Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • Nikkei 225

    37.552,16
    +113,55 (+0,30%)
     
  • Dow Jones 30

    38.503,69
    +263,71 (+0,69%)
     
  • Bitcoin EUR

    62.065,89
    -98,78 (-0,16%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.426,91
    +12,15 (+0,86%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.696,64
    +245,33 (+1,59%)
     
  • S&P 500

    5.070,55
    +59,95 (+1,20%)
     

Ein Franzose fordert mit „Null G“ die Telekom heraus

Der Chef der Firma Sigfox baut an einem weltweiten Netz für das Internet der Dinge. Statt auf 5G-Mobilfunk setzt er auf 0G mit besonders wenig Stromverbrauch.

Der Mobilfunk steht vor einem tiefgreifenden Wandel. In Europa, den USA und Asien wird über die Chancen der Zukunftstechnik 5G gesprochen. Der neue Standard soll immer bessere Netze ermöglichen. Das Netz soll alles mit allem verknüpfen können.

In den USA, China, Österreich und der Schweiz werden die Netze für den Echtzeitmobilfunk ausgebaut. In Deutschland ging die Versteigerung der Frequenzen vergangene Woche nach fast drei Monaten zu Ende. Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica versuchen, sich gegenseitig mit Ankündigungen für das Netz der Zukunft zu übertreffen.

Abseits des großen Wettrennens tüftelt ein europäisches Unternehmen an einer ähnlichen Idee – allerdings mit einem völlig anderen Konzept. Das Unternehmen aus Frankreich heißt Sigfox. Statt auf ein besonders schnelles Netz wie 5G setzt CEO Ludovic Le Moan auf einen besonders kostengünstigen Ansatz mit freien Frequenzen.

WERBUNG

Die können zwar niemals mit der Geschwindigkeit von 5G mithalten – nicht mal mit den langsameren Generationen wie 4G oder 3G. Dafür verbraucht das Netz von Le Moan besonders wenig Strom und kann zu niedrigen Preisen genutzt werden. Folglich nennt er seinen Ansatz 0G statt 5G.

Der 55-Jährige sieht sich als Vorkämpfer: „Das ist die größte Wette für Europa seit einiger Zeit. Wir wollen ein weltumspannendes Netz für Telekommunikation erschaffen.“

Das klingt nach einer großen Herausforderung. Schließlich werden die Frequenzen für den Mobilfunk in den meisten Ländern der Erde teuer versteigert. Die Bundesnetzagentur überwacht die Auktionen in Deutschland. Bei der Vergabe der 5G-Frequenzen mussten die Firmen am Ende 6,5 Milliarden Euro zahlen.

Le Moan umgeht dieses Problem, indem er ein Niedrigfrequenznetz errichtet, für das er in vielen Ländern der Welt nicht extra Lizenzen erwerben muss. Das sind Frequenzen, die etwa auch für Autoschlüssel, Kopfhörer oder WLAN eingesetzt werden können. Dadurch muss Sigfox in der Regel kein Geld für die Nutzung der Frequenzen bezahlen.

Le Moan ist Ingenieur und beschreibt sich selbst als begeisterten Radio- und Funk-Fachmann. Schon lange habe er sich mit der Idee beschäftigt, die globalen Mobilfunknetze verändern zu wollen. Dann lernte er Christophe Fourtet kennen, der ebenfalls an neuen Funkkonzepten tüftelte und bereits die Idee zu einem globalen Netz entwickelt hatte.

Gemeinsam gründeten Le Moan und Fourtet 2010 Sigfox. Heute steht das Netzwerk in 60 Ländern. Das Unternehmen hat Niederlassungen in München, Madrid, Boston, Dallas, San Francisco, Dubai, Singapur, São Paulo und Tokio. Und bislang konnte die Firma bereits mehr als 300 Millionen Euro an Investorengeldern einsammeln.

Geringer Stromverbrauch

Der Vorteil von Le Moans Ansatz ist der geringe Energieverbrauch. Dank des Ansatzes von Sigfox lassen sich Millionen von Geräten verbinden, ohne dass ständig Batterien getauscht werden müssen. Der Nachteil des Konzeptes ist, dass sich nur sehr wenige Daten übertragen lassen. „Mit unserer Technik werden Sie niemals Videos übertragen können. Aber das wollen wir auch gar nicht“, sagt Le Moan.

Sein Ziel bestehe eher darin, viele kleine Geräte an ein Netz anzubinden, die nur selten Informationen übertragen müssen. Das können beispielsweise Rauchmelder sein, die in Tausenden Wohnungen verteilt sind. Es reicht, wenn die Sensoren eine Nachricht schicken, sobald ein Brand ausbrechen sollte. Zusätzlich könnten sie täglich eine Information senden, ob alles funktioniert oder Störungen vorliegen.

„Dank unserer Technik kann die Batterie in so einem Gerät mehrere Jahre halten“, sagt Le Moan. In Frankreich, Deutschland, Spanien und den USA betreibt Sigfox das Netz selbst. In anderen Staaten setzt Sigfox auf Partner, um das Netz auszubauen.

Mit geringen Kosten will Sigfox die Vernetzung von Milliarden von Geräten möglich machen. Von Mülleimern, die melden, sobald sie voll sind, über Feinstaubsensoren bis hin zu vernetzten Parkplätzen will Sigfox eine bessere Steuerung der Städte möglich machen. Firmen sollen Produkte entlang der Lieferkette verfolgen, Bauern die optimale Versorgung ihrer Felder mit Wasser und Dünger ermitteln können.

Damit dringt Sigfox in einen Bereich vor, den eigentlich die Netzbetreiber wie Deutsche Telekom, Vodafone oder Telefónica besetzen wollen. Auch sie hoffen auf die Chancen des Internets der Dinge. Auf der Hannover Messe stellte die Großkundentochter der Telekom, T-Systems, eine Reihe von Konzepten vor, wie die Vernetzung den Handel effizienter machen soll. „Wir werden alles mit allem verbinden können“, sagte T-Systems-CEO Adel Al-Saleh.

Mittlerweile haben die Netzbetreiber auch ein eigenes Konzept auf den Weg gebracht, um den Vormarsch von Sigfox zu stoppen. Mit einem Schmalbandnetz, auch Narrowband genannt, bieten die Netzbetreiber eine eigene Lösung, die sehr stromsparend ist. Und sie haben einen Vorteil, denn sie können auf ein bestehendes Netz zurückgreifen, um die neue Technik auszurollen. Sowohl die Telekom als auch Vodafone versorgen bereits große Teile Deutschlands mit ihrem Netz.

Antwort der Konkurrenz

Genau hier liegt ein Problem für Sigfox und andere Konkurrenten, die die etablierten Betreiber herausfordern. „Alle diese Netze sind im Aufbau und haben noch große Lücken. Das kann nun nicht anders sein“, sagt Telekommunikationsberater Bernhard Demuth. „Die Frage ist: Wie zuverlässig und motiviert und mit welcher Geschwindigkeit wird an dem Netz gebaut?“

Was Demuth beschreibt, ist das klassische Henne-Ei-Problem. Start-ups wie Sigfox brauchen ein weitverzweigtes Netz, um lukrative Dienste anbieten zu können. Dafür brauchen sie Kunden, um den Aufbau zu finanzieren. Doch die kommen vor allem dann, wenn es ein gutes Netz gibt.

Le Moan setzt auf Kooperationen, um das Netz zu erweitern. Nach eigenen Angaben ist das Empfangssystem der Firma in 60 Ländern „verfügbar“ und erreicht weltweit mehr als eine Milliarde Menschen. Künftig soll auch noch ein Satellit helfen, die Abdeckung zu verbessern. 2011 startete die erste Antenne in Frankreich. Heute sollen laut Firmenangaben mehr als sechs Millionen Geräte an das Netz angeschlossen sein. Speditionsfirmen wie Dachser, der Energiekonzern Total oder der Reifenproduzent Michelin sind Partner von Sigfox.

Das Wettrennen um die dominante Technik beim Internet der Dinge hat gerade erst begonnen. Sigfox will die großen Netzbetreiber herausfordern. Ob der Firma das gelingt, wird sie in den nächsten Jahren unter Beweis stellen müssen.

Mehr: In Deutschland sind die 5G-Frequenzen nun verteilt – die Konzerne können den Netzausbau starten. Was das für Verbraucher bedeutet, lesen Sie hier.