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Menschen weniger auf den Bildschirm starren – im Gegenteil: Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF) zeigen, dass heute mehr Menschen auf Bewegtbild konsumieren, als noch vor 20 Jahren. Damals waren es im Schnitt 183 Minuten am Tag. Im Januar 2018 lag der Bewegtbildkonsum bei durchschnittlich 221.

Und geht es nach Freenet-Chef Vilanek wird das eher mehr als weniger. Durch die Digitalisierung, die den Menschen in vielen Bereichen die Arbeit und die Dinge des Alltags leichtert, werden sie mehr Freizeit haben, glaubt er.

Außerdem würde es unter anderem mehr flexible Bildschirme und virtuelle Realität geben. Deswegen würde in Deutschland das Fernsehen und seine Marken noch lange erhalten bleiben. „TV und Internet werden miteinander verschmelzen“, sagt er.

Sein Optimismus ist auch ein Stück weit zweckgebunden: Wenn es mit dem Fernsehgeschäft nicht läuft, wird es langfristig schwierig für Freenet am Markt zu bestehen. Zwar läuft das Geschäft als Mobilfunkdiscounter noch halbwegs einträglich, der Umsatz in dem Segment stieg im vergangenen Jahr leicht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,3 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro.

Das Ergebnis vor Steuern, Abschreibungen und Zinsen übertrag mit 405,5 Millionen Euro sogar deutlich den Gewinn des Vergleichszeitraums von 301,1 Millionen Euro.

Das Fernsehgeschäft ist noch deutlich kleiner, wächst aber viel stärker: Der Umsatz stieg um 34,7 Prozent auf knapp 295 Millionen Euro. Im Mobilfunkgeschäft kann Vilanek den Anlegern des börsennotieren Unternehmens große Wachstumsträume kaum noch bieten.

Das bestätigt er dem Handelsblatt auch gerade heraus: „Wir versuchen, die Stabilität, die wir im Kerngeschäft mit viel Aufwand und Energie erhalten, mit anderen Angeboten zu ergänzen.“

Das wissen manche Analysten zu schätzen: Zwar senkte die Privatbank Hauck & Aufhäuser das Kursziel Zahlen von 38,50 auf 37 Euro gesenkt, empfiehlt das Papier aber weiter zum Kauf. Analyst Robin Brass erklärte, der Ausblick „sei in Ordnung“.

Vor der Vorlage der Bilanz am Donnerstag hatte er bereits erklärt, er glaube, dass das Internetfernsehen Waipu sei 2018 das nächste „große Ding“. Der Ausblick ist jedoch genau das, was die US-Investmentbank Goldman Sachs Zweifeln lässt.

Sie empfiehlt die Aktie zu verkaufen, weil die Prognose von Freenet beim operativen Ergebnis sowie dem Cashflow-Ziel unter den Markterwartungen lägen, schrieb Analyst Joshua Mills. Auch die Anleger waren nicht ganz überzeugt. Die Freenet-Aktien rutschten im TecDax um mehr als drei Prozent ab.

Doch Aufsichtsrat ist zufrieden mit Vorstandschef Vilanek. Er wird wahrscheinlich auch noch einmal um fünf Jahre verlängern. Dabei wird trotz der 1,5 Millionen TV-Kunden noch lange dauern, bis sich die hohen Investitionen in das Segment bezahlt machen.

Zudem zieht der Wettbewerb an. Seit Dezember 2017 bietet auch der Internetanbieter 1 & 1 einen Fernsehdienst an. Auch Vodafone, Telekom und andere Telekommunikationsanbieter mischen im Markt mit.

Allerdings können dank einer Kooperation des Bundesverbands Breitbandkommunikation nun andere kleine Anbieter das Internetfernsehen Waipu anbieten, damit könnten die Kundenzahlen demnächst weiter steigen.

Auch die Aktionäre sollen von den Zuwächsen profitieren und einen um fünf Cent höhere Dividende von 1,65 Euro erhalten. Für 2018 strebt Freenet ein Betriebsergebnis zwischen 410 und 430 Millionen Euro und einen stabilen Konzernumsatz an.