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Frauke Petry – die deutsche Le Pen?

Die AfD ist immer noch ein Phänomen. Nicht nur in Deutschland versuchen Politologen und Experten, den Erfolg der Partei bei den Wahlen zu erklären. Doch auch das Ausland beobachtet, was in Deutschland politisch passiert – und sucht Erklärungen.

Das US-Magazin „The New Yorker“ erklärt die AfD in einer Story, das „erfolgreichste rechts-außen Phänomen in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg“. Frauke Petry würde von ihren Gegnern „Adolfina“ genannt oder „die Führerin“, heißt es in dem Beitrag. Auch in andern Ländern ist die AfD – mehr oder weniger – Thema. Ein Überblick.

Österreich: Petry setzt sich in Szene

Frauke Petry kann sich für die Österreicher in Szene setzen. Im Juni erklomm sich zusammen mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Deutschland höchsten Berg, die Zugspitze. Während Petry von der deutschen Seite per Seilbahn kam, näherte sich Strache von der österreichischen Seite. Es war vor allem ein PR-Termin in 2962 Meter Höhe. Zwar wurde ein paar gemeine Arbeitskreise und werbetechnischen Kooperationen laut FPÖ vereinbart. Doch in der politischen Praxis der beiden Parteien spielt das keine Rolle.

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Die österreichischen Rechtspopulisten brauchen von ihren deutschen Gleichgesinnten ohnehin keinen Nachhilfeunterricht wie man mit Flüchtlingskrise und EU beim Wähler punkten kann. Darin ist die FPÖ in der Alpenrepublik seit vielen Jahren Meister. Die Freiheitlichen sind nach letzten Meinungsumfragen mit deutlich über 30 Prozent die stärkste politischer Kraft in Österreich.

Die ehemaligen Haider-Partei FPÖ fühlt sich der jungen AfD überlegen. Schließlich sind die österreichischen Rechtspopulisten in den Bundesländern Oberösterreich und Burgenland längst in der Regierungsverantwortung. Mit der Wiederholung der Stichwahl am 4. Dezember hat der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer sogar sehr gute Chancen, das höchste Staatsamt der Alpenrepublik zu erobern.

Die AfD spielt in Österreich medial nur eine Nebenrolle. In Kreisen der Regierungsparteien in Wien wird von manchen zynisch mit Genugtuung festgestellt, dass auch der große Nachbar ein Problem mit Rechtspopulisten hat und nicht nur mit dem Finger auf Österreich zeigen kann.

Hans-Peter Siebenhaar, Wien


Frankreich: AfD, das ist für die meisten französischen Medien Petry

In Frankreich wird die AfD seit ihrem Wahlerfolg in Mecklenburg-Vorpommern auch von den Leuten ernst genommen, die sie vorher nur als Randerscheinung wahrgenommen haben. Zwei Fragen bekommt man nun häufig gestellt: Wie gefährlich die AfD sei und ob die Macht verlieren könne.

AfD, das ist für die meisten französischen Medien Frauke Petry. Die Wochenzeitung Le Canard Enchainé, eines der einflussreichsten Medien des Landes, widmet ihr am Mittwoch ein ausführliches Porträt. Darin wird sie als geschickte Politikerin gezeichnet, die auf Understatement setze, in ihren politischen Inhalten aber noch radikaler sei als die Front National-Chefin .

„Für Frauke ist Marine zu politisch korrekt, vor allem wenn sie über ein „befriedetes Frankreich“ und ähnliche Plattitüden sülzt, so was würde Frauke nicht unterkommen“, schriebt die Zeitung mit bitterer Ironie. Die Front National rede noch darüber, ob der Islam mit Frankreich zu vereinbaren sei. „Bei der AfD hat man sich noch nicht einmal die Frage gestellt, die Antwort wäre klar: Nein.“

Große Beachtung findet auch Petrys Forderung, auf Flüchtlinge an der Grenze notfalls zu schießen. Das und ihr Versuch, die eigenen Worte als Erfindung der „Lügenpresse“ hinzustellen, sagen nach Ansicht des Blattes viel über die Einstellung und das Vorgehen von Frau Petry aus: Wenn ihre eigenen Worte oder die von Parteifreunden die AfD als rechtsradikal entlarvten, gehe Petry sofort taktisch auf Abstand. In keinem Fall aber habe sie sich von einem der Rechtsausleger getrennt. Petry habe es geschafft, die bürgerliche, aus einer europakritischen Haltung entstandene AfD zu übernehmen, gleichzeitig aber Nazi-Sympathisanten um sich zu scharen und so die Rechtsradikalen aus ihrer Isolation zu holen.

Das Magazin „L’Express“ druckt in dieser Woche ein langes Interview mit dem deutschen Politologen Jan-Werner Müller, der an Sciences Po lehrt. Der analysiert im Gegensatz zum Canard Enchainé, dass die AfD das Vorbild FN nachahme. „Marine Le Pen stellt sich als diejenige dar, die das Land sammeln und gegen Globalisierung, Migranten und Brüsseler Technokraten verteidigen könne.“ Die AfD kopiere das, auch in dem sie suggeriere, die politischen Eliten und vor allem Angela Merkel betrieben eine Verschwörung gegen das Volk. Wie beim FN funktioniere die politische Dialektik sehr gut, sich für Rechtsradikale attraktiv zu machen, öffentlich aber dem Rassismus abzuschwören.

Politiker der Linken wie der Rechten fragen sich besorgt, ob die politische Stabilität Deutschlands durch die AfD gefährdet werden könnte. So sehr man bis in die jüngste Vergangenheit über die langweilige politische Landschaft in Deutschland gelächelt oder Merkels Stärke kritisiert hat, so sehr vertraute man doch darauf, dass in einem von Populisten zerfurchten Europa die Bundesrepublik ein Anker der Stabilität
bleibt. Die Schwäche der , Merkels derzeit sinkender Stern und das Aufkommen der AfD schrecken nun Frankreichs politische Klasse auf. Sie möchte nicht erleben, dass sich beim wichtigsten Bündnispartner eine Kraft wie die FN etabliert.

Thomas Hanke, Paris


Griechenland: AfD? Nicht viele Sympathien

Auf waren die meisten Griechen bisher nicht gut zu sprechen. Die Kanzlerin gilt als strenge Zuchtmeisterin. Man sieht sie als treibende Kraft hinter dem, was viele Griechen als „Spardiktat“ empfinden. Doch nun, wo der Aufstieg der AfD wie ein Damoklesschwert über Merkels Kanzlerschaft schwebt, entdeckt man in Griechenland auch gute Seiten der Bundeskanzlerin: Im Vergleich zur AfD erscheint Merkel geradezu als gütige Regentin.

Die Zeiten, als Merkel bei griechischen Demos auf Plakaten mit Hitlerbärtchen gezeigt oder von Athener Zeitungskarikaturisten in eine Nazi-Uniform gesteckt wurde, sind jedenfalls vorbei. Zum neuen, positiveren Merkel-Bild trägt wesentlich die Berliner Flüchtlingspolitik bei. Dass gerade diese Politik den Aufstieg der AfD fördert, ist aus Sicht der Griechen eine bittere Ironie, denn ohne den maßgeblich von Merkel ausgehandelten Flüchtlingsdeal mit der Türkei wäre der Strom der Schutzsuchenden, die noch Anfang des Jahres täglich zu Tausenden von der türkischen Küste zu den griechischen Inseln kamen, niemals abgeebbt

Auch Premierminister Alexis Tsipras, der als Oppositionsführer Merkel noch als „gefährlichste Politikerin Europas“ geißelte und ihr vorwarf, sie richte in Griechenland eine „humanitäre Katastrophe“ an, hat die Kanzlerin als verlässliche Partnerin kennen und schätzen gelernt, nicht nur in der Flüchtlingskrise. Man weiß in Athen, dass Merkel beim Thema Griechenlandhilfe mit erheblichen Widerständen in den Regierungsfraktionen konfrontiert ist, und man schätzt ihr Durchhaltevermögen in dieser Frage.

Dass Griechenland noch Mitglied der Eurozone ist, verdankt man nicht zuletzt Merkel. Tsipras weiß inzwischen: Ohne Merkel läuft nichts in der EU, und gegen sie schon gar nichts. Würde der Aufstieg der AfD zu einem Wechsel im Kanzleramt führen, könnte es für Tsipras schwierig werden – vor allem, wenn der Merkel-Nachfolger Wolfgang Schäuble hieße.

Viele Sympathien hat die AfD also in Griechenland nicht, nicht einmal unter den Anhängern der Neonazi-Partei Goldene Morgenröte. Das sind nicht wenige: Mit fast 380 000 Wählerstimmen kam die Partei bei der Wahl vor einem Jahr auf knapp sieben Prozent und wurde drittstärkste politische Kraft, eine Position, die sie auch in jüngsten Umfragen verteidigt. Von Kontakten der Goldenen Morgenröte zur AfD ist, zumindest öffentlich, bisher aber nichts bekannt. Zwar vertreten beide Parteien in der Flüchtlingspolitik ähnliche Positionen. Ideologisch stehen die griechischen Neonazis allerdings deutlich weiter rechts als die AfD.

Gerd Höhler, Athen


Italien: „Eine Le Pen auf Deutsch“

Italien staunt – und zieht Vergleiche. „Frauke Petry ist nicht so unbedarft und naiv wie Virginia Raggi. Die anderen Gegner der sind alle nicht vorzeigbar, aber sie ist die einzige, die Charisma hat.“ So schreibt der Leitartikler der Zeitung Italia Oggi, um seinen Landsleuten das Phänomen des Erfolgs der Afd und seiner Chefin zu erklären. Virginia Raggi – das ist die glücklose neue Bürgermeisterin von Rom, der die Assessoren scharenweise davonlaufen. Sie galt als Herausforderin für Premier Matteo Renzi, doch seit sie nach ihrem Erdrutschsieg vor 100 Tagen angetreten ist, kämpft sie nur mit dem eigenen Stadtrat und hat noch nichts für die Bewohner der Hauptstadt zum Besseren geändert.

Ihre Partei ist das „Movimento 5 Stelle“, die Protestpartei des Komikers Beppe Grillo. Und diese wird mit der Afd verglichen, auch wenn der Vergleich etwas hinkt – denn die „5Stelle“ sind zwar europafeindlich und populistisch, aber nicht extrem rechts in ihren Positionen wie die Afd, sondern fallen mehr durch ihr grundsätzliches „Nein“ zu allem auf. Das „Movimento“ gibt es seit 2008 und ist mit einer großen Zahl von Abgeordneten in beiden Kammern des Parlaments vertreten, die Afd erst seit 2013, aber sie habe größeres Potential, sich durchzusetzen, meinen italienische Kommentatoren.

„Eine auf Deutsch“ wird Frauke Petry in Italien genannt. Ausführlich wurde ihre Vita in den Medien nach dem Wahlerfolg in Mecklenburg-Vorpommern vorgestellt: die vier Kinder, der Pfarrer-Gatte, den sie verlassen hat, die neue Beziehung, die steile Karriere in der Politik. Alle heben das Selbstbewusstsein der Chemikerin hervor und dass sie wie die Bundeskanzlerin aus dem Osten kommt. Und es wäre nicht Italien, wenn nicht auch Klatsch breitgetreten würde: Als „Frau mit Macho-Rhetorik“ wurde ihr Satz kritisiert: „Ich habe vier Kinder und Merkel keine. Kinder helfen den Menschen, über das eigene Leben hinaus zu schauen und das ist genau das, was die Merkel nicht tut.” Das stinke nach Nazi-Rhetorik, heißt es und erkläre auch, warum die Afd am extrem rechten Lager bei der NPD Stimmen fischen konnte.

Durchaus mit Blick auf die eigene innenpolitische Diskussion und der Furcht vor dem Erstarken des Fremdenhasses, den vor allem die Lega Nord bedient, wird in Italien noch einer anderen Aussage von Frauke Petry viel Aufmerksamkeit geschenkt: dass sie Verständnis habe für die Deutschen, die sich zur Selbstverteidigung bewaffnen wollen. Damit sage sie indirekt, dass die Politik für Flüchtlinge Kriminalität und Terrorismus bringe, heißt es in einem Kommentar.

„Die „Anti-Merkel“ ist kein Monster, sondern eher Ausdruck deutscher Normalität im 21. Jahrhundert“, meint der „Corriere della Sera“ in einer wohldurchdachten Analyse. Anfangs sei die AfD gar nicht fremdenfeindlich gewesen, sondern wirtschaftspolitisch Anti-Euro und nach Selbsteinschätzung liberal. Jetzt aber zöge sie Figuren an, die mit Sicherheit nicht liberal eingestellt seien. „Wenn man die originäre DNA der Partei betrachtet, sollte man sie nicht aus der demokratischen Debatte ausschließen“, meint der Kommentator. Und dann fügt er einen Aspekt an, der zeigt, dass Italien vom Vorgehen des “Movimento 5 Stelle” bereits einiges durchschaut hat, was den Populismus angeht: „Es ist keinesfalls klar, dass sich Frau Petry von der offiziellen Politik einfangen lassen will: Ein Outsider zu sein, hat ihr viele Stimmen gebracht. Einige Politiker würden am liebsten gar nicht sprechen.“ Die Mühen der Ebene hat Grillos Partei längst erreicht.
Regina Krieger, Rom


Schweden: Rechtspopulismus ist kein deutsches Phänomen

Der Erfolg der AfD in Deutschland ist in Nordeuropa nicht unbemerkt geblieben. Allerdings hat es weder in Dänemark noch in Schweden oder Finnland eingehende Analysen der Partei gegeben. Das liegt vermutlich daran, dass es in allen nordeuropäischen Ländern seit langem rechtspopulistische Parteien gibt. Daher wird der Erfolg der AfD als Zeichen der sich in ganz Europa ausbreitenden Politik-Verdrossenheit und nicht als ein deutsches Phänomen gesehen wird.

„Viele in Deutschland haben Angst, dass ihnen Einwanderer und Asylbewerber die Arbeit wegnehmen und die Schulen und den Pflegesektor überfordern“, glaubt Ingmar Oldberg vom außenpolitischen Institut in Stockholm. „Die AfD wird mit großer Wahrscheinlichkeit in den Bundestag einziehen“, sagt er mit Blick auf die Bundestagswahlen im Herbst 2017.

In Dänemark, Finnland und Schweden sitzen bereits seit vielen Jahren rechtspopulistische Parteien in den Parlamenten. In Dänemark ist die Dänische Volkspartei seit zwei Jahrzehnten im Parlament, wo sie als Mehrheitsbeschafferin für die jeweiligen Regierungen agiert. Mittlerweile ist die Partei zur zweitgrößten politischen Kraft im kleinen Königreich nach den Sozialdemokraten geworden. Mit Forderungen nach einer immer restriktiveren Asylpolitik hat sich die Dänische Volkspartei weitestgehend durchsetzen können. Dänemark hat heute eine der strengsten Asylgesetze in Europa.

Auch in Schweden sitzen die rechtspopulistischen Schwedendemokraten seit 2010 im Parlament. Anders als in Dänemark will jedoch bislang keine der etablierten Parteien mit ihnen zusammenarbeiten. Nach großen Erfolgen der Schwedendemokraten haben allerdings auch die regierenden Sozialdemokraten und die oppositionellen bürgerlichen Parteien einen deutlich restriktiveren Kurs in der Asylpolitik eingeschlagen. Insofern haben die Schwedendemokraten indirekt Einfluss auf die schwedische Politik genommen.

Ganz anders in Finnland: Dort ist die Partei der Finnen (vormals Wahre Finnen) mittlerweile Teil der Regierungskoalition. Mit Timo Soini ist ihr Vorsitzender derzeit sogar finnischer Außenminister. Die Partei sitzt seit 1999 im Parlament und war zuletzt drittgrößte politische Kraft im Land. Besonders punktete die Partei während der Schuldenkrise. Hilfszahlungen an Länder wie Griechenland lehnt die Partei kategorisch ab.

Ihr Erfolg gründet sich außerdem auf die in Teilen der Bevölkerung vorhandene Europa- und Euroskepsis. Die Regierungsbeteiligung hat der Partei allerdings nicht gut getan: Laut Umfragen hat die Partei zuletzt fast die Hälfte ihrer Wähler verloren.

Helmut Steuer, Stockholm


Großbritannien: Komplimente zu Petrys Aussehen

In den englischen Medien werden Nachrichten über die Parteivorsitzende und ihrer Partei aufmerksam verfolgt: der Aufstieg der AfD, Frauke Petrys Kommentare zu einem Moschee-Foto von Arsenal-Fußballballspieler Mesut Özils und die Diskussion über den Gebrauch von Schusswaffen an der Grenze.

Doch harsche Kritik schlägt Petry auf der Insel kaum entgegen: Sie sei das „lächelnde, neue Gesicht von Deutschlands rechtspopulistischer Partei“, schreibt „The Telegraph“, die „Financial Times“ findet sie „fotogen“ und die „Sunday Times“ bezeichnet sie als „stylishe Ex-Chemikerin“, als „zierliche, gut angezogene Frau“. Sie zahle einen hohen Preis dafür, dass sie „sich traut zu sagen, was Tausende Deutsche denken und dafür, dass sie eimerweise Wählerstimmen wegnimmt“, heißt es anerkennend.

Eben die Konkurrenz zur deutschen Bundeskanzlerin dürfte Petry zu Gute kommen, wenngleich aufmerksam beobachtet wird, dass sich die AfD zu einer „Anti-Migrations- und Anti-Islam-Partei“ gewandelt hat, einer Art deutsches Pendant zur britischen Ukip-Partei. Die Diskussion um die Vergangenheit von Parteimitgliedern, etwa um Kay Nerstheimer, spielt auch in Großbritannien ein Thema. „Es ist ein Dilemma, das auch andere schnell wachsende, populistische Parteien wie die britische Ukip beschäftigte“, schreibt die „Financial Times“ dazu. „Oft wachsen solche Organisationen derart schnell, dass ihnen die Ressourcen fehlen, Kandidaten einer gründlichen Prüfung zu unterziehen“.

Frauke Petry hat hingegen bei vielen britischen Journalisten einen positiven Eindruck hinterlassen. In zahlreichen Artikeln wird hervorgehoben, wie die Parteivorsitzende ihr Leben als vierfache Mutter meistert – anerkennend und illustriert mit schmeichelhaften Fotos von ihr, vielfach in eleganter Abendgarderobe und mit ihrem Lebensgefährten Marcus Pretzell an ihrer Seite. „The Guardian“ betont das „freundliche Auftreten“ der 41-Jährigen und erklärt dann: „Die Deutschen mögen ihre Politiker ernst und nicht zu herausgeputzt, und das Lächeln von Petry wurde von vielen mit Misstrauen zur Kenntnis genommen“.

Punkten kann Petry natürlich durch ihre Zeit in Großbritannien und ihr „fehlerfreies Englisch“. Kaum ein Journalist vergisst zu erwähnen, dass sie drei Jahre an der Universität von Reading rund 50 Kilometer westlich von London studierte und 1998 mit einem Chemie-Abschluss verließ. „Liebenswert und intelligent“, beschreibt sie „The Guardian“ nach einer Begegnung, es falle schwer, diese Frau mit ihrem Image einer „kalten, hartgesottenen Frau“ zu vereinbaren, das von ihr in Deutschland herrsche.

Kerstin Leitel, London

KONTEXT

Rechtspopulistische Parteien in Europa

Ungarn

Die nationalkonservative und rechtspopulistische Fidesz regiert das Land seit 2010 mit absoluter Mehrheit. Ministerpräsident Viktor Orban schränkte trotz Protesten der "Brüsseler Bürokraten" Pressefreiheit und Datenschutz ein. Gegen ankommende Flüchtlinge ließ er die Grenzen mit Zäunen abriegeln.

Polen

Die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) regiert seit 2015 in Warschau mit absoluter Mehrheit. Muslime sind ihr und weiten Teilen der Bevölkerung nicht willkommen.

Österreich

Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist nicht erst seit Beginn der Flüchtlingskrise im Aufschwung. "Österreich zuerst" ist ihre Devise. Bei den Landtagswahlen 2015 verzeichnete sie massive Zugewinne. Sie ist an zwei Regierungsbündnissen beteiligt. In Umfragen liegt sie derzeit deutlich vor der sozialdemokratischen SPÖ und der konservativen ÖVP.

Frankreich

Die rechtsextreme Front National (FN) ist seit Jahrzehnten eine politische Größe. Die Partei um Marine Le Pen bemüht sich um ein bürgerliches Image. Inhaltlich haben sich die Positionen im Vergleich zur Zeit des Parteigründers Jean-Marie Le Pen aber kaum verändert. Bei der Wahl zum Europaparlament 2014 wurde die FN stärkste Kraft im Land. Sozialisten und Republikaner lehnen eine Zusammenarbeit bisher ab.

Italien

Schon seit Ende der 80er Jahre gibt es die rechtspopulistische Lega Nord. Bei den Wahlen 2013 knackte die europafeindliche Partei nur ganz knapp die Vier-Prozent-Hürde. Seit ihr Chef Matteo Salvini in der Flüchtlingskrise eine immer fremdenfeindlichere Ausrichtung vorangetrieben hat, steigen die Umfragewerte der Partei wieder.

Niederlande

Die Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders sitzt seit zehn Jahren im Parlament. Hauptthema ist eine scharfe Islam-Kritik. Seit 2012 ein Tolerierungsabkommen zwischen Christdemokraten, Rechtsliberalen und PVV zerbrach, schließen fast alle Parteien eine Zusammenarbeit mit Wilders aus.

Großbritannien

Die UK Independence Party (UKIP) hat mit dem Brexit-Votum beim britischen EU-Referendum ihr Ziel erreicht. Seit Parteichef Nigel Farage zurückgetreten ist, herrscht in der Partei allerdings Chaos.

Schweden

Die Schwedendemokraten (SD) geben sich national-gesinnt und eurokritisch. Bei der Reichstagswahl 2014 kamen sie auf fast 13 Prozent der Stimmen. Die anderen Parteien lehnen eine Zusammenarbeit mit der rechten Partei ab.

Schweiz

Die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP), die von der AfD als ein Vorbild angesehen wird, ist seit Jahren die wählerstärkste Partei. Mit einem Programm zur Verschärfung des Asylrechts und zur Abgrenzung von der EU kam sie 2015 mit 29,4 Prozent auf ihr bislang bestes Ergebnis. Die SVP ist seit langem in der Regierung vertreten. In der Schweiz ist es üblich, dass die vier wählerstärksten Parteien die siebenköpfige Regierung bilden.

Dänemark

Die Dansk Folkeparti (DF) ist ein akzeptierter Teil des Parteienspektrums. Die strenge Asylpolitik Dänemarks trägt die Handschrift der Rechtspopulisten. Obwohl die DF bei der Wahl im Juni 2015 stärkste bürgerliche Kraft wurde, lehnte sie eine Regierungsbeteiligung ab. In Norwegen dagegen regiert die einwanderungskritische Fortschrittspartei mit, in Finnland die rechtspopulistische Partei Die Finnen.

KONTEXT

Vom schwierigen Umgang mit Burka und Nikab

FRANKREICH

Ein Gesetz, das die Vollverschleierung in der Öffentlichkeit verbietet, wurde 2010 verabschiedet und trat am 11. April 2011 in Kraft - eine Premiere in Europa. Seitdem droht Frauen, die in der Öffentlichkeit Burka oder Nikab tragen, eine Geldbuße von 150 Euro. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erklärte das Gesetz 2014 für rechtmäßig.

BELGIEN

Ein Burka-Verbot in der Öffentlichkeit ist dort seit Juli 2011 in Kraft. Neben Geldbußen drohen bei Zuwiderhandlungen sieben Tage Gefängnis.

DEUTSCHLAND

Die Unions-Innenminister wollen ein teilweises Burka-Verbot. Verboten werden soll die Vollverschleierung etwa am Steuer, bei Behördengängen, in Schulen und Universitäten, im öffentlichen Dienst und vor Gericht. Die SPD kritisiert die Unionspläne als "Scheindebatte".

ITALIEN

Die rechtspopulistische Lega Nord will im September einen Gesetzesvorschlag einbringen, mit dem Burka, Nikab und Burkini verboten werden. Die Regierung will ein solches Gesetz aber nicht. Seit 1975 ist es in Italien zum "Schutz der öffentlichen Ordnung untersagt, sein Gesicht in der Öffentlichkeit zu verbergen.

ITALIEN

Die rechtspopulistische Lega Nord will im September einen Gesetzesvorschlag einbringen, mit dem Burka, Nikab und Burkini verboten werden. Die Regierung will ein solches Gesetz aber nicht. Seit 1975 ist es in Italien zum "Schutz der öffentlichen Ordnung" untersagt, sein Gesicht in der Öffentlichkeit zu verbergen.

NIEDERLANDE

Die Regierung brachte im Mai 2015 ein Gesetz auf den Weg, das die Vollverschleierung an bestimmten öffentlichen Orten wie Schulen, Krankenhäusern und öffentlichen Verkehrsmitteln verbieten soll. Geplant sind Geldstrafen von bis zu 405 Euro. Das Parlament hat das Gesetz aber noch nicht verabschiedet.

GROSSBRITANNIEN

Ein Verbot der Vollverschleierung gibt es hier nicht. Das Bildungsministerium veröffentlichte aber 2007 Richtlinien, mit denen Schuldirektoren den Nikab verbieten können.

DÄNEMARK

Dort wurde 2010 beschlossen, die Vollverschleierung im öffentlichen Raum zu begrenzen, ohne allerdings ein Verbot zu erlassen. Die Regierung überlässt es vielmehr Schulen, Unternehmen und Behörden, die Frage mit internen Regeln zu regeln.

SCHWEIZ

Seit dem 1. Juli ist es im Kanton Tessin verboten, sich in der Öffentlichkeit das Gesicht zu verhüllen. Damit wird ein Volksentscheid aus dem Jahr 2013 umgesetzt. Eine ähnliche Initiative läuft derzeit im Kanton Wallis. Das Schweizer Parlament sprach sich 2012 gegen ein Burka-Verbot aus.

SPANIEN

In der Region Katalonien haben mehrere Städte in der Vergangenheit Burka-Verbote in öffentlichen Gebäuden erlassen. Das Verfassungsgericht kippte diese Verbote aber 2013.

KONTEXT

Europas Populisten: Von AfD bis Ukip

Deutschland: Alternative für Deutschland (AfD)

Die Alternative für Deutschland (AfD) wurde einst beherrscht von heftigen internen Richtungskämpfen zwischen wertkonservativem und liberalem Flügel. Den Machtkampf entschied die dem rechtskonservativen Flügel zugerechnete Frauke Petry. Aktuell lässt sich die Partei dem rechten Spektrum zuordnen. Die AfD konnte sich zunächst mit scharfer Kritik am Euro-Rettungskurs der Bundesregierung, aber auch mit Positionen zur Einwanderungspolitik und familienpolitischen Themen in der deutschen Meinungslandschaft wirksam profilieren und positionieren. Die Flüchtlingskrise gibt ihr - und vor allem den rechtsnationalen Vertretern in der Partei Rückenwind.Quelle: Deutsche Bank Research "Europas Populisten im Profil", April 2015; Handelsblatt-Recherchen

Finnland: Die Finnen

Dem rechten Spektrum zuzuschreiben sind die Finnen, die sich 1995 gegründet haben. Im Zuge der Euro-Krise konnten sie sich insbesondere mit EU-skeptischen Positionierungen profilieren. Sie fordern die Verteidigung der nationalen Identität und eine stärkere Verantwortung der Nationalstaaten in Europa.

Frankreich: Front National

Der 1972 gegründete Front National (FN) findet in Frankreich nach einer strategischen Neuausrichtung im Jahr 2011 unter der neuen Parteivorsitzenden Marine Le Pen zunehmend Zuspruch. Die Rhetorik und das Verhalten des FN wurden gemäßigt. Zugleich hat der FN auch sein Themenspektrum erweitert, sodass neben Einwanderung auch Globalisierungstendenzen und die EU kritisiert werden. Der FN ist daher dem rechtspopulistischen Spektrum zuzuordnen.

Griechenland: Syriza-Bündnis

Griechenland ist ein Sonderfall. Hier stehen Populisten in Regierungsverantwortung. Das linke Parteienbündnis Syriza hat die Parlamentswahlen im Januar 2015 als stärkste Kraft gewonnen und bildet eine Koalition mit den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen. Syriza weist die Verantwortung für Fehlentwicklungen des Landes konsequent der Euro-Rettungspolitik zu. Die Ursachen der nationalen Schieflage verortet Syriza in der internationalen Finanzwirtschaft und der EU. Im Wahlkampf konnte das Bündnis mit der Forderung nach einem Schuldenschnitt für Griechenland punkten.

Italien: Movimento 5 Stelle, Lega Nord und Forza Italia

In Italien gibt es gleich mehrere populistische Kräfte: Movimento 5 Stelle, Lega Nord und Forza Italia. Allerdings ist die Regierungspartei Partito Democratico (PD) mit 37,2 Prozent in Umfragen immer noch sehr stark und wäre eindeutiger Sieger bei Parlamentswahlen. Fraglich ist, ob eine absolute Mehrheit zustande kommen kann oder eine Koalition mit einer der populistischen Parteien gegründet werden müsste. Die Koalitionsverhandlungen dürften vermutlich wie bei den letzten Wahl en schwierig werden und den Einfluss populistischer Parteien insofern stärken, als dass die PD diesen inhaltlich entgegenkommen müsste.

Niederlande: Partei für die Freiheit

Die Partei für die Freiheit (PVV) ist dem rechtspopulistischen Parteienspektrum zuzuordnen. Im Kern positioniert sich die Partei gegen Einwanderung und die EU. Vor allem durch ihren Vorsitzenden Geert Wilders erlangt die PVV in den Niederlanden eine hohe Aufmerksamkeit in den Medien.

Österreich: Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist mit Gründung 1955 eine die der ältesten populistischen Parteien. Nach der Abspaltung des rechtsliberalen Flügels als Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) im Jahr 2005 mobilisiert die rechtspopulistische FPÖ gegen weitere europäische Integration und die "Islamisierung" Österreichs.

Spanien: Podemos-Bewegung

Neu im linken Spektrum ist die spanische Podemos-Bewegung. Sie ging im März 2014 aus der Bewegung der "Empörten" hervor und sieht sich als Vertretung der Bevölkerung gegen eine "politische Kaste."

Großbritannien: United Kingdom Independence Party (Ukip)

Im Vereinigten Königreich ist EU-Skepsis tendenziell verbreiteter als in anderen EU-Ländern. Dies spiegelt sich auch in der Parteienlandschaft wieder, in der die rechtskonservative United Kingdom Independent Party (Ukip) mit ihrer Forderung nach einem EU-Austritt die stärksten EU-skeptischen Züge trägt.

KONTEXT

Rechte Parteien in den Landtagen

Rechte Parteien in Deutschland

Immer wieder haben rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien den Sprung in deutsche Landesparlamente geschafft. Von langer Dauer war ihr parlamentarisches Wirken meist nicht. Die Fraktionen machten häufig eher durch interne Streitigkeiten von sich reden als durch politische Initiativen. In Mecklenburg-Vorpommern könnte die NPD nun am Sonntag aus dem letzten Landtag fliegen - auch wegen der AfD, die mit einem zweistelligen Ergebnis einziehen dürfte. Ein Überblick.

NPD

Die rechtsextreme Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) erlebte in den 60er Jahren eine erste Erfolgswelle. Ihr gelang der Einzug in sieben der damals elf Landesparlamente, bei der Bundestagswahl 1969 scheiterte sie mit 4,3 Prozent nur knapp an der Fünfprozenthürde. Der Aufstieg war aber nur ein vorübergehendes Phänomen, in den 70er Jahren verschwand sie weitgehend wieder von der Bildfläche, ohne in den Landesparlamenten nennenswerte Ergebnisse erzielt zu haben.

Einen Wiederaufstieg mit neuem Personal erlebte die NPD nach der Wiedervereinigung. Wurde sie in den 60er Jahren noch von alten NSDAP-Anhängern getragen, konnte sie nun vor allem bei jenen Wählern in Ostdeutschland punkten, die sich als Verlierer der Wende sahen. 2009 zog sie in den Landtag von Sachsen ein, nach heftigen internen Querelen verfehlte sie 2014 den Wiedereinzug. Seit 2011 ist die NPD nur noch im Schweriner Landtag vertreten.

Republikaner

Unter Führung des früheren SS-Manns Franz Schönhuber wirbelten die rechten Republikaner vor einem Vierteljahrhundert die Parteienlandschaft auf. 1989 gelang ihnen völlig überraschend der Einzug ins Europaparlament und ins Abgeordnetenhaus von Berlin. 1992 erreichten sie bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg 10,9 Prozent.

Vier Jahre später kam die Partei mit 9,6 Prozent erneut in den Landtag - und stellte damit eine Ausnahme von der Regel dar, dass rechte Protestparteien normalerweise nach einer Legislaturperiode wieder aus den Landtagen fliegen. Allerdings wurden auch die Republikaner von internem Streit zerrissen, inzwischen ist die Partei bedeutungslos.

DVU

Die Deutsche Volksunion (DVU) bot sich in den 90er Jahren als Auffangbecken für enttäuschte NPD-Wähler an und erzielte teils überraschende Wahlerfolge. 1991 zog sie ins Bremer Landesparlament ein, ein Jahr später in den Landtag von Schleswig-Holstein. In Sachsen-Anhalt erzielte sie 1998 mit 12,9 Prozent ihr bestes Ergebnis, auch in Brandenburg wurde sie in den Landtag gewählt.

Die DVU war voll auf ihren Gründer, den reichen Münchener Verleger Gerhard Frey, zugeschnitten. Bei den Wahlen trat sie in der Regel mit völlig unbekannten Kandidaten an. In den Landtagen machte sie vor allem mit internen Streitereien von sich reden, die DVU-Fraktionen zerfielen rasch. 2010 gingen die Reste der Partei in der NPD auf.

Schill-Partei

Eine weitere rechte Partei, die klar auf eine Führungsfigur zugeschnitten war, war die Partei Rechtsstaatliche Offensive des Hamburger Richters Ronald Schill. Sie schaffte es sogar in die Regierungsverantwortung. 2001 zog sie mit 19,4 Prozent in die Bürgerschaft ein und trat unter CDU-Bürgermeister Ole von Beust in die Regierung ein. Schill hatte sich als Richter mit umstrittenen harten Urteilen gegen Straftäter einen Namen gemacht.

Die Regierungskoalition zerbrach 2003 unter spektakulären Umständen. Von Beust entließ Schill als Justizsenator. Der Bürgermeister warf Schill den Versuch vor, ihn wegen seiner Homosexualität erpressen zu wollen. Bei der Wahl 2004 kam die Schill-Partei nicht mehr ins Landesparlament.

KONTEXT

Die potenziellen AfD-Wähler

Konservativ-etabliertes Milieu

Umfasst: 10 Prozent der Bevölkerung

Das klassische Establishment: verantwortungsvoll und erfolgsorientiert; Exklusivitäts" und Führungsansprüche, Standesbewusstsein; zunehmender Wunsch nach Ordnung und Balance. In diesem Milieu gibt es ein potenzielles AfD-Klientel, doch der Anteil ist relativ gering.

Liberal-intellektuelles Milieu

Umfasst: 7 Prozent der Bevölkerung

Die aufgeklärte Bildungselite: kritische Weltsicht, liberale Grundhaltung und postmaterielle Wurzeln; Wunsch nach Selbstbestimmung und -entfaltung. In diesem Milieu gibt es kein AfD-Klientel.

Milieu der Performer

Umfasst: 8 Prozent der Bevölkerung

Die multi-optionale, effizienzorientierte Leistungselite: global denkend, Selbstbild der Konsum- und Stilavantgarde, hohe Technikaffinität, Etablierungstendenz, Erosion des visionären Elans. In diesem Milieu gibt es kein AfD-Klientel.

Expeditives Milieu

Umfasst: 8 Prozent der Bevölkerung

Die ambitionierte kreative Avantgarde: Traditionelle Trendsetter, mental, kulturell und geografisch mobil, vernetzt, nonkonformistisch, testet Grenzen aus. In diesem Milieu gibt es kein AfD-Klientel.

Bürgerliche Mitte

Umfasst: 13 Prozent der Bevölkerung

Der leistungs- und anpassungsbereite bürgerliche Mainstream: bejaht die gesellschaftliche Ordnung, will sich sozial und beruflich etablieren, sucht gesicherte und harmonische Verhältnisse, geprägt sind sie durch wachsende Überforderung und Abstiegsangst. In diesem Milieu gibt es ein potenzielles AfD-Klientel, doch der Anteil derjenigen, die die AfD nicht wählen, ist größer.

Adaptiv-pragmatisches Milieu

Umfasst: 10 Prozent der Bevölkerung

Die moderne junge Mitte mit ausgeprägtem Lebenspragmatismus und Nützlichkeitsdenken: Leistungs- und anpassungsbereit, Wunsch nach Spaß und Unterhaltung, zielstrebig, flexibel, weltoffen. Bedürfnis nach Verankerung und Zugehörigkeit. Es gibt einen kleinen Anteil potenzielle AfD-Wähler.

Sozialökologisches Milieu

Umfasst: 7 Prozent der Bevölkerung

Engagiert gesellschaftskritisches Milieu mit normativen Vorstellungen vom "richtigen" Leben: ausgeprägtes ökologisches und soziales Gewissen. Globalisierungsskeptiker, Multikulti-Befürworter. In diesem Milieu gibt es keinen potenziellen AfD-Wähler.

Traditionelles Milieu

Umfasst: 13 Prozent der Bevölkerung

Die Sicherheit und Ordnung liebende ältere Generation: lebt in der kleinbürgerlichen Welt oder der traditionellen Arbeiterkultur, Sparsamkeit und Anpassung an die Notwendigkeiten, zunehmende Resignation und Gefühl des Abgehängtseins. In diesem Milieu liegt der Anteil der AfD-Wähler bei 100 Prozent.

Prekäres Milieu

Umfasst: 9 Prozent der Bevölkerung

Die um Orientierung und Teilhabe bemühte Unterschicht: Wunsch, Anschluss zu halten an die Konsumstandards der breiten Mitte - aber Häufung sozialer Benachteiligungen, Ausgrenzungserfahrungen, Verbitterung und Ressentiments. In diesem Milieu umfasst die potenzielle AfD-Klientel 100 Prozent.

Hedonistisches Milieu

Umfasst: 15 Prozent der Bevölkerung

Die spaß- und erlebnisorientierte moderne Unterschicht/untere Mitte: Leben im Hier und Jetzt, unbekümmert und spontan, häufig angepasst im Beruf, aber Ausbrechen aus den Zwängen des Alltags in der Freizeit. Hier gibt es potenzielle AfD-Wähler, allerdings zählt dazu weniger als die Hälfte.