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Folgen des Lockdowns: Deutsche Markenhersteller fürchten Händlersterben

Viele Läden sind durch monatelange Schließungen existenzbedroht. Das spüren auch die Marken – und der Online-Verkauf ist nicht immer eine Alternative.

Seit fast zwei Monaten sind die meisten Läden in Deutschland geschlossen. Viele Marken sorgen sich um die Präsenz vor Ort. Foto: dpa
Seit fast zwei Monaten sind die meisten Läden in Deutschland geschlossen. Viele Marken sorgen sich um die Präsenz vor Ort. Foto: dpa

Die Läden in Deutschland sind seit fast zwei Monaten geschlossen, so mancher Inhaber steht vor dem Ruin. Das besorgt quer durch die Branchen zusehends die Hersteller: Viele Marken erzielen nach wie vor den größten Teil ihres Umsatzes mit Shops vor Ort. Sie dürften darüber hinaus auf offenen Rechnungen sitzen bleiben, wenn Kaufleute aufhören müssen.

Beispiel Sennheiser: Weltweit setzt der Audiospezialist etwa 60 Prozent seiner Kopfhörer über den stationären Handel ab. In Deutschland nehmen die Läden noch einen wesentlich höheren Stellenwert ein. „Kunden möchten Premiumprodukte im Audio-Bereich vorab testen und beraten werden“, erklärt der Co-CEO des Familienunternehmens, Andreas Sennheiser. Entsprechend schwer sind die Zeiten für den Mittelständler. „So ist der weltweite Kopfhörermarkt 2020 phasenweise um 30 bis 40 Prozent zurückgegangen“, erläutert Sennheiser.

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Niemand weiß, wie viele Händler übrig bleiben, für viele wird es knapp. Die staatlichen Hilfen kämen immer noch nicht an, klagt der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland, Stefan Genth. Das führe zu Insolvenzängsten der Ladenbesitzer.

Die Konsumenten knausern zudem. „Die Anschaffungsneigung bricht regelrecht zusammen“, teilten die Marktforscher der GfK mit. Der von der GfK ermittelte Wert für das Konsumklima in Deutschland liegt normalerweise recht stabil bei etwa plus zehn. Im Frühjahr 2020 sank er auf unter minus 20, erholte sich dann über den Sommer auf nahe null, rutschte aber nun wieder auf minus 15,6 ab.

Viele Filialen schließen

Prominenteste Insolvenz in diesem Jahr ist die Modekette Adler. Der Modefilialist Promod kündigte jüngst an, seine verbliebenen 32 Geschäfte in Deutschland dichtzumachen. Und Konkurrent Pimkie wird die Hälfte aller Läden hierzulande schließen.

Bald dürfte es weitere Pleiten geben, fürchtet Florian Sieber, Chef von Simba-Dickie. Das Familienunternehmen ist Deutschlands größter Spielwarenhersteller. „Der Lockdown wird an einigen unserer Kunden nicht spurlos vorübergehen.“

Vor Weihnachten flüchtete bereits der Spielwarenhändler Spiele Max mit 70 Filialen in ein Schutzschirmverfahren. Auch für Simba-Dickie sind die Läden vor Ort essenziell. Das Unternehmen führt unter anderem Hunderte Mitnahmeartikel für ein paar Euro, die beim Online-Einkauf kaum den Weg in den Warenkorb finden.

Nicht zuletzt weil diese Miniartikel so bedeutend sind, ist Simba-Dickie vergangenes Jahr nicht so stark gewachsen wie die Branche. So legte der Spielwarenmarkt um neun Prozent zu. Die Erlöse von Simba-Dickie kletterten nur um knapp zwei Prozent auf 715 Millionen Euro. Sieber fürchtet, dass so mancher Ladenbesitzer seine Rechnungen nicht bezahlen kann: „Forderungen abzuschreiben, das tut weh.“

Aufs Internet könne er nur bedingt ausweichen, so die Erfahrung von Sieber. „Markenprodukte haben sich gut verkauft, denn die werden online gesucht.“ Seine Firma vereint zwei Dutzend Labels unter einem Dach. Darunter bekannte Namen wie das Bobby-Car. Aber es sind auch Marken dabei, die wenige aktiv suchen.

Beim Konkurrenten Ravensburger lief das Geschäft trotz Corona glänzend. Um mehr als ein Fünftel auf 632 Millionen Euro ist der Umsatz vergangenes Jahr gestiegen. Die Kunden haben sich angesichts der Ausgangsbeschränkungen herzhaft mit Puzzles und Brettspielen eingedeckt.

Ravensburger: „Der Handel ist unser Rückgrat“

Trotzdem ist Ravensburger-Chef Clemens Maier angespannt: „Der Handel ist unser Rückgrat.“ Es sei unerlässlich, in den Läden sichtbar zu sein. Mit längeren Zahlungszielen versucht er die Kaufleute zu unterstützen. Zudem würden alle Geschäfte beliefert, trotz Ausfallrisikos. „Es wird Insolvenzen geben. Aber es ist schwer zu sagen, wen es trifft“, sagt Finanzvorstand Hanspeter Mürle.

Am meisten gefährdet sind momentan wohl auf Wintersport spezialisierte Geschäfte. „Nachdem sie infolge des ersten Lockdowns bereits das Ostergeschäft komplett abschreiben konnten, herrscht hier gerade eine absolute Liquiditätskatastrophe“, warnt Margit Gosau, Geschäftsführerin des Händlerverbunds Sport 2000. Sie erzielen rund zwei Drittel ihrer Einnahmen zwischen November und Februar.

Für Benedikt Böhm ist die Situation ein Albtraum. Der Chef der Sportmarke Dynafit verkauft Tourenskier und Bindungen, Tourenskistiefel und Felle, oftmals komplexe und erklärungsbedürftige Produkte also. „Die wichtige persönliche Beratung darf langfristig nicht auf der Strecke bleiben, sie ist beim Thema Skitouring sogar sicherheitsrelevant“, sagt der Manager.

Dynafit betreibt zwar auch einen eigenen Online-Store. „Unser Fokus liegt aber auf der langfristigen Zusammenarbeit mit den Partnern.“ Hoffnung machen Böhm Händler, die gelernt haben, mit dem Lockdown zu leben. So mancher Inhaber berate über Telefon oder per Video hervorragend.

Sennheiser muss eisern sparen

Für Sennheiser ist das Internet-Geschäft momentan die wichtigste Alternative. „Der Verkauf von Kopfhörern verschiebt sich immer weiter auf Online-Kanäle – das betrifft sowohl die Verkaufsplattformen unserer Handelspartner als auch den Sennheiser-Webshop“, sagt Co-CEO Daniel Sennheiser.

Die Pandemie habe diesen Trend beschleunigt. „Auch wenn wir den Wegfall des stationären Handels nicht vollständig kompensieren konnten, hat uns das Online-Geschäft geholfen, das letzte Geschäftsjahr besser abzuschließen als zunächst angenommen“, so Sennheiser.

Weil auch das Geschäft mit Audio-Technik für Veranstaltungen durch den Lockdown stark beeinträchtigt ist, muss Sennheiser sparen. Bis zu 650 Arbeitsplätze werden bis Ende 2022 weltweit abgebaut, davon rund 300 in Deutschland. Dort ist die Hälfte der 2800 Mitarbeiter beschäftigt.

Von den Ladenschließungen profitierten große und meist nicht in Deutschland ansässige Online-Plattformen, gibt Sennheiser zu bedenken. Seine Forderung: „Aus Sicht der deutschen Markenhersteller kann die Politik dabei nachhaltig unterstützen, indem sie auch für den Online-Handel klare rechtliche Rahmenbedingungen schafft und somit ein Stück weit zu mehr Wettbewerbsgleichheit beiträgt.“