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Frankreichs Handelsminister Riester räumt Schwächen des EU-China-Abkommens ein

Die EU wird wohl das Abkommen mit China anwenden, auch wenn Peking noch nicht alle Bedingungen erfüllt. China wird besser behandelt als osteuropäische EU-Mitglieder.

Frankreichs Handelsminister Franck Riester zählt zu den entschiedensten Verfechtern des EU-Wirtschaftsabkommens mit China. „Das Abkommen sichert europäischen Unternehmen einen fairen Zugang zum chinesischen Markt, die Gegenleistungen der EU für China sind dagegen sehr gering“, warb er jetzt im Gespräch mit Journalisten. Der Vertrag ist in aller Eile kurz vor Silvester vereinbart worden, kann aber nur ratifiziert werden, wenn das Europäische Parlament zustimmt.

Das aber ist weniger begeistert als die deutsche und die französische Regierung. Riester selbst musste jetzt Schwächen des Vertragstextes einräumen, den die EU-Kommission allen Transparenzversprechen zum Trotz noch immer nicht veröffentlicht hat.

Der wichtigste Kritikpunkt betrifft die fehlenden Garantien dafür, dass China künftig auf Zwangsarbeit verzichten wird. Für die EU war dies stets eine Bedingung für den Abschluss des Abkommens gewesen – doch Ende Dezember gab sie überraschend nach.

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EU-Kommission, Bundes- und französische Regierung erwecken immer noch den Eindruck, die europäischen Verhandler hätten in sozialen Fragen und Menschenrechten so viel herausgeholt wie noch nie. China sei dieselben Verpflichtungen eingegangen wie Vietnam.

Aber Riester musste jetzt einräumen, dass das nicht stimmt. China verpflichtet sich zwar, „nachhaltige und kontinuierliche Anstrengungen zu unternehmen“, um die Konvention gegen Zwangsarbeit zu ratifizieren. Doch die EU wird das Abkommen auch dann ratifizieren, wenn China noch nicht geliefert hat.

„Ein geopolitischer Sieg Chinas“

Im Falle Vietnams ist das ganz anders: Da ist die Ratifizierung der Konvention eine Bedingung dafür, dass das Handelsabkommen in Kraft tritt. Für Riester ist das „eine unterschiedliche Governance“ in Verbindung mit den Abkommen. „Das wird den chinesischen Kapitalismus nicht revolutionieren, aber es ist ein nicht zu vernachlässigender Fortschritt“, interpretiert er den Text etwas kleinlaut.

Am Dienstag ließ der Europa-Chefvolkswirt der Ratingagentur Standard & Poor's, Sylvain Broyer, die Luft aus überzogenen Erwartungen an die Vereinbarung. „Dieses Abkommen ist wirtschaftlich kein Game-Changer“, urteilt der Ökonom. Es bringe der EU nur begrenzte ökonomische Vorteile.

Vor allem sei es „ein geopolitischer Sieg Chinas“. Ausgerechnet zum Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Joe Biden habe die Diktatur demonstriert, dass sie Europa zu einem Alleingang ohne die USA bewegen könne.

Sein Asien-Kollege Shaun Roache wies darauf hin, dass Chinas Wachstum derzeit allein exportgetrieben sei, während die Einzelhandelsumsätze immer noch deutlich unter dem Vorkrisenniveau liegen. Europa muss sich also auf eine chinesische Exportoffensive gefasst machen.

Riester dagegen sieht große wirtschaftliche Vorteile der Vereinbarung: „Es ist gut, künftig mehr chinesische Investitionen bei uns zu haben, das schafft Arbeitsplätze.“ Die Frage ist nur: für wen?

Angeblich kann China, sollte es beispielsweise in der EU ein Kraftwerk bauen, dafür bis zu drei Jahre lang eigene Arbeiter in die EU entsenden, ohne EU-Löhne oder Sozialabgaben zahlen zu müssen. China wäre damit bessergestellt als beispielsweise die osteuropäischen EU-Mitglieder nach der geltenden Entsende-Richtlinie. Danach gefragt, wich Riester aus: „Das ist mir nicht bekannt, ich werde mich erkundigen.“

China wird besser behandelt als osteuropäische EU-Mitglieder

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hatte als eine seiner ersten Amtshandlungen 2017 eine Verschärfung der Bedingungen für die Entsendung von Arbeitskräften innerhalb der EU verlangt. Gegen den erbitterten Widerstand der osteuropäischen Länder, deren einziger Wettbewerbsvorteil häufig die niedrigeren Arbeitskosten sind, wurden zahlreiche neue Hürden für die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU eingeführt.

Sollte China mit dem Wirtschaftsabkommen für sich bessere Konditionen erreichen, hätte es nicht nur die EU- Präferenz ausgehebelt. Es könnte dann, wie von Peking in Schwellenländern praktiziert, eine Zuwanderung durch die Hintertür einführen und den europäischen Markt mit eigenen Arbeitskräften fluten.

Das seit 2013 verhandelte Abkommen soll vor allem den Zweck erfüllen, europäische Investitionen in China zu schützen. Doch ausgerechnet auf diesem Gebiet klafft eine große Lücke im Vertragstext, wie Riester zugibt: „Es gibt kein Schiedsgericht, wir brauchen noch ein Streitschlichtungsverfahren für den Schutz der Investitionen, das ist, wenn überhaupt, bislang lediglich in bilateralen Vereinbarungen geregelt.“

Das müsse noch verhandelt werden, dafür sei eine Revisionsklausel vorgesehen. Bislang gebe es ein solches Schlichtungsverfahren im Abkommen lediglich für Konflikte über den fairen Marktzugang.