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Forscher warnen vor Abhängigkeit bei grünem Wasserstoff

Grüner Wasserstoff soll künftig aus Weltregionen kommen, in denen erneuerbare Energie besonders günstig ist. Forscher des Wuppertaler Instituts warnen vor neuen Abhängigkeiten.

Noch gibt es viele Unbekannte für die zukünftige Wasserstoffindustrie.  Foto: dpa
Noch gibt es viele Unbekannte für die zukünftige Wasserstoffindustrie. Foto: dpa

Ohne grünen Wasserstoff keine Energiewende. Das steht mittlerweile außer Frage und ist auch von der Bundesregierung in ihrer aktuellen Wasserstoffstrategie so festgeschrieben. Aber auf dem Weg in eine dekarbonisierte Industrie, für die das aus Ökostrom gewonnene Gas mitunter die einzige Alternative zu fossilen Rohstoffen darstellt, werfen Experten immer mehr Fragen auf.

So kritisieren Forscher des Wuppertaler Instituts für Klimaforschung (WI) in einer neuen Studie, dass die Politik sich zu sehr auf Wasserstoffimporte aus dem Ausland konzentriere. „Wir geben mit unseren Importvorhaben nicht nur mehr Kontrolle aus der Hand, es gibt außerdem auch keine klare Studiengrundlage dafür, dass die Produktion von grünem Wasserstoff im Ausland günstiger ist“, sagt Mitautor Frank Merten im Gespräch mit dem Handelsblatt.

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Im Auftrag des Landesverbandes für Erneuerbare Energien Nordrhein-Westfalen (LEE NRW) haben die Experten untersucht, welchen Nutzen der Aufbau einer größeren Wasserstoffproduktion im Heimatmarkt hätte. Das Ergebnis: Bei einem Aufbau einer Kapazität von 25 Gigawatt (GW) bis 2030 in Deutschland würden über 200.000 Arbeitsplätze und eine Wertschöpfungskette von knapp neun Milliarden Euro geschaffen.

„Deutschland sollte deutlich ambitioniertere Ausbauziele für grünen Wasserstoff haben. Der jetzige Plan von fünf Gigawatt bis 2030 wird jedenfalls nicht die nötige Initialzündung für die Industrie liefern“, fordert Merten deswegen.

Nach langem Ringen hatte die Bundesregierung sich im Sommer auf eine Wasserstoffstrategie geeinigt. An erster Stelle steht dabei die Zusage, zusätzlich sieben Milliarden Euro für den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien in Deutschland und weitere zwei Milliarden Euro für den Aufbau von internationalen Partnerschaften beim Thema Wasserstoff zur Verfügung zu stellen.

Bis 2030 soll demnach eine Leistung von fünf Gigawatt erreicht werden, bis 2035 sollen dann weitere fünf Gigawatt Elektrolyseleistung dazukommen.

Nicht zum ersten Mal wird die Strategie der Bundesregierung allerdings als zu unambitioniert kritisiert. Zur Umsetzung „reichen Trippelschritte nicht aus, wir brauchen einen Sprung nach vorn“, sagte selbst der Wasserstoffbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Kaufmann, kürzlich im Interview mit dem Handelsblatt.

Denn den Platz an der Weltspitze der neuen Zukunftstechnologie wollen auch andere haben. 20 Staaten haben bereits eine eigene Wasserstoffstrategie beschlossen oder planen zumindest, sie in den kommenden Monaten zu beschließen.

Wasserstoff spielt eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Dekarbonisierung. Wird er auf Basis von grünem Strom mithilfe des Elektrolyse-Verfahrens hergestellt, ist er nämlich klimaneutral.

Wasserstoff im Aufwind

Besonders begehrt ist das nachhaltige Gas für bestimmte Prozesse, bei denen Strom aus erneuerbaren Quellen gar nicht oder nur mit extrem hohem Aufwand als Ersatz für fossile Rohstoffe eingesetzt werden kann.

So könnte Wasserstoff in der Industrie, im Schwerlast-, Flug- und Schiffsverkehr, aber auch im Wärmesektor oder als Medium zur Speicherung oder zum Transport von Strom aus erneuerbaren Quellen eine wichtige Rolle spielen.

Weil die Kapazitäten zur Herstellung von grünem Strom in Deutschland begrenzt sind, setzt die Bundesregierung bei der Produktion von grünem Wasserstoff sehr stark auf Importe aus dem Ausland.

Die Idee dahinter: Besonders sonnen- oder windreiche Länder wie Marokko, Dubai oder Dänemark produzieren zukünftig mehr und günstigeren Ökostrom, als sie selbst verbrauchen und seien deswegen die perfekten „Partnerländer“ für den Import von grünem Wasserstoff.

Die Rechnung ist relativ simpel: Ein Solarmodul, das an einem guten Standort in Afrika steht, erzeugt aufgrund der hohen Sonneneinstrahlung im Schnitt doppelt so viel Energie wie ein Solarmodul in Deutschland.

Wird der Solarstrom noch vor Ort in Afrika in grünen Wasserstoff umgewandelt und mithilfe eines Tanklasters oder einer Pipeline nach Deutschland importiert und hier wieder in Strom zurückgewandelt, würden sich die Effizienzverluste im Vergleich zur heimischen Produktion auf zwei Prozent begrenzen, rechneten jüngst Experten der Unternehmensberatung Arthur D. Little vor.

„Die Kosten von importiertem Wasserstoff und in Deutschland erzeugtem Wasserstoff nähern sich an“, ist hingegen Merten überzeugt. Schließlich gebe es viele Unsicherheiten, welcher Preis sich am Ende bildet. „Die Transport- und Infrastrukturkosten sind eine weitere Unbekannte“, ist der WI-Experte überzeugt.

Unbekannte Kosten

Dass Solarstrom aus Marokko zwangsläufig günstiger sei als Sonnenenergie aus Süddeutschland, sei außerdem ein Trugschluss, schreiben die Autoren. Mit den sinkenden Kosten für Photovoltaik seien die Stromgestehungskosten in Zukunft nahezu identisch.

Nicht mit eingepreist haben die Autoren dabei allerdings die hohe Steuer- und Abgabenlast auf den deutschen Strompreis.

Das könnte sich aber tatsächlich als zweitrangig erweisen, denn um Wasserstoff zu exportieren, müssten Länder wie Marokko und Dubai erst einmal selbst genug Erneuerbare produzieren. Viele der potenziellen Exportländer sind selbst noch immer stark abhängig von fossilen Energieträgern. In Marokko stammen derzeit noch rund 90 Prozent der Primärenergie aus Kohle, Öl und Gas.

Erst einmal bleibt Deutschland also wohl ohnehin nichts anderes übrig, als seinen grünen Wasserstoff selbst zu produzieren.