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Früher Szeneliebling, heute Verlustbringer: Die Geschichte von Outfittery

Anna Alex und Julia Bösch sind die bekannten Gesichter hinter Outfittery. Zusammen mit einem dritten Gründer haben sie 2012 begonnen, Männern beim Shoppen zu helfen.
Anna Alex und Julia Bösch sind die bekannten Gesichter hinter Outfittery. Zusammen mit einem dritten Gründer haben sie 2012 begonnen, Männern beim Shoppen zu helfen.

Anna Alex und Julia Bösch setzten zu Beginn der 2010er Jahren ein Zeichen in der Startup-Szene: Zwei Frauen in der Führungsrolle, die Millionen an Risikokapital einsammeln. Mit Outfittery konnten die beiden ihrem alten Artbeitgeber Zalando zeigen, wie sich Männer zum Online-Mode-Shopping bewegen lassen: mit zusammengestellten Outfits im Abo, die nach Hause geliefert werden.

Trotz wachsender Absätze brachte das Startup es jedoch bisher nicht zur Profitabilität. Ein mitunter intransparenter Umgang mit Geschäftszahlen brachte die Berliner Firma zudem in Verruf. Was ist passiert? Die wichtigsten Stationen von Outfittery im Überblick:

2009 bis 2011

Die Volkswirtin Anna Alex und die Betriebswirtin Julia Bösch fangen 2009 beim Modehändler Zalando an. Alex kommt von Rocket Internet und kümmert sich bis Ende 2010 um das Produktmanagement der Berliner Fashion-Plattform. 2011 wechselt sie zu der Schweizer E-Shopping-Plattformen Deindeal.ch und leitet dort ein Jahr lang ebenfalls das Produktmanagment. Bösch verantwortet bis Dezember 2011 das internationale Business Development bei Zalando. Beide kennen die Schwachstellen ihrer Arbeitgeber: zu hohe Retourenquoten – und Männer, die zu wenige Mode online kaufen. Beides wollen Alex und Bösch in den Griff bekommen.

2012

Ihre Idee: personalisierte Outfits, auch Curated Shopping genannt. Die Kombinationen werden von Kuratorinnen ausgesucht und in Kofferboxen nach Hause geschickt. Im Januar gründen die ehemaligen Zalando-Mitarbeiterinnen Outfittery. Mit ihrem Startup sind sie nicht die ersten auf dem Markt für Curated Shopping. Ein Jahr zuvor ist in Berlin Modomoto von Corinna Powalla gestartet. In der Öffentlichkeit inszenieren sich Alex und Bösch als Gründerinnen-Duo. Doch seit Februar ist auch Tobias Nendel als CTO und Mitgründer bei Outfittery dabei. Er hat mit Bösch in München studiert.

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Im Juni schließt Outfittery seine Seed-Runde ab. Zalando-Geldgeber HV Holtzbrinck Ventures und der staatlich geförderte High-Tech Gründerfonds (HTGF) steigen ein. Die Höhe des ersten Investments wird nicht kommuniziert.
Ein Dreivierteljahr nach dem Start seien 7.000 Mode-Boxen verschickt worden, heißt es vom Unternehmen. Pro Bestellungen sollen Kunden rund 300 Euro ausgeben.

2013

Gleich zu Beginn des Jahres fließt wieder Geld. In der Series A steigen der Luxemburger VC Mangrove Capital Partners und die Investitionsbank Berlin ein. Erneut bleibt die Höhe des Investments vertraulich. 30 Mitarbeiterinnen, davon 14 Stilberaterinnen sind bei Outfittery beschäftigt. Alex und Bösch werden von Gründerszene zum Startup des Jahres und Publikumsliebling gekürt. Als Vorzeigegründerinnen treten sie weiterhin meist als Duo auf.

2014

Neues Jahr, neues Geld. 13 Millionen Euro werden im Februar von den Bestandsinvestoren locker gemacht. Der VC Highland Europe steigt ein. Outfittery beschäftigt nach eigenen Angaben zu Anfang des Jahres rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Etwa 100.000 Kunden in Deutschland, Österreich, Schweiz und Holland sollen den Service nutzen. Wettbewerber Modomoto nennt ähnliche Zahlen. Im Laufe des Jahres wird auf 150 Mitarbeitende aufgestockt. Das Unternehmen macht Schätzungen zufolge sieben Millionen Euro Umsatz. Mit genaueren Geschäftszahlen ist Outfittery weiterhin zurückhaltend.

2015

Im März bekommt das Startup wieder Geld. Der in UK ansässige VC Northzone führt die Runde an. Rund 17 Millionen Euro (20 Millionen US-Dollar) kommen gemeinsam mit den Bestandsinvestoren zusammen. Zalando wird das bislang beste Geschäftsjahr der Firmengeschichte schreiben – und in Konkurrenz zu seinen früheren Angestellten treten: Zalon geht an den Start – Curated Shopping für Männer und Frauen. Anders als bei Outfittery und Modomoto können sich Kunden ihre Stilberater hier aussuchen.

Im Juli wird öffentlich, dass Mitgründer Tobias Nendel Outfittery verlassen wird. Auf Anfrage von Gründerszene erklärt das Berliner Startup, der CTO ziehe sich aus dem operativen Geschäft zurück, bleibe aber Gesellschafter. Dem Handelsregister zufolge liegt der Wert des Unternehmens Ende 2015 bei rund 72 Millionen Euro (85 Millionen US-Dollar).

2016

Mittlerweile sind rund 300 Mitarbeitende in Berlin beschäftigt, darunter 150 Stylistinnen und Stylisten. Nach eigenen Angaben nutzen 400.000 Kunden in acht Ländern den Service. Bösch zufolge kaufen Männer im Schnitt für 200 Euro über Outfittery ein. Das sind 100 Euro weniger als noch im Jahr der Gründung. Wie hoch die Retourenquote ist, bleibt Unternehmensgeheimnis. Zum Vergleich: Zalando und andere Modeshops haben mit 50 Prozent Rückläufen zu kämpfen. Im Mai nimmt das Startup einen Kredit von Claret Capital Partners auf, die Höhe wird nicht kommuniziert.

Im August folgt die nächste Eigenkapital-Finanzierung mit der Serie E. Rund 19 Millionen Euro (22 Millionen US-Dollar) kommen zusammen. Angeführt wird die Runde vom britischen Geldgeber Octopus Ventures. Mit dem Geld will sich das Startup gegen seine Wettbewerber rüsten. Die Gründerinnen halten jeweils noch etwa neun Prozent an Outfittery. Die Unternehmensbewertung ist mit der aktuellen Runde auf etwa 84 Millionen Euro (100 Millionen US-Dollar) gestiegen. Profitabel ist das Unternehmen bisher nicht.

2017

Anders als zuvor eröffnet Outfittery das neue Geschäftsjahr mal nicht mit einer neuen Finanzierung. Dafür sammelt der Berliner Wettbewerber Modomoto sechs Millionen Euro ein. Eingestiegen ist die Berliner Auden AG. Ende November 2016 hatte Auden bereits ein Wandeldarlehen über eine Million Euro gewährt, das mit der aktuellen Finanzierung in Anteile umgewandelt wurde. Die Bewertung des 250 Mitarbeiter großen Unternehmens soll nun bei etwa 50 Millionen Euro liegen.

2018:

Outfittery verkündet, im Vorjahr den Break Even erzielt zu haben. Details lässt das Unternehmen erneut offen. Doch die ersten öffentlichen Geschäftszahlen tauchen im Mai im Bundesanzeiger auf. Sie zeigen, wie das Geschäftsjahr 2016 lief: Das Ergebnis lag „leicht unterhalb des erwarteten Wertes“, heißt es darin. Demnach hat das Startup 2016 einen Nettoumsatz nach Retouren, Rabatten und Wareneinsatz von 22,7 Millionen Euro erzielt. Eine Steigerung von etwa 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr mit 18,8 Millionen Euro. Der Verlust belief sich 2016 auf 14,6 Millionen Euro, während er 2015 noch 17,1 Millionen betragen hatte.

Im Juni wird bekannt, dass Gründerin Anna Alex sich operativ aus ihrem Unternehmen zurückzieht. Sie behält ihre Anteile und sitzt weiterhin im Beirat. Alex wird ein Jahr später das Nachhaltigkeits-Startup Planetly gründen.

2019

Das neue Führungsteam von Outfittery: Julia Bösch und Andreas Fischer. Fischer war seit 2012 CEO von Modomoto.
Das neue Führungsteam von Outfittery: Julia Bösch und Andreas Fischer. Fischer war seit 2012 CEO von Modomoto.

Seit 2012 sind die Berliner Startups Modomoto und Outfittery Konkurrenten. Mitte des Jahres geben sie die Fusion bekannt. Insgesamt beschäftigt das zusammengeschlossene Unternehmen nun 450 Mitarbeiter. Allein 50 Mitarbeitende sollen damit beschäftigt sein, die Algorithmen und die Angebote der beiden Plattformen zusammenzubringen.

Nach eigenen Angaben haben sie zusammengerechnet in den vergangenen zwölf Monaten rund 80 Millionen Euro Umsatz gemacht. Etwa eine Million Kunden seien eingekleidet worden. Die Marke Modomoto verschwindet. Geld verdient das Startup jedoch weiterhin nicht. Die Verluste im Vorjahr rechtfertigt Bösch mit den Expansionsplänen nach Großbritannien.

Dem Bundesanzeiger zufolge lag der Umsatz 2018 bei 52 Millionen Euro, der Nettoumsatz nach Retouren, Rabatten und Wareneinsatz, soll um 23 Prozent auf 32,4 Millionen Euro gestiegen sein. Modomoto hingegen hat bis dahin vergleichsweise wenig Schulden gemacht. Die Berliner Pioniere hatten 2016 den niederländischen Wettbewerber The Cloakroom übernommen und die Expansion nach Frankreich vorbereitet.

2020

Die Corona-Pandemie lässt die Absätze in der Modebranche einbrechen. Viele Kunden bleiben im Homeoffice und brauchen keine neuen Outfits. Die Verluste werden für das Berliner Unternehmen dadurch immer größer. Sie sollen sich Recherchen zufolge mittlerweile auf rund 60 Millionen Euro belaufen. Geld hat Outfittery noch immer nicht verdient. Bösch hält stattdessen Ausschau nach einer weiteren Finanzspritze.

Zehn Millionen Euro sollen es werden. Schätzungsweise 50 Millionen Euro sind bereits investiert worden. Die Bestandsinvestoren scheuen sich, mehr Kapital zur Verfügung zu stellen. Nur Darlehen werden in Aussicht gestellt, zu Zinssätzen von 12 bis 18 Prozent. Seit der Fusion mit Modomoto sollen etwa 100 Stellen abgebaut worden sein, heißt es in einem Medienbericht. Im August verlässt auch Chef-Stratege Andreas Fischer, ehemals CEO von Modomoto, das Unternehmen.

2021

Die Bestandsinvestoren legen nach. Zu welchen Konditionen wird nicht bekanntgegeben. Auch zu den aktuellen Geschäftszahlen hält sich Bösch in gewohnter Manier bedeckt. Von Investorenseite heißt es lediglich, dass das Startup bis zum Ende des Jahres durchfinanziert sei. Corona-bedingt sei niemand entlassen worden, heißt es vom Unternehmen. Am 1. April wechselt Benjamin von Schenck von Prosieben zu Outfittery und wird CFO des Startups.